So überlebt der Amateurfußball die Coronapause

Das sind die Sorgen und Wünsche der Vereine aus der Region

Weiden/Neustadt/Tirschenreuth. Der Amateurfußball hat zwei schwere Jahre hinter sich. Die Vereine aus der Region ächzen unter den vielen Regeln und langen Pausen. Wir haben nachgefragt, wie es steht um Nachwuchs, Finanzen und Fitness. Viele schimpfen, doch eins lassen sie sich nicht nehmen.

Endlich geht es wieder los. Die ersten Testspiele laufen an, hier die SpVgg SV Weiden gegen die DJK Gebenbach. Bild: Dagmar Nachtigall

Es waren harte Jahre: Die Spielzeiten 2019/2020 und 2020/21 wurden vorzeitig abgebrochen. Zwischen März und September 2020 gab es gar keine Spiele. Seit Sommer 2021 läuft der Spielbetrieb wieder regulär, wobei “regulär” wohl nicht das richtige Wort ist. Immer wieder mussten Spiele aufgrund von Coronaausfällen verlegt werden. Fußball im Freien ist zwar erlaubt, Ungeimpfte dürfen am Spielbetrieb aber nicht teilnehmen.

Der Amateurfußball startet jetzt einen neuen Anlauf. Langsam lebt die Fußballszene auf, erste Testspiele werden bestritten. Vereine aus der Region berichten von ihren Sorgen und Wünschen.

Wie steht es um die Finanzen?

Finanziell geht es allen befragten Vereinen nicht gut. Sie generieren keine Einnahmen durch Feste und den Spielbetrieb.

Roland Eckert vom SV Mitterteich drückt es drastisch aus: “Im Moment geht es darum, dass wir ums nackte Überleben kämpfen”, sagt er.  Die Einnahmen fielen weg, doch Ausgaben für Pacht, Rasenpflege, Sportbedarf liefen weiter. Jetzt komme man noch gut durch. Doch die Folgen für viele Vereine würden sich erst in ein, zwei Jahren herausstellen. Er prophezeit: “Viele Vereine werden den Bach runtergehen.”

Auch den FC Weiden-Ost schmerzt die Pause. Er hat eine wichtige Einnahmequelle verloren, das beliebte Stadtbadfest. “Wenn das so weitergeht, geht jedem mal das Geld aus”, sagt Vorsitzender Franz Bäumler. Zum Glück gebe es Unterstützung vom Förderverein, der auf die Rücklagen aus den Festen zurückgreift.

Der SV Plößberg sei stark auf Sponsorengelder und “Gönner” angewiesen, berichtet Vorsitzender Uwe Hecht. Vom BFV und vom Bayerischer Landes-Sportverband (BLSV) gebe es keine Unterstützung. Auch beim FC Tirschenreuth geht es ohne Gönner nicht mehr.

Größere Anschaffungen sind bei ihnen überhaupt nicht mehr drin, klagt der Abteilungsleiter der Fußballfrauen des TSV Neudorf, Helmut Hummer.

Vielen Vereinen macht die Umsetzung der Regeln zu schaffen. Symbolbild: Pixabay

Wie schwer ist die Umsetzung der Corona-Regeln?

Die ganzen Regeln umzusetzen, war für die Vereine eine riesige Herausforderung. “Kabine zu, Kabine offen. Duschen zu, Duschen offen”, beschreibt Vorsitzender Harald Siegert vom FC Tirschenreuth das Regelchaos. Um die Mindestabstände einzuhalten, habe man sogar die Zuschauerränge noch umgebaut. Und das in Zeiten klammer Kassen.

Roland Eckert vom SV Mitterteich sagt, die Einschränkungen hätten die Vereine “mit voller Wucht” getroffen. Die Regel, dass nur Geimpfte und Genesene im Freien spielen dürften, entbehre jeder wissenschaftlichen Basis, sagt der Apotheker. Die Umsetzbarkeit der Regeln sei eine “unzumutbare Katastrophe”.

Auch der BFV fordert, die 2G-Regel so bald wie möglich für die zweite Halbserie aufzuheben und  wenigstens durch eine 3G-Regelung zu ersetzen.

Mit dem 2G-Status habe die SpVgg SV Weiden weniger Probleme, die Impfquote sei hoch, im Seniorenbereich betrage sie 100 Prozent. “Es muss Kontinuität reinkommen”, sagt Vorsitzender Michael Kurz. “Und einfache begreifbare Regeln.”

Auch beim TSV Neudorf liegt die Impfquote bei etwa 95 Prozent. Besonders für Verantwortliche und Trainer sei das Regelchaos nervenaufreibend. “Jeder fragt sich ständig, was darf ich, was darf ich nicht?”, sagt Vorsitzender Hummer.

Wie sieht es im Jugendbereich aus?

Die SpVgg SV Weiden ist einer der größten Vereine der nördlichen Oberpfalz. Doch der Jugendbereich des Platzhirschs habe durch die Coronapausen gelitten, sagt Vorsitzender Michael Kurz. Zwei Jugendliche hätten die Fußballschuhe gegen das Skateboard ausgetauscht. Individualsportarten seien sie nicht abhängig von Trainingszeiten, Geimpftenstatus und offenen Plätzen.

Der Jugendleiter des Fußballkreises Amberg/Weiden im Bayerischen Fußballverband (BFV), Klaus Meier, meldet nur einen leichten Rückgang der Mannschaftszahlen bei den 126 Jugendvereinen des BFV-Kreises. Gab es in der Saison 2019/20 noch 357 Spielerinnen und Spieler, sind es 2021/22 nur 13 weniger. Den Rückgang erklärt er aber weniger mit Corona als mit überzogenen Erwartungen einiger Eltern: “Anscheinend erwarten immer mehr Eltern, dass ein Verein eine Art Kindertagesstätte sein soll.” Für einen Jahresbeitrag von 50 bis 100 Euro sollen Kinder von zu Hause abgeholt und mit Vereinskleidung ausgestattet werden. “Und man will sich auf keinen Fall mit einbringen müssen oder selbst Verantwortung übernehmen”, ärgert er sich.

Die Vereine hätten sich in der Coronapause über Social Media viele fanatasievolle Online-Aktionen ausgedacht. “Einfach um den Kontakt zu den Kindern aufrecht zu erhalten. Um ihnen zu zeigen, dass sie nicht vergessen sind.”

Die Frauen vom TSV Neudorf sind froh, wieder spielen zu können. Bild: Helmut Hummer
Trainer Helmut Hummer hat bei den U13-Mädchen keine Nachwuchssorgen. Bild: Helmut Hummer

Corona-Sorgen hat der Abteilungsleiter der Fußballfrauen des TSV Neudorf, Helmut Hummer, aber bestimmt keine Nachwuchssorgen. “Viele sehr junge Mädels kommen zu uns”, freut er sich. So viele, dass man neben der U17-Mannschaft auch noch ein U13-Team gründet. Auch der FC Weiden-Ost verzeichnet einen Zuwachs an Jugendlichen, besonders im Alter von acht bis zwölf Jahren.

Gibt es Mitgliederschwund?

Von starken Mitgliederverlusten berichtet keiner der Vereine. Der FC Weiden-Ost verzeichnet gar einen starken Zuwachs bei den Alten Herren, weil kleinere Vereine keine Mannschaften mehr für die Ältesten stellen. Der TSV Neudorf hat einige Wackelkandidatinnen verloren. Beim SV Plößberg sind keine Spieler weggebrochen, doch sei es nach Aussage der Trainer schwieriger, durch die On-Off-Situation Leute zu motivieren. “Der Elan fehlt, wenn nicht regelmäßig trainiert wird”, sagt Vorsitzender Uwe Hecht.

Auch der TSV Plößberg ist wieder da, wo er hingehört. Hier beim Vorbereitungsspiel gegen Detag Wernberg. Bild: Uwe Hecht

Wie fit sind die Spielerinnen und Spieler?

Durch die mangelnde Fitness wegen der Trainingsausfälle habe es einige Verletzungen gegeben, erzählt Bäumler von der SpVgg SV Weiden. Doch einen richtigen Leistungseinbruch habe er nicht beobachtet.

Um die lange Winterpause von Ende Oktober bis Anfang Februar ohne Hallentraining zu überbrücken, hat auch Helmut Hummer für die Fußballfrauen vom TSV Neudorf Laufchallenges erstellt. Ob die Fitness nach der langen Pause noch da ist, wird sich herausstellen.

Was sind die Wünsche für die Zukunft?

“Jeder lechzt danach, endlich wieder seinen Sport ausüben zu können”, sagt Siegert vom FC Tirschenreuth. Der Kreisvorsitzende des BFV, Albert Kellner, sieht jedoch auch das Positive: Der Zusammenhalt wächst. Obwohl Coronainfektionen die Mannschaften immer wieder aushebelten, habe man heuer weniger Nachholspiele als in den übrigen Saisons. Der Grund: Viele Mannschaften haben freiwillig auf ein Match verzichtet, wenn es Coronaausfälle beim Gegner gab – obwohl sie nicht gemusst hätten. Stattdessen habe man zusammen nach einem Ersatztermin gesucht. “Da hat man sich nicht über den Tisch gezogen. Alle wollten einfach so gut wie möglich die Saison durchbringen.”

Das zeichne den Amateursport aus: Auf dem Platz seien die Vereine Konkurrenten, abseits des Platzes zähle das Miteinander. Das sei konträr zu dem, was er in der Gesellschaft sonst beobachte. “Im richtigen Leben werden viele Leute immer verbitterter und uneinsichtiger. Im Amateurfußball wird immer mehr versucht, gemeinsam eine Lösung zu finden. Das bestätigt auch Harald Siegert vom FC Tirschenreuth: “Spieler, Jugendleiter, Vorstandschaft, alle helfen zusammen und sind mit Feuereifer dabei.”

Franz Bäumler vom FC Weiden-Ost sagt: Klar seien Punkte sowie Auf- und Abstieg relevant. “Das wichtigste ist aber, dass überhaupt wieder was läuft. Wir wollen endlich mal wieder Festln miteinander feiern.”

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