Windpark-Debatte (3): Wertverlust für angrenzende Grundstücke und Häuser?

Parkstein. Die Bürgerinitiative „Windparkfreie Heimat Parkstein“ befürchtet einen Wertverlust für angrenzende Häuser und Grundstücke. Bürger-Energie Parkstein eG hält das für unbegründete Panikmache. Der dritte und letzte Teil der Windpark-Debatte vor dem Ratsbegehren (12. Dezember).

Aufbau einer Windanlage in Freudenberg (Landkreis Amberg-Sulzbach). Bild: Bürgerwind Freudenberger Oberland GmbH & Co. KG

Zwei Männer im Rededuell bei OberpfalzECHO: Josef Langgärtner, Parksteins zweiter Bürgermeister und Vorstandsvorsitzender der Bürger Energie Genossenschaft und Reinhold Gerber, einer der Hauptinitiatoren der Bürgerinitiative „Windparkfreie Heimat Parkstein“ folgen der Einladung in den Konferenzraum.

Wie sieht die Finanzierung konkret aus, wer würde von den Erträgen in welchem Umfang profitieren? Und auch was die Kosten anbelangt, sind sehr unterschiedliche Zahlen gennant worden, können Sie das ein wenig erläutern, Herr Langgärtner?

Langgärtner: Ich frage mich, was die Finanzierung die Bürgerinitiative angeht, das ist ja eigentlich unsere Sache. Ich meine, wir haben das schon offen kommuniziert, das ist ja eigentlich kein Thema. Die Finanzierung besteht aus zwei Teilen. Der erste ist die Risikofinanzierung, bis man zu einem Entscheid kommt, wann dürfen wir das bauen. Wenn die Entscheidung da ist, dass wir bauen dürften, dann wird man ein Nachrangdarlehen ausgeben für die Mitglieder der Genossenschaft, und ich denke, dass wir da wirklich Geld zusammenkriegen würden, um alle mit zu beteiligen.

So wie in einem heutigen Leserbrief zu lesen war, dass sich einige wenige bereichern, ist das eine bodenlose Frechheit. Der Sinn einer Genossenschaft ist, dass man möglichst viele Leute mitnimmt ins Boot, dass möglichst alle was davon haben. Das Problem ist die Risikofinanzierung am Anfang, aber das ist nur ein kleiner Teil davon. Der große Teil ist dann die Finanzierung über Anteile.

Gerber: Die Bürgerinitiative hat sich deshalb zu der Finanzierung geäußert, weil ein Finanzvolumen oder Kapitalbedarf von etwa 21,6 Millionen Euro …

Langgärtner: … wie kommst auf 21,6?

Gerber: Das steht in einem Flyer von euch, also dass ein Windrad 7,2 Millionen kostet, sind eure Zahlen …

Langgärtner: O.k., ja, ich hätte jetzt 21 Millionen gesagt, aber das ist … (Heiterkeit)

Gerber: … ja, ich bin halt sehr genau. Und da stellt man sich schon die Frage, ob die Bürger von Parkstein 21 Millionen alleine stemmen. Das war der Grund der Frage. Und dann erfährt man, dass sich andere Bürgergesellschaften, die NEW West und so weiter, beteiligen, dann hab’ ich erklärt, dann bitte ich die Region zwischen Weiden und Kirchenthumbach zum Beispiel insgesamt zu betrachten: Wo ist hier der ideale Standort? Und das müsste eigentlich auch die Mitglieder der Bürger-Energie Parkstein eG bewegen zu sagen, „wir wollen Windräder aufstellen, aber bitte dort, wo sie den meisten Ertrag abwerfen, nicht dort, wo wir sie am günstigsten oder am schnellsten bauen können“.

Das ist doch die Kernfrage. Wäre ich Mitglied der Bürger-Energie Parkstein eG , dann würde ich diese Frage stellen. Es kann doch nicht sein, wenn in Wendersreuth oder am Hengst oder in Grafenwöhr, eine höhere Windhöffigkeit ist, an idealen Standorten, wo die Bürger nicht beeinträchtigt sind, dass man das ausblendet. Diese Frage muss man stellen, und die müssen wir stellen. Deshalb die Forderung: Betrachtet die Region Weiden-Kirchenthumbach, sucht den richtigen Standort, und dann sind wir dabei! Wir sind nicht gegen Windkraft, sondern nochmal, wir sind ausschließlich gegen diesen Standort. Der ist unserer Meinung nach zu nah an der Wohnbebauung und verschandelt das Landschaftsbild.

Ihr Hauptargument ist die Sichtachse? Wir reden nicht von Gesundheitsschäden, von Lärmemissionen?

Gerber: Die haben wir im Grunde überall. Man muss sie weghalten von der Wohnbevölkerung. Man muss den Wertverlust der Häuser sehen, die direkt im Einzugsgebiet sind. In der Literatur liegen die Wertverluste zwischen 10 und 30 Prozent. Wenn einer neu sein Haus gebaut hat, und es hat einen Wertverlust von sieben Prozent, das ist der niedrigste Wert, den ich hier jetzt einmal nenne, bei einem Haus zwischen 500.000 und 600.000 Euro, hat dieser Häuslbauer einen Verlust zwischen 30.000 und 40.000 Euro. Und das ist doch eine Hausnummer. Und da sollten sich auch die Bürger in Parkstein solidarisch erklären mit den unmittelbar Betroffenen. Also in 1.000 Metern Entfernung geht man davon aus, dass der Wertverlust mindestens sieben Prozent ist – nach oben offen.

Langgärtner: Welches „man“ geht davon aus? Wer ist „man“?

Gerber: Das kann man überall nachlesen.

Langgärtner: Ich hab’ genauso Studien, wo drinsteht, dass das Gegenteil der Fall ist. Die Leute profitieren davon.

Gerber: Ach, Josef …

Langgärtner: Natürlich, wir bieten ihnen einen günstigeren Stromtarif an zum Beispiel, die in diesem Bereich wohnen.

Gerber: Ist der dann nochmals extra abgestuft, der Strompreis?

Langgärtner: Kann man zum Beispiel machen.

Gerber: Kann man machen. Würdest du eine Haftungsübernahme unterschreiben?

Langgärtner: Wie eine Haftungsübernahme?

Gerber: Ja, für den Wertverlust, steht da die Bürger-Energie gerade?

Langgärtner: Das macht niemand.

Gerber: Warum behauptest du dann so was?

Langgärtner: Ja, du kannst das doch auch behaupten. Beweis’ das doch erst einmal.

Die Quelle, wo der Wertverlust definiert ist, hätte ich gerne – wir müssen ja alle unsere Quellen nennen …

Gerber: Die kann ich Ihnen geben, wenn Sie wollen, ich hab’s aber jetzt nicht parat. Aber das dürfte doch kein Problem für den Josef Langgärtner sein, wenn er sagt, „diese Beeinträchtigung stimmt nicht für den Wiederverkaufswert oder den Beleihungswert“, dass er dann sagt, „das unterschreibe ich“. Warum nicht?

Langgärtner: Das ist jetzt ein Blödsinn, tut mir leid.

Gerber: Warum nicht?

Langgärtner: Ich hab’ die gleiche Studie da, die du vorlegen willst, wo genau das Gegenteil drin steht, die kann ich Ihnen geben.

Gerber: Warum kann man diese Haftungsübernahme nicht unterschreiben?

Langgärtner: Wo gibt’s denn so was?

Gerber: Ich arbeite eine aus, sag den Grundstücksbesitzern, pass auf, hier, der Langgärtner steht gerade …

Langgärtner: Zeig mir ein Windrad, wo das gemacht wurde.

Gerber: Die kannst du doch ohne weiteres unterschreiben, wenn du sagst, das ist eine Wertsteigerung.

Ich kenne auch kein Beispiel einer unternehmerischen Aktivität, wo so eine Garantie übernommen worden wäre. Das ist eine relativ exotische Forderung.

Gerber: Der Bürgermeister verspricht in der Jagdversammlung, einen Ausgleich für die Beeinträchtigung der Jagd.

Das ist eine politische Entscheidung.

Gerber: Das sind doch alles so Sachen. Einmal wird die Jagd beeinträchtigt, und die Bürger werden nicht beeinträchtigt? Da passt doch was nicht mehr zusammen.

Wobei wir immer noch von Thesen reden und nicht von Fakten. Wir wissen nicht, ob der Wertverlust tatsächlich eintritt.

Gerber: Würden Sie ein Haus kaufen mit Windparkblick?

Da müsste ich mir im Detail anschauen, wie das Haus ausschaut, wie die Entfernung und die Sichtachse ausschaut.

Gerber: Ich würde mir das auf jeden Fall zahlen lassen, wenn ich Häuslkäufer wäre.

Langgärtner: Du würdest jedes freie Grundstück, das wir dort hätten, sofort loswerden ohne Verlust. Wir haben keine Grundstücke, keine freien.

Gerber: Solange die Windräder nicht stehen, vielleicht. Ich kann nur jedem empfehlen, der dort hinten ein Grundstück hat, das möglichst bald zu verkaufen. Weil wenn die stehen, wird’s schwierig.

Langgärtner: Ich sehe als großes Problem, dass es hier um private Interessen geht. Deine Tochter hat ein Grundstück dort, das sehe ich als großes Manko. Deswegen engagierst du dich da jetzt so sehr.

Gerber: Nein, nein. Und andere haben auch Interessen.

Abschließende Frage, weil wir uns jetzt im privaten Bereich befinden, den ich gar nicht mehr beurteilen kann, wessen Tochter wo wohnt und wer dann welches Haus nicht verkaufen kann …

Gerber: Selbst dann ist es nicht verwerflich, wenn jemand sagt, ich bin hier unmittelbar betroffen, dann bin ich dagegen. Selbst wenn’s so wäre. Bei mir geht’s um mehr.

Wir haben zu Beginn davon gesprochen, am Ende der Diskussion zu überlegen, ob man beim anderen Argumente entdeckt hat, die einem noch einmal zum Nachdenken bringen. Einigkeit besteht darin, dass Handlungsbedarf in der Bekämpfung des Klimawandels besteht. Sie haben ja ein paar Mal gesagt, Sie wären dabei. Sollte dieses Projekt wirklich scheitern, darf man Sie dann beim Wort nehmen und Sie machen miteinander eine neue Initiative, um einen anderen Standort zu finden?

Gerber: Durchaus.

Sie geben also eine ähnliche Garantie ab, wie Sie sie von Herrn Langgärtner für den eventuellen Wertverlust gefordert haben: Wir suchen dann gemeinsam einen neuen Standort?

Gerber: Durchaus können wir da drüber reden. Es wird ausschließlich dieser Standort abgelehnt, wenn es einen weiteren geeigneten Standort im Ort gibt, im außermärkischen Bereich, in der Region, gibt es kein Problem. Auch wenn Sie andere Sachen machen, der Klimawandel ist ja nur durch einen sogenannten Energiemix zu stoppen, also Photovoltaik, Wasserkraft, alles, was in Frage kommt, kein Problem. Aber Windräder in Parkstein sind schon sehr heftig.

Sie wären auch dabei, wenn das Ratsbegehren scheitern sollte?

Langgärtner: Dann würde gar nichts gehen. Da bin ich mir sicher. Weil nur mit einer Bauleitplanung kann ich im Moment arbeiten. Wenn ich woanders hingehe, dann habe ich nicht mehr das Recht für eine Bauleitplanung. Im Moment haben wir die Möglichkeit, das selber zu machen, woanders haben wir die Möglichkeit nicht, sobald eine andere Kommune da mitreden muss.

Gerber: Und nur deshalb bekommen wir in Parkstein Windräder, weil man meint, man kann mit anderen Gemeinden nicht reden. Wenn das alles so toll ist, was ihr da plant – wir haben hervorragende Bürgermeister im ganzen Landkreis, warum kommen die dann nicht drauf?

Langgärtner: Das frage ich mich schon lang. Es gibt so viele Aufgaben, die wir machen müssen.

Gerber: Die denken mit. Die schützen ihre Heimat oder sie warten, bis endlich was kommt, wo man sagt, hier bauen wir einen Windpark für den Landkreis Neustadt/WN mit 30 Windrädern. Ich juble. Ich sage Ihnen ganz offen, das ist der richtige Weg.

Langgärtner: Wie lange brauchen wir dazu? Wir haben die Zeit nicht, die läuft uns davon. Jeder redet von erneuerbaren Energien, deutschlandweit, fernsehweit, weltweit, keiner macht was. Zumindest bei uns in Bayern: null.

Gerber: Hier ist doch der wenigste Wind.

Langgärtner: Der Wind ist doch überhaupt kein Thema, der ist natürlich da. Das sind Schwachwindanlagen.

Gerber: Genau, das sind Schwachwindanlagen, das sagt es doch schon aus.

Langgärtner: Nee, für den sind die gemacht, um das meiste rauszuholen.

Gerber: Ist schon klar, dass die neue Generation von Windrädern sehr, sehr gut ist. Ich habe mich befasst damit, Windkraft gehört zur Energiewende mit dazu.

Langgärtner: Na ja, logisch, deswegen machen wir doch was. Was ist so schlimm daran, ein Windrad anschauen zu müssen?

Gerber: Dem einen gefällt’s, dem anderen gefällt’s nicht.

Das ist doch ein schönes Schlusswort. Beide wollen den Klimawandel verhindern, da besteht Konsens, aber wie wir das machen wollen, konnten wir heute leider nicht klären, insofern müssen wir tatsächlich auf das Ratsbegehren warten, und dann wird’s eine Entscheidung geben. Ich bedanke mich für das Gespräch und wünsche jedem von Ihnen, dass er zum Teil Recht bekommt.

Ratsbegehren am 12. Dezember

Der Marktrat hat beschlossen, ein Ratsbegehren durchzuführen und möchte mit einem Bürgerentscheid die Meinung der Parksteiner Bürgerinnen und Bürger bis zum 12.12.2021 abfragen.

Die Frage lautet:

  • „Sind sie dafür, dass eine Bauleitplanung „Sondergebiet Bürgerwindpark Eichentratt“ aufgestellt wird, die die Errichtung von maximal drei Windenergieanlagen ermöglicht und damit einen wesentlichen Beitrag zur Erfüllung der gemeindlichen Klimaschutzziele und zur Sicherung der ökologischen Stromerzeugung vor Ort leisten kann?“

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