Wie die Hausarztschmiede die Gesundheitsversorgung auf dem Land verbessern will

[Advertorial] Kemnath. Seit Jahren beklagen ländliche Regionen einen akuten Ärztemangel. Der Landkreis Tirschenreuth setzt diesem Problem das Modell Hausarztschmiede entgegen.

Macher und Mitwirkende der Hausarztschmiede (von links): Stipendiat Sebastian Ponnath, Projektmanagerin Linda Wunderlich, Ärztin Anne Blindert und Initiator Dr. Peter Deinlein. Foto: Udo Fürst

Lange Zeit wenig schmeichelhaft als „Armenhaus“ in Bayern bezeichnet, gilt die nördliche Oberpfalz heute längst als Boomregion. Leistungsstarke Unternehmen, fleißige Frauen und Männer sowie engagierte Politiker haben dafür gesorgt, dass es sich zwischen Bad Neualbenreuth und Erbendorf mittlerweile sehr gut lebt. Dennoch gibt es noch einiges zu tun, um den Menschen hier die gleichen Voraussetzungen zu bieten, wie man sie in der – oft nur scheinbar – lukrativeren Stadt findet.

Zu wenig und zu alte Ärzte

Eines der drängendsten Probleme der ländlichen Region ist eine adäquate Gesundheitsversorgung im Allgemeinen und der Ärztemangel im Besonderen. Es gibt zwar derzeit noch ausreichend Hausärzte (siehe Infokasten), die aber oft längst die Altersgrenze überschritten haben und nur deshalb weitermachen, weil sie keinen Nachfolger finden. Genau hier, bei der Nachwuchssuche, setzt das Projekt an, mit dem der Landkreis Tirschenreuth einen Weg aus der Misere finden will: Der Kemnather Allgemeinarzt Dr. Peter Deinlein hat zusammen mit dem Landkreis Tirschenreuth die „Innovative Hausarztschmiede“ initiiert. Nach seiner Idee sollen unter anderem Lehrpraxen vor Ort gefördert werden, die Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung ausbilden.

Weil für den Arzt allein ein derartiges Projekt kaum zu stemmen wäre, hat der Landkreis auch personell aufgerüstet: Hausarztschmiede-Projektmanagerin Linda Wunderlich von der Wirtschaftsförderung des Landkreises koordiniert das Vorhaben Hand in Hand mit Peter Deinlein.

Ungleichheit zwischen Stadt und Land

Der Landkreis Tirschenreuth ist in die ärztlichen Versorgungsgebiete Kemnath, Tirschenreuth und Waldsassen unterteilt. Der Bereich Kemnath umfasst die Orte Neusorg, Immenreuth, Kulmain, Ebnath, Kastl, Erbendorf. Hier liegt die Versorgungsquote bei 113,63. Allerdings sind 44 Prozent der praktizierenden Hausärzte älter als 60 Jahre. Im Bereich Tirschenreuth sieht es ähnlich aus: Dazu zählen neben der Kreisstadt noch Mitterteich, Pechbrunn, Wiesau, Fuchsmühl, Plößberg und Bärnau. Dort liegt die Versorgungsquote bei 84,57. Rund 47 Prozent der Ärzte sind über 60 Jahre.

Schlechter sieht es in Waldershof aus: Dort gibt es nur einen Arzt, obwohl die Gemeinde von der Fläche her so groß wie Kemnath ist. Doch der Ort zählt zum Versorgungsgebiet Wunsiedel/Marktredwitz. Dort herrscht wie auch im Landkreis Bayreuth ebenfalls eine Unterversorgung. In Städten und Ballungsgebieten ist die Situation oft besser. Das Versorgungsgebiet Regensburg zum Beispiel hat einen Versorgungsgrad von 126,23 und lediglich 28,6 Prozent der Ärzte sind älter als 60.

Zwei Rotationsstellen bei den KNO

Durch das Engagement des Landkreises werden in den Klinken Nordoberpfalz (KNO) zusätzlich zwei Rotationsstellen für Allgemeinmediziner gefördert. Dadurch könnten laut Deinlein angehende Medizinerinnen und Mediziner, die im Landkreis Tirschenreuth arbeiten wollen, zu ihrem Wunschzeitpunkt ihre Wunschstelle besetzen. Die Idee dazu hatte der Kemnather Arzt bereits vor drei Jahren. Seither seien in das Projekt viele ehrenamtliche Stunden und „viel Herzblut“ geflossen. Was hat Deinlein motiviert, sich dieser Sache anzunehmen? „Mich haben die engen Kontakte zu den Bürgerinnen und Bürgern überzeugt, dass hier etwas geschehen muss. Auch die Tatsache, dass die Ressourcen endlich sind – gerade Corona hat das sichtbar gemacht – war für meine Entscheidung ausschlaggebend.“

„Pflänzchen mit starken Wurzeln“

Die Hausarztschmiede bezeichnet der Mediziner als „Pflänzchen mit starken Wurzeln, das über die Jahre wächst“. Der Weg von der Überzeugungsarbeit an den Gymnasien über das Studium bis zum ausgebildeten Arzt sei lang. Man habe aber bereits ein Netzwerk mit vielen jungen Ärzten, berate Abiturienten, helfe bei der Studienplatzsuche und bei der Niederlassung.

Ein wichtiger Baustein sind die Stipendien für angehende Hausärzte, die der Landkreis ins Leben gerufen hat. Die ersten Stipendiaten waren Michael Heldwein und Renei Isallari. Kürzlich hat mit Sebastian Ponnath ein Kemnather Medizinstudent das nächste Stipendium bekommen. In diesem Jahr vergibt der Landkreis noch ein weiteres Stipendium, für das er noch Bewerber sucht. 500 Euro monatlich, maximal sechs Jahre lang, bekommen Medizinstudierende, die sich für einen Zeitraum von mindestens drei Jahren nach Studienabschluss für eine hausärztliche Tätigkeit in der Region verpflichten.  „Das Medizinstipendium ist ein wichtiger Baustein unserer langfristigen Strategie, den Hausärztemangel im ländlichen Raum zu bekämpfen. Es zeigt unser Engagement, junge Ärzte von Anfang an zu unterstützen und an unsere Region zu binden. Mit diesem Programm wollen wir langfristig die hausärztliche Versorgung im Landkreis sichern“, erklärt Landrat Roland Grillmeier. Es sei eine Chance für junge Mediziner, ihre berufliche Zukunft in einer Region mit großem Bedarf und vielen Möglichkeiten zu gestalten.

Interessierte können sich bei Linda Wunderlich (Telefon: 09631/88-749, E-Mail: linda.wunderlich@tirschenreuth.de) melden oder sich unter www.hausarztschmiede.de informieren. 

Tipps von Dr. Peter Deinlein

Peter Deinlein ist klar, dass die Region für junge Medizin-Studierende meist kein „Place to be“ (Ort, an dem man sein kann, d. Red.) sei. „Als junger Mensch denkt man noch nicht unbedingt an eine Praxis oder an Selbstständigkeit.“ Deshalb sei es wichtig, die Vorzüge des flachen Landes nahezubringen und die Weiterbildung zu strukturieren. Die Hausarztschmiede sein ein erster, aber sehr wichtiger Schritt auf diesem Weg. „Es dauert aber halt noch fünf, sechs Jahre, bis diese Ärzte bei uns ankommen. Wichtig ist eine breitgefächerte Ausbildung. Es bringt wenig, wenn ich die in einer Spezialabteilung absolviere.“ Und weil Stellen in Krankenhäusern dünn gesät seien, biete sich die medizinische Weiterbildung in Hausarztpraxen geradezu an.

Der Hausarztschmied hat auch wertvolle Tipps für Medizininteressierte in petto. So sei unter potenziellen Medizinstudenten das Wissen nicht weit verbreitet, dass es viele Wege gebe, um den eigenen Abiturschnitt an den Numerus Clausus anzunähern: „Wir klären im Gymnasium auf, was man tun kann, um die Chance, einen Studienplatz zu bekommen, zu steigern.“ Punkte brächten soziales Engagement, eine vorgelagerte medizinische Ausbildung oder die Praxis in einem Rettungsdienst. „Bei der Landarztquote spielt die Note ohnehin keine Rolle“, sagt Deinlein.

Beruf und Familie in Einklang bringen

Es sei nicht so, dass es nicht genügend junge Menschen aus dem Landkreis gebe, die Medizin studiert hätten. Deinlein: „Das Problem ist vielmehr, dass sie sich an ihrem Studienort sozialisiert haben, obwohl die Bereitschaft da gewesen wäre, zurückzukehren.“ Die Belastung für Ärzte im ländlichen Raum sei heutzutage durch den Bereitschaftsdienst nicht mehr mit früher vergleichbar: „Jobsharing lässt sich auch am Land darstellen“, lockt der Arzt. „Wir müssen den Beruf durch moderne Regelungen mit heutigen Vorstellungen von Work-Life-Balance und Vereinbarkeit mit der Familie in Einklang bringen.“

Ein gutes Beispiel dafür ist Anne Blindert, die seit September 2024 in Peter Deinleins Praxis als Ärztin in Weiterbildung arbeitet. Sie kam durch Empfehlung, also Mund-zu-Mund-Propaganda, nach Kemnath. Für mindestens 24 Monate hat die Medizinerin ihren Lebensmittelpunkt in den Landkreis Tirschenreuth verlegt und sie kommt damit gut klar. „Die Gegend hier ähnelt meiner Heimat, der Kindergarten für meine Tochter liegt ganz in der Nähe und ich fühle mich sehr wohl hier.“

Der Landkreis unterstützt den angehenden Arzt Sebastian Ponnath (Mitte) mit einem Stipendium. Mit auf dem Bild Landrat Roland Grillmeier und Projektmanagerin Linda Wunderlich. Foto: Fabian Polster, Landratsamt Tirschenreuth

Der Heimat eng verbunden

Für Sebastian Ponnath ist Heimatverbundenheit kein Fremdwort. Der Stipendiat aus Kemnath absolvierte nach seinem Abitur zunächst eine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger und sammelte Berufserfahrung auf der Intensivstation des Klinikums Weiden sowie an der Uniklinik Regensburg. Derzeit studiert er im dritten Semester an der Universität Regensburg. „Ich wollte immer Arzt werden, und meine Ausbildung hat mir gezeigt, wie wichtig dieser Beruf ist“, sagt Ponnath. Die finanzielle Unterstützung durch das Stipendium erleichtere ihm das Leben als Student in Regensburg.

Der angehende Arzt ist trotz seines Studiums seiner Heimat Kemnath eng verbunden. Neben seinem Engagement als Intensivpfleger in Regensburg ist er in zahlreichen Vereinen aktiv. Er spielt Orgel in der Kirche, leitet den Männerchor und dirigiert Musikgruppen. Diese Heimatliebe und sein Wunsch, später als Hausarzt im Landkreis zu arbeiten, sind ideale Voraussetzungen für die Hausarztschmiede. Das einzige, dass er hier etwas vermisst, sind Clubs oder Orte, an denen junge Leute gerne zusammenkommen: „Davon könnte es ruhig etwas mehr geben.“

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