Wittgartendurchstich: Weiden wächst zusammen

Weiden. Mit dem Wittgartendurchstich wird die Trennung der Stadt beendet. Auf seinen Traum muss Jens Meyer aber noch ein paar Jahre warten.

Von Udo Fürst

Wittgartendurchstich Weiden Baustelle
Noch hinter Gittern: der Wittgartendurchstich.

Bürgermeister Jens Meyer bezeichnet die Baumaßnahme als „phänomenales Ereignis für die Stadt“, CSU-Stadtrat Hans Sperrer schwärmt von einem „Jahrhundertprojekt“, Baudezernent Oliver Seidel sieht es als „Initialzündung für den gesamten Bereich zwischen Innenstadt und Stockerhut“ und die Weidener sind begeistert von dem 6,2 Millionen-Euro-Projekt, das die Teilung der Stadt nach 156 Jahren beendet. Der Wittgartendurchstich steht vor der Vollendung.

Am Montag, 28. Oktober wird der Neubau zwischen Josef-Witt-Platz und dem Stadtteil Stockerhut feierlich für den Verkehr freigegeben.

Weiden durch Bahnlinie getrennt

1863 wurde die Bahnlinie von Weiden nach Bayreuth fertiggestellt, ein Jahr später die Strecke nach Wiesau eröffnet. So maßgebend der Bahnanschluss für die Entwicklung der Stadt Weiden war, er stellte auch einen großen Eingriff in das Stadtgefüge dar. Die Bahnlinie trennte den Westen Weidens von der Innen- und Altstadt und unterbrach damit auch den Straßenverlauf von der Max-Reger- in die Frauenrichter Straße.

Wittgartendurchstich Weiden Baustelle

Es entstanden neue Randlagen und plötzlich abseits gelegene, abgehängte Bereiche. Die Innenstadt jenseits der Bahnlinie war für viele Fußgänger und Radfahrer nur noch über einen großen Umweg erreichbar. Zudem waren diese Verbindungen wegen der Steigungen nur mit erheblichen Anstrengungen verbunden.

Viele Anläufe

Es war verständlich, dass von Seiten der Bevölkerung im Laufe der Jahre immer wieder der Wunsch nach attraktiveren Überquerungsmöglichkeiten laut wurde. Dies stieß bei den Kommunalpolitikern nicht auf taube Ohren. 1994 wurden erstmals konkrete Untersuchungen für den Bereich östlich des Wittgartens von der Stadt begonnen und vorangetrieben. Seither wurden viele Anläufe für eine Realisierung unternommen. Dazu gehörten das Programm „Soziale Stadt“ und später das Städtebauliche Entwicklungskonzept für den Stadtumbau West.

„Der lange Atem, die fundierte Planung, die vielen Mitstreiter, eine fraktionsübergreifende zielorientierte Kommunalpolitik, die dieses Projekt mit nahezu einstimmigen Beschlüssen begleitet hat, und nicht zuletzt das günstige Zeitfenster für eine Finanzierung (u. a. Förderprogramm KIP 1) sind wesentliche Faktoren für das bisherige Gelingen“, schreibt die Stadt in einer Pressemitteilung.

Erste barrierefreie Bahnunterführung der Stadt

Die Unterführung stellt nicht nur eine sehr günstig gelegene Verbindung zwischen den Stadtteilen dar. Sie wird die erste und einzige Verbindung über die Bahnlinie hinweg in die Innenstadt, die mit maximal drei Prozent Gefälle beziehungsweise Steigung barrierefrei ist.

Wittgartendurchstich Weiden Baustelle

Die Gesamtkosten der Maßnahme belaufen sich auf circa 6,2 Millionen Euro. Das Projekt wird durch die Regierung der Oberpfalz durch die Programme KIP (Kommunalinvestitions-programm), FAG (Finanzausgleichsgesetz) und Städtebauförderung bezuschusst. Die Projektplanung und Bauleitung hat das Ingenieurbüro derori Entwicklungs-GmbH aus Regenstauf in enger Abstimmung mit dem Tiefbauamt der Stadt inne.

Spatenstich vor zwei Jahren

Vor ziemlich genau zwei Jahren, am 19. Oktober 2017, war der Spatenstich, jetzt ist das Großprojekt fertiggestellt. Beteiligt war unter anderem die Firma Markgraf aus Bayreuth, die 2018 das Tunnelbauwerk erstellte. Die Unterführung wurde als monolithisches Rahmenbauwerk westlich des Bahndamms errichtet. Ostern 2018 wurde das Bauwerk in das Gleisbett eingeschoben.

Das Bauwerk ist 25 Meter lang, sechs Meter breit und 2,60 Meter hoch. Die beiden Zugangsbereiche Ost und West mit einer Gesamtlänge von 230 Metern stellte die Firma Scharnagl aus Weiden her. Der Weg und der Tunnel sind mit effizienter LED-Technik beleuchtet.

Wittgartendurchstich Weiden Baustelle
Der Wittgartendurchstich auf Papier. Am 28. Oktober wird das Großprojekt feierlich eröffnet. Plan: Tiefbauamt Weiden

Historische Betrachtung

Die verantwortlichen Architekten stellten bereits vor eineinhalb Jahren ihre Entwürfe und Ideen für die Neubelebung dieser Fläche vor. Dabei stießen vor allem die Ideen des ersten Preisträgers auf großes Interesse. Die Dragomir Stadtplanung aus München blickte dabei in die Historie, wobei man auf den Siechenweiher gestoßen sei. Deshalb sei dieser als zentrales Element bis hin zum Wittplatz gewählt worden. Abgerundet werden könnte das durch Freizeitangebote wie Biergarten und Beachvolleyballgelände. Südlich des Weihers sollen historische Strukturen erhalten bleiben mit der Möglichkeit, Quartierplätze zu schaffen.

Pfiffige Ideen für den Wittgarten

Das Stadtplanungsamt teilt dazu mit, dass man das Plangebiet in sechs Fokusbereiche unterteilt habe, die nacheinander näher untersucht werden sollen. Dabei sollen in den nächsten Monaten auch die Bürger im betreffenden Gebiet mit einbezogen werden. „Wir wollen so frühzeitig mit den Anwohnern und Eigentümern über die Vorschläge und Konzepte diskutieren. Die gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse sollen zu einer sehr gut abgestimmten Rahmenplanung führen, die nach Möglichkeit noch im Sommer 2020 vorliegen könnte“, erklärt Norbert Schmieglitz von der Presseabteilung der Stadt.

Ob Jens Meyer seinen nicht ganz ernst gemeinten Plan, nach seiner Pensionierung im Wittgartenweiher einen Tretbootverleih zu eröffnen, realisieren kann, muss abgewartet werden.

Fotos: Fürst

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