Wenn das Ehrenamt an den Mühlen der Bürokratie verzweifelt
Neustadt/WN. Seit drei Jahren arbeitet Andreas Lehner in der nördlichen Oberpfalz ehrenamtlich für die Regensburger Hilfsorganisation Space Eye. Seither ist es eine Art Lebensaufgabe für den Weidener – wenn da nicht die Mühlen der Bürokratie wären.
Andreas Lehner erledigt seine Arbeit mit viel Herzblut, geht in seiner Aufgabe auf. Seit circa drei Jahren ist er verantwortlich für die „Außenstelle Nord“ der Regensburger Hilfsorganisation, die seit Anfang des Jahres im ehemaligen Krankenhaus in Neustadt/WN beheimatet ist. Dort hat Space Eye im Untergeschoss seine neue Sammelstelle eingerichtet, nachdem der Vermieter die vorherigen Räume in einem ehemaligen Gasthaus in Störnstein gekündigt hatte.
Unterstützt wird Andy, wie ihn seine Freunde nennen, von mehreren Helferinnen und Helfern. Neben seiner Freundin und anderer Bekannter sind das meist Flüchtlinge und Asylbewerber aus aller Herren Länder. Sie kommen aus Syrien, Afghanistan, Iran, Irak und der Ukraine. Seit August haben die circa 20 Ehrenamtler insgesamt 3152 freiwillige Arbeitsstunden geleistet. Eine stolze Zahl, die nicht hoch genug einzuschätzen sei. Derzeit ist der 47 Jahre alte Space Eye-Mann vor allem mit der Vorbereitung auf den nächsten Hilfskonvoi in die Ukraine beschäftigt. Sachspenden werden gesammelt und fein säuberlich in den Katakomben des früheren „Felix“ aufbewahrt, ehe sie am 13./14. Dezember ins Kriegsgebiet transportiert werden. Dafür hat Lehner circa 150 schulische Einrichtungen in der Region angeschrieben und um Weihnachtspäckchenaktionen für die Ukraine gebeten. „Leider haben bisher erst acht Schulen zugesagt, ich hoffe aber, dass es noch mehr werden.“
„Dann gehen Sie halt zur Post“
Viel mehr Sorgen machen dem Ehrenamtlichen die Probleme, die ihm derzeit die Jobcenter an der Arbeitsagentur Weiden bereite. „Das ist teilweise wenig konstruktiv, manchmal sogar arrogant und herablassend, wie einige Mitarbeiter dort mit einem umgehen“, sagt Lehner. Jüngstes Beispiel: Um Fragen wegen des „Weiterbewilligungsantrags“ für das Bürgergeld eines syrischen Flüchtlings zu klären, habe ihm die zuständige Mitarbeiterin des Jobcenters nach längerer Diskussion erklärt: „Dann gehen Sie halt zur Post, wenn Ihnen das zu lange dauert …“ Dabei hätte man laut Lehner nur eine einfache Frage klären müssen. „Ein solches Verhalten ist einfach respektlos.“
Bei dem Bürgergeldempfänger handelt es sich um den 26 Jahre alten Mohamed J. (Name der Redaktion bekannt), einem in seiner Heimat ausgebildeten Physiotherapeuten. Neben seinem Deutschkurs am bfz (Berufsförderungszentrum) hilft er einige Stunden bei einem orthopädischen Schuhgeschäft in Neustadt aus, das ihm bereits eine Ausbildungsstelle zugesagt hat. „Außerdem ist Mohamed seit einem Jahr fast jeden Abend bei uns, hat allein seit August circa 250 ehrenamtliche Stunden geleistet“, betont Lehner und freut sich: „Er ist ein Leuchtbeispiel für gelungene Integration.“
Briefe kommen oft zu spät
Mit anderen Behörden wie dem Ausländeramt klappe die Zusammenarbeit dagegen meist reibungslos. Ein leidiges Thema sei die Zustellung von Mitteilungen der Arbeitsagentur beziehungsweise des Jobcenters. Einladungsbriefe kämen oft erst Tage nach dem eigentlichen Termin bei den Leuten an. „Da gibt es fünf oder sechs Beispiele allein in unserem Bekanntenkreis“, berichtet Lehner. Prinzipiell bedeute der von den Behörden geforderte „Papierkram“ ein enorme und „unnötige Belastung“. „Wir bräuchten eigentlich eine eigene Personalverwaltung, die wir aber nicht haben. So sitze halt ich täglich einige Stunden am Schreibtisch. Währenddessen könnte ich was Sinnvolleres machen.“
Auf Anfrage von OberpfalzECHO hat die Bundesagentur für Arbeit in Weiden schnell reagiert. Wie Pressesprecherin Laura Iaccarino schreibt, wird sich Stefan Erndt, der Geschäftsführer des Jobcenters Weiden-Neustadt, bei der betroffenen Person beziehungsweise der Hilfsorganisation zurückmelden, um den Fall individuell zu klären. „Aus Gründen des Datenschutzes können wir jedoch zu diesem Anliegen keine weiteren Details nennen“, heißt es in der E-Mail. Grundsätzlich sei es oberstes Anliegen der Agentur, dass alle Kundinnen und Kunden unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus stets respektvoll und professionell beraten würden. „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind geschult, den individuellen Bedarf jedes Einzelnen bestmöglich zu berücksichtigen.“ Dies spiegele sich auch in den Rückmeldungen wider: So habe eine Umfrage zur Kundenzufriedenheit zum ersten Halbjahr 2024 eine sehr positive Bewertung von 1,6 bei der Frage nach der Freundlichkeit des jeweiligen Ansprechpartners oder der Ansprechpartnerin im Jobcenter ergeben.
Sachspenden willkommen
Space Eye braucht noch viele Spenden für den Weihnachtstruck, der am 13./14. Dezember in die Ukraine startet. Willkommen sind Kuscheltiere, kleine Spielsachen, Malbücher, Farbstifte, Taschenlampen, Multivitamin-Brausetabletten, Mehl, Zucker, Reis, Nudeln, Speisefett, Zahnbürsten, Zahnpasta, Schokolade, Kekse, Kakao, kleine Stollen und Seife.
Das Space Eye-Sammellager in der Felixallee 9 in Neustadt/WN ist immer Mittwoch von 14 bis 16 Uhr und am Freitag von 14 bis 18 Uhr für Anlieferungen und Abholungen geöffnet. Andreas Lehner ist unter der Telefonnummer 0173/3845765 oder per E-Mail an weiden@space-eye.org zu erreichen.
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2 Kommentare
Vielen Dank für den Hinweis. Wir haben nun die korrekte Bezeichnung „Jobcenter“ verwendet.
1. Warum schreiben Sie immer Jobbörse? Die Behörde heißt Jobcenter. 2. Ich verstehe die Aussage – dann gehen sie halt zur Post – nicht. Was soll damit gemeint sein?! Das hat doch keinen Zusammenhang mit dem Anliegen. 3. Wenn der junge Mann so gut integriert ist, warum kann er dann die einfache Frage nicht selbst stellen?