Weitere Stolpersteine: Resonanz bei jungen Leuten und Nachfahren sehr positiv

Weiden. Mindestens 56 Weidener Juden wurden im Holocaust ermordet. Seit 2022 werden nach und nach Stolpersteine an ihren letzten Wohnungen verlegt. Am Dienstag, 12. November, folgen acht weitere Adressen.

Kepler-Gymnasiasten umrahmen am 12. November die Verlegungen der Stolpersteine (im Hintergrund). Vorne die Organisatoren Werner Friedmann, Dr. Sebastian Schott (von links) und Pfarrer Alfons Forster (rechts). Zweite von rechts Kulturamtsleiterin Sabine Guhl. Foto: Christine Ascherl

Es ist kein Geheimnis, dass die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) anfangs kein Fan der Stolperstein-Kunstaktion war. Man hätte Gedenktafeln an Hauswänden bevorzugt, weiß aber aus der Vergangenheit, dass die bei Renovierungen auch schnell wieder abmontiert sind. Als der amerikanische Journalist Peter Kupfer, Enkel des im Holocaust ermordeten Otto Kupfer, 2022 die Verlegung von Stolpersteinen für seine verlorenen Vorfahren anregte, wollte man sich aber nicht sperren.

Kupfer brachte sprichwörtlich den Stein ins Rollen. Inzwischen sind 28 Steine für Weidener Holocaust-Opfer verlegt. Am 12. November, 11 Uhr, kommen weitere 18 dazu. 2025 folgen noch etwa 10. Insgesamt zählt die Stadt Weiden mindestens 56 Menschen, die in den Vernichtungslagern der Nationalsozialisten ermordet wurden.

Resonanz bei Nachfahren in aller Welt groß

Die Resonanz der Angehörigen in aller Welt ist groß. Ausgelöst durch die Stolpersteinverlegungen besuchte das amerikanische Ehepaar Risa und Bill Fuld-Himaras im Frühjahr die Stadt Weiden. Zur Verlegung in zwei Wochen werden Angehörige der Familie Pinkus aus Israel und Großbritannien erwartet. Sie sind Nachfahren der Familien Boscowitz und Rebitzer. Für die Israelis der Familie gestaltet sich die Anreise schwierig: Die Lufthansa fliegt nicht mehr nach Tel Aviv. Allan Pinkus, Mathematikprofessor aus Haifa, kommt daher via Prag. Außerdem reisen acht französische Staatsangehörige an. Sie sind Nachkommen von Justin Kohner, dem einzigen Überlebenden der Familie Karl Kohner.

Historiker Dr. Sebastian Schott vom Stadtarchiv hat angesichts dieses positiven Echos längst umgedacht. „Meine Meinung hat sich um 180 Grad gedreht. Weil ich erlebe, wie sehr die Familien hinter den Verlegungen stehen.“ Schott ist treibende Kraft hinter den Stolpersteinverlegungen in Weiden. Er liefert den historischen Background und stimmt mit Künstler Gunter Demnig und dem Bauhof die Gestaltung und die Standorte ab. Ohnehin galt der Dank bei einer Pressekonferenz am Mittwoch einmal mehr dem Bauhof der Stadt, der „unkompliziert, freundlich und kompetent“ die Verlegungen vor- und nachbereitet.

Schüler sind engagiert bei der Sache

Und noch ein Aspekt ist es, der Schott antreibt: die gute Resonanz aus den Schulen. Bei den ersten Verlegungen waren die Sophie-Scholl-Realschülerinnen und Schüler der Pestalozzi-Schule involviert. Jetzt, am 12. November, sind es Schüler des Kepler-Gymnasiums, die an den einzelnen Stationen an die Familiengeschichten der ermordeten Weidener Juden erinnern. Beteiligt sind Magdalena Heiß, Felicitas Heiß, Nikolas Lara Frischholz, Christiano Goncaives, Ludwig Wittmann, Katharina Miller, Ariane Schwemin, ihr Lehrer ist Tobias Wagner.

Die Bevölkerung ist zu den Verlegungen eingeladen. Am Dienstag, 12. November, um 11 Uhr ist Beginn an der Adresse Max-Reger-Straße 18 (vor City-Center). Hier werden Stolpersteine für Johanna Boscowitz und Gustav Rebitzer verlegt. Es folgt die Max-Reger-Straße 13 (Erna, Selma und Walter Wilmersdörfer), Johannisstraße 17 (Ernestine Kohner), Sedanstraße 8 (Karl, Rosa und Siegfried Kohner), Kettelerstraße 1 (Meier Friedmann), Kettelerstraße 3 (Elisabeth, Irma und Adolf Kohner), Kettelerstraße 11 (Babette Lebrecht) und Pfannenstielgasse 8 (Alfred und Wally Steiner, Irma Spitz, Ewald Schmidt).

Wie Elftklässlerin Magdalena Heiß berichtete, haben die Schüler das Konzentrationslager Flossenbürg und sogar schon Auschwitz besucht. „Trotzdem blieb das ein bisschen abstrakt.“ Für die Gedenkfeier habe man sich mit den konkreten Familien beschäftigt. „Man hört immer diese hohen, hohen Zahlen. Aber es war schön, die persönlichen Geschichten kennenzulernen.“

Sabine Guhl, Leiterin des Amtes für Kultur, Stadtgeschichte und Tourismus, dankte den Vorsitzenden der GCJZ, Werner Friedmann und Pfarrer Alfons Forster, sowie Sebastian Schott für ihren Einsatz. Die Steine hätten sich als Erinnerung an das Schicksal, das auch Menschen in unserer Stadt erfahren haben, bewährt: „Man bleibt stehen. Man erinnert sich.“

Gedenken an Pogromnacht

Das Gedenken an die Pogromnacht findet in diesem Jahr am Sonntag, 10. November, 16 Uhr, am Gedenkstein in der Konrad-Adeneuer-Anlage (neben St. Josef) statt. Pfarrer Alfons Forster, katholischer Vorsitzender der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, freute sich, dass Landrat Andreas Meier und OB Jens Meyer ihr Kommen angekündigt haben. Die Feier wird mit musikalischen Beiträgen und kurzen Reden feierlich gestaltet. Die Namen der Ermordeten werden verlesen. Forster möchte in diesem Jahr zur aktuellen Entwicklung nach dem Hamas-Angriff am 7. Oktober 2023 Stellung nehmen.

So sehen sie aus: Zwei der 18 Stolpersteine, die am 12. November verlegt werden. Foto: Christine Ascherl

* Diese Felder sind erforderlich.