Wundertüte SSV Jahn Regensburg zum letzten Hinrundenspiel beim FC Heidenheim

Regensburg. Der SSV Jahn bleibt in dieser Saison unberechenbar – im Guten wie im Schlechten. Tabellensituation und direkter Vergleich machen wenig Hoffnung auf eine Überraschung in Heidenheim. Dafür brechen wir heute eine Lanze für Prince Owusu, der am Mittwoch ausgepfiffen wurde.

Eine alberne Rote Karte nach einem Gerangel vor einem Freistoß hat beim letzten Gastspiel in Heidenheim die Weichen für Jahn Regensburg auf Niederlage gestellt. Bild: SSV Jahn

Co-Autor: Jürgen Herda

Die vermeintlich einfacheren Match-Bälle hat der SSV Jahn zu Hause gegen Hansa Rostock und Eintracht Braunschweig vergeben. Mit 5 Punkten mehr im Gepäck, stünde Regensburg zwar auch nur maximal auf Platz 8 der Tabelle, also vermeintlich ein kleiner Schritt.

In Wirklichkeit aber würde dann der Abstand zu Sandhausens Relegationsplatz 16 beruhigende 8 statt wie jetzt nur 3 Punkte betragen. Und die Oberpfälzer hätten das Hinrunden-Soll von 20 Punkten bereits in der Tasche – mit 40 Punkten ist in der Endabrechnung bekanntlich noch kein Verein abgestiegen.

Das Lazarett füllt sich immer weiter

So heißt es weiter bangen und auf das Prinzip Hoffnung beim klar favorisierten Tabellendritten hoffen. Dabei waren die Ost-Württemberger mal so etwas wie der Lieblingsgegner der Oberpfälzer. Die Bilanz aus den letzten fünf Begegnungen gegen den 1. FC Heidenheim gibt allerdings kaum Grund zu Optimismus, dass der SSV Jahn die Hinrunde versöhnlich abschließen kann.

Dazu kommt weiterhin das gut gefüllte Lazarett, das immer wieder Nachwuchs findet, statt sich zu leeren. Das alles könnten Gründe sein, die Jahn-Trainer Mersad Selimbegovic auf die Palme bringen. Allerdings stößt dem Übungsleiter ein anderes Thema besonders sauer auf.

Selimbegovic bringen Pfiffe gegen Owusu auf die Palme

Eine besondere Stärke des SSV Jahn in den vergangenen Jahren war immer die Geschlossenheit des gesamten Vereins. Nur indem alle – Mannschaft, Verantwortlich, Fans – an einem Strang zogen, konnten trotz unterdurchschnittlicher Voraussetzungen meist gute Ergebnisse eingefahren werden. „Wir werden alle Kräfte bündeln“ gilt deshalb nicht nur für das Team, sondern auch für das gesamte Umfeld.

Beim Spiel gegen Braunschweig gab es Pfiffe und beleidigende Zurufe von den Rängen in Richtung von Prince Osei Owusu. Damit war für den Jahn-Trainer eine rote Linie überschritten. „Ich kann vieles dulden und runterschlucken, aber bei so etwas bin ich der Falsche, da kann ich auch unangenehm werden.“ Unter die Wut mischt sich auch Enttäuschung über den eigenen Anhang unter. „Ich bin lange hier, aber so etwas habe ich in unserem Stadion noch nicht erlebt und das will ich auch nicht noch einmal erleben“, so sein Appell an die Jahn-Fans.

Mittendrin braucht der Jahn Prince Owusu, nicht nur auch dabei. Bild: Jürgen Herda

Owusu: Vom VfB in die U15 bis 19

Exkurs: Dass der 25-jährige Deutsch-Ghanaer Potenzial besitzt, wird mit Blick auf seine Entwicklungsgeschichte kein ernst zu nehmender Fußballexperte bestreiten. Prince Osei Owusu wurde im Nachwuchsleistungszentrum des VfB Stuttgart ausgebildet, war in der U17-Bundesliga 2013/14 Torschützenkönig der Staffel Süd/Südwest. Er absolvierte zwei Spiele für die deutsche U15-Nationalmannschaft, gab beim Vier-Länder-Turniers in der Türkei 2014 sein Debüt für die deutsche U18 und verwandelte dabei gegen die Niederlande einen Elfmeter.

Bei seinem Debüt für die deutsche U19-Nationalmannschaft verwandelte Owusu am 4. September 2015 gegen England ebenfalls einen Strafstoß. Bei der zweiten Mannschaft der TSG Hoffenheim setzte er sich erstmals in der Liga als Stammspieler durch, wurde n der Saison 2017/18 mit 13 Treffern bester Torschütze der Mannschaft. Nicht so gut klappte es bei seinen Stationen Bielefeld und Paderborn, als Leihspieler wurde er bei den Löwen in der Drittligasaison 2019/20 Stammspieler.

Der Prince braucht Vertrauen

„Wenn du nicht triffst, aber eigentlich ein gutes Spiel gemacht hast, zählt das hinterher oft nicht mehr viel“, deutet er an, dass der Kopf eine gewaltige Rolle spielt. „Du brauchst aber als Stürmer die Gelassenheit, wenn du deinen Job gut machen willst. Wenn man an sich zweifelt, ist es relativ schwer, befreit aufzuspielen und seine Qualitäten abzurufen. Wenn ich das Vertrauen bekommen habe, habe ich es auch zurückgezahlt“, sagt er.

Seine bisherigen Auftritte für den SSV Jahn: Licht und Schatten. Das 2:0 im Pokal gegen Köln und das 3:0 in Kaiserslautern, seine bisherigen zwei Treffer. Wenn er gut drauf ist, kann der wuchtige, 1,90 Meter große Stürmen Räume öffnen. Am Ball ist er technisch versiert, manchmal fehlt der Überblick.

So wollen wir ihn sehen: Der “Mission accomplished”-Prinz Owusu erzielt das 0:3 auf dem Betzenberg. Bild: Jürgen Herda

Lass den Kopf nicht hängen!

Das eigentliche Manko aber: Man hat den Eindruck, nach einer missglückten Aktion, lässt er den Kopf hängen. In Hamburg ging sein Versuch einer schnellen Spieleröffnung mit einem Hackentrick arg in die Hose – falscher Trick am falschen Ort, es folgte das späte 2:1 der Hamburger, der Dosenöffner zum Sieg. Owusu deswegen zum Sündenbock zu stempeln, ist absurd. Man könnte an dieser Stelle jeden einzelnen Mitspieler und ihre Missgeschicke aufzählen. Nicht alle führen zu Toren.

Wer dem hoch veranlagten jungen Mann deswegen mit kindischen Pfiffen oder gar gehässigen Kommentaren den Rest an Selbstbewusstsein raubt, schadet dem Jahn. Denn der SSV braucht gute Stürmer, die sich was zutrauen. Was Owusu braucht: Jemand, der ihn wieder aufbaut. Dann könnte Regensburg noch viel Freude mit ihm haben.

Jahn Regensburg gegen Heidenheim klarer Underdog

Gegen Heidenheim sind die Rollenverhältnisse klar verteilt. Regensburg kommt gegen den Tabellen-Dritten klar die Rolle des Underdogs zu. Das Team von Langzeittrainer Frank Schmidt musste diese Saison erst zwei Niederlagen einstecken, und liegt auch bei den geschossenen Toren (28 Treffer) auf Platz drei der Liga. Dazu kommt, dass der Jahn in den letzten fünf Partien gegen Heidenheim nur einen mageren Punkt ergattern konnte, Torverhältnis: 12:1 für die Baden-Württemberger.

Die Aussage „wir kennen Heidenheim gut, sie kennen uns gut“ von Selimbegovic klingt angesichts dessen, dann auch eher wie eine Drohung. Ein kleines bisschen Zuversicht speist sich daraus, dass die Jahn-Elf gerade in den Spielen, in denen sich im Vorhinein schon abgeschrieben wurde, ihr besseren Auftritte hinlegte.

SSV-Lazarett platzt aus allen Nähten

So werden es die kleinen Dinge sein, an denen sich Regensburg hochziehen muss, denn ansonsten geben die Vorzeichen wenig Grund zur Hoffnung. Die ohnehin angespannte Personalsituation verschlechtert sich eher, als sich zu entspannen. Da hilft es auch nichts, dass Selimbegovic „eine Chance“ für den Einsatz von Steve Breitkreuz sieht.

Wo ein möglicher Einsatz von Breitkreuz, inklusive großem Fragezeichen, steht, kommt der sichere Ausfall von Lasse Günther (Außenbandverletzung) hinzu. Es gilt also weiter Löcher im Defensiv-Verbund zu stopfen, der am Ende der englischen Woche ohnehin am Limit sein dürfte.

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