BHS & Co.: Welche Folgen hat Trumps Zollhammer für die Oberpfalz?
Weiherhammer. Trumps Zölle haben das Potenzial zum globalen Handelskrieg. Mit weitreichenden Folgen auch für die Oberpfälzer Wirtschaft. BHS-Corrugated Boss Christian Engel erklärt, wie sein Unternehmen darauf reagiert. Der EU-Abgeordnete Christian Doleschal fordert Gegenmaßnahmen.

Steigende Preise, sinkende Aktienwerte, die Folgen der in dieser Woche von US-Präsident Donald Trump verhängten Zölle sind bereits jetzt spürbar. Auch viele Verbraucher sind verunsichert, haben Angst um ihre Anlagen und Ersparnisse.
Auf Importe aus der EU sollen künftig Zölle in Höhe von 20 Prozent erhoben werden. Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), kommentiert: „Donald Trump hat mit seinen Strafzöllen gegen die Welt einen möglicherweise fatalen Fehler gemacht.“ Er überschätze sich selbst und die globale Macht der US-Wirtschaft.
Er kann einen Handelskonflikt gegen die gesamte Welt nicht gewinnen, solange Europa, China, Mexiko und Kanada koordiniert agieren. Dieser Konflikt ist die Chance für die EU, das Heft des Handels zurückzugewinnen. Gleichzeitig bedeutet Trumps Handelskonflikt das endgültige Ende für die multilaterale Weltordnung in Bezug auf Wirtschaft und Handel.
Marcel Fratzscher

Wie reagiert die EU?
Der Oberpfälzer EU-Abgeordnete Christian Doleschal (CSU), Mitglied der parlamentarischen EU-US-Delegation und stellvertretender Vorsitzender des Binnenmarktausschusses, erklärt: „Die Ankündigung von Zöllen auf befreundete Länder und Partner ist eine weitere Belastung für die transatlantischen Beziehungen.“ Die Wirtschaft in den USA und Europa werde durch diese handelspolitische Geisterfahrt herausgefordert.
Während wir uns auf höhere Preise und zusätzliche Belastungen für unsere Unternehmen einstellen müssten, freuten sich Chinesen und Russen über diese neuen Entwicklungen. „Wenn sich ,America First‘ zu ,America Alone‘ entwickelt, müssen wir jetzt mehr Verantwortung übernehmen und entschlossen reagieren.“ Die EU-Kommission müsse schnell und angemessen mit Gegenzöllen antworten. Für den Binnenmarktpolitiker sei klar:
Wir müssen jetzt alles für die Vollendung des Binnenmarktes in der EU tun und die Kräfte unserer Unternehmen entfesseln. Überflüssige Bürokratie muss jetzt konsequent abgebaut werden. Diversifizierung ist das Gebot der Stunde – je mehr Handelsabkommen wir mit anderen Regionen der Welt schließen, desto besser. Christian Doleschal

BHS-Boss Engel: „Ein Handelskrieg geht für keinen gut aus“
Von Herrn Trump könne man halten, was man will, sagt Christian Engel, Vorstandssprecher der BHS Corrugated in Weiherhammer. „Aber er macht, was er sagt. Kurzfristig ist das ein genialer Schachzug, um den Staatshaushalt zu sanieren.“ Volkswirte wüssten aber auch: „Zölle fallen dem, der sie einführt, langfristig auf die Füße.“ In Spanien, wo er kürzlich gewesen sei, erzähle man sich einen neuen Witz: „Wenn Trump erfährt, dass Kolumbus aus Andalusien weggesegelt ist, um Amerika zu entdecken, dann wird er als nächstes Spanien haben wollen.“
Trump sehe sich ja als der große Dealmaker. „Was er erfunden hat“, sagt Engel, „sind Zölle als Drohkulisse für Verhandlungen. Jetzt schleudert er Zölle raus, vielleicht ist er ja aber auch noch bereit zu verhandeln, wenn er phänomenale Angebote bekommt.“ Er hoffe, dass sich alle Beteiligten auf Dauer an einen Tisch setzten, um einen solchen Handelskrieg, der für keinen gut ausgehe, zu vermeiden. „Das beurteilen alle Wirtschaftsexperten so, außer einem isolierten Berater des US-Präsidenten, der ein Zollverfechter ist – aber ausgerechnet auf den hört Trump.“ Das sei sehr ärgerlich, weil Trump seine Maßnahmen nicht zu Ende denke.
Wie reagiert BHS Corrugated?
„Wir warten ab, wie sich das entwickelt“, sieht sich Christian Engel nicht zu Panikattacken veranlasst. Sehr wohl aber zu ersten Schritten, um die Folgen abzumildern. „Aus unserer Sicht braucht man so was natürlich gar nicht.“ Die BHS werde dreigeteilt eine Lösung finden:
- Zölle auf Kunden abwälzen: Zu den Sofortmaßnahmen gehöre, mit den Kunden zu reden: „Das sind unangenehme Themen, die werden nicht besonders erfreut sein.“ Ein Teil werde bereit sein, die höheren Preise zu bezahlen. „Teile unserer Konkurrenz werden aber auch sagen, ,wir übernehmen etwas mehr vom Zoll‘.“ Dadurch könnten Marktanteile verloren gehen. „Das sind jetzt unsere Hausaufgaben“, sagt Engel. „Mit den Kunden müssen die Vertriebsbosse sprechen, auch mein Bruder und ich.“
- Verlagerung in die USA: Einen Teil werde man durch Verlagerungen direkter Leistungen in die USA kompensieren. „Bei uns gehen aktuell 30 Prozent nach Amerika.“ Verlagern könne man allerdings höchstens ein paar Prozent, und das dauere einige Jahre. „Unser BHS-Präsident in den Vereinigten Staaten hat es so formuliert: Das ist kein Problem der BHS, sondern eines für die USA.“
- Kompensation durch andere Märkte: Der dritte Teil bestehe darin, weniger zu verdienen und in Deutschland und woanders nach Kompensationsmöglichkeiten zu suchen. „Um einem möglichen China-Problem und Lieferketten-Unterbrechungen entgegenzuwirken, sind wir bereits auf Standorte in Indien und der Türkei ausgewichen.“ Man habe im Hause BHS aber auch gesagt: „Wir können uns nicht von Zöllen treiben lassen – Zölle gehen, Standorte bleiben.“

Engel: „Zunächst nicht existenzgefährdend“
Existenzgefährdend seien die Zölle für BHS erst einmal nicht. „Gefährlich kann werden, was danach kommt: Gegenzölle und noch mehr Verwerfungen, das könnte ein großes Problem werden.“ Die Preise würden steigen. „Das verfügbare Einkommen steht ja fest, das kann jeder nur einmal ausgeben.“ Die Menschen könnten sich weniger leisten.
Die EU muss jetzt reagieren und sich was Besseres einfallen lassen, als höhere Zölle auf Whiskey und Co zu verhängen. Christian Engel
Die ersten Folgen sehe man bereits bei den jüngsten Börseneinbrüchen. „Aber die Börse muss erst mal eine richtige Korrektur machen“, sieht Engel weitere Turbulenzen vorher. „Es gibt bei der Bewertung von Börsen eine Faustregel: Wie oft passt das BIP in die Marktkapitalisierung eines Landes? Das ergibt im Schnitt die Kennziffer 1. In China ist das 0,7, in den USA aber 2,1 – das BIP in den USA passt 2,1-mal in die Marktkapitalisierung aller US-Unternehmen.“ (siehe dazu Info-Kasten unten)
US-Unternehmen hoffnungslos überbewertet
Das bedeute: „Die sind hoffnungslos überbewertet“, weiß Engel. Besonders bei den Tech-Giganten, den ,big 7‘, sei die Diskrepanz besonders groß. „Apple wird als größer bewertet als alle deutsche Unternehmen zusammen. Da fragt man sich schon, wie lange da noch gut Wetter ist.“ Die Tech-Buddys hinter Trump hätten Vize-Präsident J.D. Vance aufgebaut, der lange Zeit die rechte Hand des einflussreichen PayPal-Gründers Peter Thiel gewesen sei. „Man wird sehen, wie lange die noch zuschauen können.“
Für DIW-Präsident Marcel Fratzscher der wunde Punkt der USA: „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für die EU, endlich gegen den Marktmissbrauch einiger mächtiger US-Digitalkonzerne vorzugehen – mit einer fairen Besteuerung in Europa und die Einhaltung europäischer Regeln.“ Fratzscher fordert die Durchsetzung von Datenschutz über ethischen Standards bis hin zu Transparenz und Wettbewerb.
Das Vorgehen gegen US-Digitalkonzerne wird Europa wirtschaftlich weh tun, da es häufig wenig oder keine Alternativen für deren digitalen Dienstleistungen gibt. Aber es ist deutlich besser für die EU, jetzt diesen notwendigen Schritt zu gehen als noch weitere Zeit zu vergeuden und die Abhängigkeit und den Marktmissbrauch weiter zu vergrößern. Marcel Fratzscher
Was bedeutet der Buffett-Indikator?
Eine Faustregel zur Bewertung von Börsen bezieht sich auf das Verhältnis zwischen der Gesamtmarktkapitalisierung der börsennotierten Unternehmen eines Landes und dessen Bruttoinlandsprodukt (BIP). Dieses Verhältnis, oft als Buffett-Indikator bezeichnet, dient dazu, die Bewertung des Aktienmarktes im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung eines Landes einzuschätzen.
Der Buffett-Indikator wird berechnet, indem die gesamte Marktkapitalisierung der börsennotierten Unternehmen eines Landes durch das BIP desselben Landes geteilt wird: Ein Verhältnis von 1,0 (oder 100 Prozent) bedeutet, dass die Gesamtbewertung des Aktienmarktes der gesamten jährlichen Wirtschaftsleistung entspricht.
Werte über 1,0 deuten darauf hin, dass der Aktienmarkt höher bewertet ist als die jährliche Wirtschaftsleistung. Dies kann auf hohe Unternehmensbewertungen oder eine starke Aktienmarktperformance hindeuten. Werte unter 1,0 implizieren, dass der Aktienmarkt im Vergleich zur Wirtschaftsleistung niedriger bewertet ist, was auf ungenutztes Potenzial oder weniger entwickelte Kapitalmärkte hinweisen kann.
- China: Ein Verhältnis von etwa 0,7 zeigt, dass die Marktkapitalisierung der chinesischen Börsen 70 Prozent des BIP entspricht. Dies deutet darauf hin, dass der Aktienmarkt im Vergleich zur gesamten Wirtschaftsleistung relativ klein ist. Gründe hierfür könnten eine geringere Anzahl börsennotierter Unternehmen oder eine stärkere Fokussierung auf nicht börsennotierte Unternehmen sein.
- USA: Ein Verhältnis von etwa 2,1 bedeutet, dass die Marktkapitalisierung mehr als das Doppelte des BIP beträgt. Dies weist auf einen hochentwickelten und möglicherweise überbewerteten Aktienmarkt hin, in dem viele Unternehmen hohe Bewertungen erzielen.
Fazit: Der Buffett-Indikator bietet eine allgemeine Einschätzung der Bewertung des Aktienmarktes im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung eines Landes. Unterschiede zwischen Ländern können auf verschiedene Faktoren zurückzuführen sein, wie die Entwicklungstiefe der Kapitalmärkte, die Anzahl und Größe der börsennotierten Unternehmen sowie wirtschaftliche Strukturen.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass dieser Indikator allein keine vollständige Bewertung ermöglicht und stets im Kontext weiterer wirtschaftlicher und finanzieller Kennzahlen betrachtet werden sollte.
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