Wasserwirtschaftsamt: Oberpfälzer Wald kann nur wenig Wasser speichern

Weiden/Amberg. Nach Erkenntnissen kanadischer Forscher verliert Bayern massiv an Wasser. In ganz Deutschland summiert sich der Wasserverlust auf die enorme Menge des Bodensees. Oberregierungsrat Alois Fischer vom Wasserwirtschaftsamt Weiden beschreibt die Lage in der Oberpfalz.

Das Landesamt für Umwelt beschreibt die Folgen des Klimawandels in einer Broschüre für das ostbayerische Hügelland, zu dem die Nordoberpfalz gehört. Bild: Bayerisches Landesamt für Umwelt

Herr Fischer, seit Jahren stellen wir aufgrund trockener Sommer einen Rückgang der Grundwasser-Neubildung in Deutschland fest. Wie stellt sich die Situation in der mittleren und nördlichen Oberpfalz dar – welche Landkreise sind besonders betroffen?

Fischer: Die Verteilung der Grundwasserreserven innerhalb unserer Region wird überwiegend durch geologische Faktoren bestimmt. In den ostbayerischen Kristallingebieten (Oberpfälzer Wald) kann der Untergrund vergleichsweise wenig Wasser speichern. Diese kleineren Grundwasservorkommen reagieren daher relativ sensibel auf kurzfristige Schwankungen, wie etwa einige trockene Jahre mit geringeren Niederschlägen. Andere Gebiete wie zum Beispiel der Karstgrundwasserleiter im Jura verfügen über größere Wasserreservoire im Untergrund. Hier gehen zwar lokal an einigen Orten die Wasserstände zurück, der Rückgang macht jedoch nur einen kleinen Bruchteil des Gesamtwasserreservoirs aus.

Wie reagieren Sie auf den Klimawandel?

Fischer: Der Klimawandel und die in den letzten Jahren gesunkene Grundwasserneubildung wird in einigen Gebieten eine Anpassung der Wassernutzung erforderlich machen. Das kann einerseits eine stärkere Vernetzung zwischen den lokalen Wasserversorgern sein, um sommerliche Bedarfsspitzen abzudecken, andererseits auch eine verstärkte Nutzung von Regenwasser über Zisternen, um die Grundwasservorkommen etwas zu entlasten.

In der Doku „Bis zum letzten Tropfen“ geht es um ein geplantes und mittlerweile vorerst auf Eis gelegtes Vorhaben von Coca-Cola bei Lüneburg, zusätzliches Tiefengrundwasser für die Mineralwasserabfüllung des Konzerns zu entnehmen. Gibt es in der Oberpfalz ähnliche, bereits bestehende oder geplante Projekte – wie etwa das gescheiterte Projekt von Edeka bei Teublitz vor einigen Jahren?

Fischer: Auch in der Oberpfalz gibt es einige Grundwasserentnahmen zur Mineralwasserabfüllung oder durch Molkereibetriebe – etwa in den Landkreisen Tirschenreuth und Schwandorf. Diese Entnahmen haben jedoch bei weitem nicht die Dimension, die für das Projekt von Coca-Cola bei Lüneburg geplant war. Diese Firmen sind in der Regel seit Jahrzehnten ansässig und die Nachhaltigkeit der Entnahme ist durch den langjährigen Betrieb bereits bestätigt. Das Vorhaben einer Getränkeabfüllung bei Teublitz wurde zurückgezogen, bevor das Wasserwirtschaftsamt die Nachhaltigkeit prüfen und Stellung dazu nehmen konnte.

Durch die heißen, trockenen Sommer verdunstet mehr Wasser als nachgebildet werden kann. Bild: Bayerisches Landesamt für Umwelt

In einem von der Bohrung betroffenen Ort bei Lüneburg ist von Bauschäden die Rede, für die das Absinken des Grundwasserspiegels ursächlich sein soll. Ist so etwas in unserer Region schon aufgetreten und gibt es für solche potenzielle Auswirkungen eine Art Blaupause für zu treffende Maßnahmen?

Fischer: Bauschäden, die in konkretem Zusammenhang mit Grundwasserabsenkungen durch private Wassergewinnungen stehen, sind uns in unserem Zuständigkeitsbereich nicht bekannt.

Was erwarten Sie von der nationalen Wasserstrategie?

Fischer: Für den Umbau zu einer nachhaltigen Wasserwirtschaft sollen alle Aspekte der Wasserbewirtschaftung in eine Nationale Wasserstrategie zusammengefasst werden. Der Dialogprozess dazu auf Bundesebene soll 2023 abgeschlossen werden. Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber hatte in seiner Regierungserklärung „Wasserzukunft Bayern 2050: Wasser neu denken!“ am 28.10.2020 bereits die wichtigen Handlungsfelder benannt.

Gehören dazu auch konkrete gesetzliche Regelungen zur Nutzung des (Tiefen-) Grundwassers oder Empfehlungen, statt Trink- besser Grauwasser in der Toilette zu nutzen?

Fischer: Ein zentraler Punkt ist die Bewusstseinsbildung, mit der der Wert des Wassers, das Wasserdargebot und der Zustand der Wasserreserven in der Bevölkerung und bei den Wassernutzern wahrgenommen wird. Das Wasserwirtschaftsamt misst und beschreibt den Zustand der Wasserkörper, für jedermann sichtbar etwa im Niedrigwasserinformationsdienst.

Erwartete steigende mittlere Temperaturen mit und ohne Gegenmaßnahmen. Bild: Bayerisches Landesamt für Umwelt

In welchen Sektoren sehen Sie die größten Einsparpotenziale: Privathaushalte, Industrie, Landwirtschaft?

Fischer: Um sich für die Zukunft zu rüsten, ist mit Sicherheit auch ein Umdenken in der Siedlungsentwässerung notwendig: mehr Speicherung und Versickerung vor Ort, weniger Versiegelung von Flächen mit Wegleitung von Regenwasser über die Bäche und Flüsse. Mehr Wasserspeicherung und mehr Wasserwiederverwendung werden dabei helfen, die natürlichen Ressourcen zu schonen. Einsparpotenziale müssen in jedem Sektor genutzt werden. Gleichbleibend wichtig ist auch der Schutz des Wassers vor Verschmutzung.

Hydrologen warnen vor einem Kipppunkt, ab dem eine Wasserkrise nicht mehr abzuwenden ist: Gibt es vergleichbar zur Gaskrise einen Notfallplan, nach welchen Prioritäten Wasser verteilt würde – und wer ist zuständig?

Fischer: Für den nutzbaren Anteil des Wasserdargebots müssen sich alle beteiligten Akteure auf nachhaltige Kriterien der Wasserverteilung verständigen. Der Entwurf der Nationalen Wasserstrategie sieht vor, dass für den Fall langanhaltender Trockenperioden abgestimmte, regionale Wassernutzungsprioritäten, eine „Wasserhierarchie“, festgelegt werden und sieht eine besondere Bedeutung in der Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser sowie der ökologischen Wasserbedarfe.

Gibt es Anlass, eine solche Situation befürchten zu müssen?

Fischer: Ein „Aufschaukeln“ der Wasserknappheit ergibt sich dadurch, dass längere Perioden mit wärmeren Temperaturen weiter zu einer Verminderung der Grundwasserneubildung beitragen, wenn wegen höherer Verdunstung und trockener Böden kaum noch Wasser versickern kann. In den Wasserrechtverfahren für Entnahmen werden Bedarfsnachweise, bisherige Beobachtungen und Dokumentationen zum Wasserdargebot, alternative Wasserbezugsquellen und bestehende Nutzungen genau betrachtet.

Rechtlicher Rahmen für die Entnahme von Wasser

Der rechtliche Rahmen für die Entnahme von Wasser ergibt sich aus dem Wasserhaushaltsgesetz des Bundes (WHG) sowie den Wassergesetzen der Länder (in Bayern dem Bayerischen Wassergesetz, BayWG). Die Entnahme von Grundwasser ist grundsätzlich erlaubnispflichtig und nur in engen Grenzen im Rahmen des Gemeingebrauchs erlaubnisfrei, wenn keine nachteiligen Auswirkungen auf den Wasserhaushalt zu besorgen sind.

Eine Grundwassernutzung muss grundsätzlich mit dem Bewirtschaftungsziel nach § 47 WHG, der die Vermeidung einer Verschlechterung des mengenmäßigen und des chemischen Zustandes einfordert, vereinbar sein. Damit ist in den bestehenden Rechtsgrundlagen bereits eine nachhaltige Grundwassernutzung verankert.

Im wasserrechtlichen Verfahren für die Grundwasserentnahme wird zum Zeitpunkt der Antragstellung das verfügbare Dargebot unter Berücksichtigung der Auswirkungen des Klimawandels beurteilt. Dies kann auch zur Folge haben, dass bei auslaufenden Genehmigungen im Einzelfall eine bisher zulässige Entnahmemenge angepasst werden muss.

Einen aktuellen Überblick über die Niedrigwassersituation in Bayern kann man sich hier verschaffen.

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1 Kommentare

Karl-Werner Schramm - 16.12.2022

MINISTER GLAUBER IST GEFRAGT SEINE DIENSTAUFSICHT WAHRZUNEHMEN.

Regierung der Oberpfalz, Landratsamt Neustadt Waldnaab, Wasserwirtschaftsamt Weiden und die Gemeinde Speinshart verschließen die Augen vor nachgewiesen sinkenden Pegeln von Tiefengrundwasser zur Trinkwasserversorgung der Bürger. Statt nach WHG den Mangel zu managen wird dieser ignoriert, gebaut und gebaut und die Landwirte nicht auf den Weg der Zisternennutzung geführt. Das Trinkwasser wird vom Zweckverband billig verramscht – ist ja nicht mal eine Ordnungswidrigkeit. Dem Bürger bleibt nur Unterlassungsklage und Zivilrecht.