Weiterbauen an Freundschaft, die auch in der Krise trägt

Flossenbürg. Bürokratische Hürden und die Sprachbarriere, die bayerisch-tschechische Freundschaft verheddert sich nicht nur unter den Umständen einer Pandemie. Europa-Ministerin Melanie Huml hört sich unter CSU-Kommunalpolitikern an der Grenze um.

Die neue bayerische Europa-Ministerin Melanie Huml (vorne) am Mittelpunkt Mitteleuropas in Hildweinsreuth. Im Hintergrund der stellvertretende Landrat Albert Nickl, MdEP Christian Doleschal, MdL Gerhard Hopp, die Kreisvorsitzende der Paneuropa-Union, Birgit Trottmann, MdL Stephan Oetzinger, Bürgermeister Thomas Meiler (von rechts). Foto: Eichl

Melanie Huml unterstreicht am Mittelpunkt Mitteleuropas in Hildweinsreuth die Notwendigkeit, die osteuropäischen Staaten stärker noch als bisher in die Europäische Union einzubinden. In Bezug auf Tschechien erinnert sie an die Anfänge der Pandemie, als man in Deutschland froh gewesen sei, dass die tschechischen Pflegekräfte weiterhin gearbeitet hätten.

Als dann in Tschechien die Inzidenzen explodierten, seien auch hier Lösungen gefunden worden, sagt Huml, die zu Beginn der Pandemie noch bayerische Gesundheitsministerin war. Die zeitweise geschlossenen Grenzen hätten deutlich gezeigt, wie segensreich die Europäische Union sei, was diese den Menschen bringe.

Freundschaft wird vor Ort gelebt

Die Bedeutung Europas zeige sich ganz besonders auch in den jahrzehntelang benachteiligten Grenzregionen. Geplant seien in naher Zukunft unter anderem ein bayerisch-tschechischer Kommunalpolitiker-Tag. Denn gelebt werden müsse die bayerisch-tschechische Freundschaft vor Ort.

12-Punkte-Plan für einen echten Neustart

Der Europa-Abgeordnete Christian Doleschal bedauert, dass im Gefolge der wegen der Pandemie geschlossenen Grenzen wieder alte Vorurteile aufgeflammt seien. Entsprechend notwendig sei es, hier politische Signale zu setzen. Vor diesem Hintergrund sei der 12-Punkte-Plan entstanden, den MdL Gerhard Hopp und er formuliert hätten als Anstoß für einen echten Neustart nach der Pandemie.

Der Plan war kurz vorher in Waldsassen vorgestellt worden.

„Bayerisch-tschechische Freundschaft ist hart erarbeitet“

Hopp fügt an, es sei entscheidend, gestärkt aus der Krise herauszugehen, auf beiden Seiten zu lernen, wo es gehakt habe, Mut zu machen. Wörtlich sagt der Chamer Abgeordnete: „Die bayerisch-tschechische Freundschaft ist eine besondere, die aber auch hart erarbeitet ist.“ Man dürfe nicht unterschätzen, welche Bedeutung die Geschichte noch habe, wie sehr die lange Trennung im Kalten Krieg bei den Menschen noch eine Rolle spiele.

Mehr zweisprachige Beschilderungen

Als ein entscheidendes Mittel auf dem Weg zu einer Vertiefung der Freundschaft nennt Hopp die Sprache: „Jeder Satz Tschechisch hilft.“ Die Sprache – und seien die Kenntnisse noch so marginal – helfe, dem Nachbarn auf Augenhöhe zu begegnen, dessen Kultur zu verstehen.

Das Thema Sprache ist ein Stichwort für Bürgermeister Thomas Meiler, der sich stark macht für deutlich mehr zweisprachige Beschilderungen im Grenzraum, denn die Sprachbarriere werde sich kurzfristig nicht überwinden lassen.

„Stabilitätsanker der Demokratie weltweit“

Der stellvertretende Landrat Albert Nickl bezeichnet Mitteleuropa als einen „Stabilitätsanker der Demokratie weltweit“, ein Status, der jeden Tag neu erarbeitet werden müsse. Je mehr die Grenzregionen länderübergreifend zusammenarbeiteten, umso geringer sei die Chance, dass sich wieder Grenzen auftürmten.

Bürokratische Hürden bremsen Initiativen vor Ort

Nickl beklagt gleichzeitig bestehende bürokratische Hürden bei grenzüberschreitenden Partnerschaften etwa von Kindergärten oder Schulen. Er bittet Huml, sich für einen Abbau dieser Hürden einzusetzen. Meiler fügt an, EU-Programme seien für kleine Gemeinden wie Flossenbürg unattraktiv, weil diese verwaltungstechnisch gar nicht zu bewältigen seien. Hier wäre eine Vereinfachung hilfreich.

Für eine Beziehung, die auch in der Krise trägt

Auch MdL Stephan Oetzinger kommt auf die Pandemie zu sprechen, die gezeigt habe, wie fragil, „wie anfällig“ das sei, was in den vergangenen drei Jahrzehnten entstanden ist. Umso wichtiger sei die Initiative Hopps und Doleschals. Damit die bayerisch-tschechische Beziehung nicht nur eine „Sonnenschein-Beziehung“ bleibe, sondern eine, die auch in der Krise trage.

Der 12-Punkte-Plan in Stichworten

1. Etablierung eines bayerisch-tschechischen Koordinators
2. Gemeinsam stark
3. Bayerisch-tschechische Parlamentariergruppe stärken
4. Schaffung einer bayerisch-tschechischen Informationsplattform
5. Bayerisch-tschechische Sprachoffensive starten
6. Grenzen überwinden bei Katastrophen- und Krisenbewältigung
7. Gemeinsam lernen in einem bayerisch-tschechischen Aus- und Weiterbildungszentrum
8. Attraktive Brückenköpfe aus dem Grenzgürtel
9. Verbindungen schaffen mit einer Verkehrsoffensive Bayern-Tschechien
10. Weiterentwicklung der bayerisch-tschechischen Hochschul-Agentur
11. Das grüne Dach Europas nutzen
12. Mehr Mittel für den Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds

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