Parksteiner Wirtschaftsstudent will Klimakrise volkswirtschaftlich lösen

Parkstein. Schon wieder ein kleiner Geniestreich aus der nördlichen Oberpfalz. Der Parksteiner Robert Beer streicht Preis um Preis als erfolgreicher Fondsmanager ein. Sein Sohn Jonas Beer legt jetzt ein Buch vor, wie sich der Klimawandel mit volkswirtschaftlichen Instrumenten in den Griff bekommen lässt.

Jonas Beers Klimaplan. Foto: OberpfalzECHO

Alle Jahre wieder eine Klimakonferenz der Vereinten Nationen: In diesem Jahr fand die COP27 vom 6. bis zum 18. November 2022 in Sharm el-Sheikh in Ägypten statt. Wie immer mit bescheidenen Ergebnissen. Genauso enttäuschend die Artenschutz-Konferenz in Montréal. Haben Sie Verständnis für die Klima-Kleber der Last Generation?

Jonas Beer: Ich persönlich würde diese Form des Protests nicht wählen – ich setze mich für zielorientierte, konkrete Lösungen ein.

Rund 33.700 wissenschaftliche Autoren beschäftigen sich mit dem Klimawandel: Was hat Sie dazu bewegt, ein weiteres Werk hinzuzufügen – während FDP-Chef Lindner auf technologische Fortschritte hofft, setzen Sie auf volkswirtschaftliche Rezepte?

Jonas Beer: Um den Klimawandel aufzuhalten, braucht es viele Lösungsansätze. Mein Beitrag dazu ist die Idee einer europäischen Klimabank, die die CO₂-Menge systematisch reduziert.

Wie soll das von Ihnen entwickelte stabile Preissystem für den Emissionshandel die Folgen des Klimawandels und des Artensterbens in den Griff bekommen?

Jonas Beer: Die Grundlage ist das bereits bestehende System des Europäischen Emissionshandels (EU-ETS). Der Emissionshandel legt die Menge der Treibhausgas-Emissionen der enthaltenen Sektoren fest. Kernbestandteil sind die Energiewirtschaft und die Industrie. Will ein Versorger in der EU zum Beispiel ein Kohlekraftwerk betreiben, ist er verpflichtet, entsprechende Emissionsrechte zu erwerben. Dieses bestehende System soll nun mithilfe eines CO₂-Grenzausgleichs (CBAM) und einer Europäischen Klimabank noch verbessert werden. Der CO₂-Grenzausgleich soll die internationale Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen bewahren. Die Europäische Klimabank soll den Emissionshandel systematisch steuern.

Was genau müsste sie dabei steuern?

Jonas Beer: Sie wäre der Temperaturstabilität verpflichtet und soll die Treibhausgas-Emissionen in der EU noch besser steuern. Sie könnte Zertifikate kaufen, wenn der Preis für CO₂ zu niedrig wird – und zwar unabhängig von der Politik.

Wie wollen Sie diese Idee in den politischen Prozess einspeisen – gibt es da schon ein Feedback?

Jonas Beer: Ich habe bereits mit einem Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des BMWKi über das Projekt gesprochen. Der CO₂-Grenzausgleich ist mittlerweile beschlossen, die Umsetzung der Europäischen Klimabank ist derzeit aber noch schwierig. Dazu bräuchte es eine Mehrheit in der EU. Das Buch versteht sich dabei als Denkanstoß, wie man den Klimawandel mit wirtschaftspolitischen Instrumenten in den Griff bekommen könnte.

Sie sagen, es wäre bereits ein Kraftakt, die Idee EU-weit durchzusetzen – wie schwierig wäre es dann erst, eine globale Einigung zu erzielen?

Jonas Beer: Das ist sicher eine noch größere Herausforderung, wenngleich es auch erste Erfolge gibt. Im Dezember hat die G7 beschlossen, einen Klimaclub zu gründen.

Gut meinende Zeitgenossen zahlen freiwillig ein paar Euro mehr fürs Flugticket, damit ein Baum gepflanzt wird und sie das Gefühl haben, damit ihren CO₂-Ausstoß zu kompensieren. In Wirklichkeit braucht ein gepflanzter Baum Jahrzehnte, bis er die CO₂-Menge eines Flugs wettmacht. Alles Augenwischerei?

Jonas Beer: Bei Kompensationsmärkten gibt es in der Tat anders als beim Emissionshandel einige Probleme. Kompensationsmärkte zielen darauf ab, an einer Stelle mehr CO₂-auszustoßen und an einer anderen wieder einzusparen. Im besten Fall geht die Kompensationsrechnung gerade auf, im schlechtesten Fall wird sogar mehr CO₂ ausgestoßen. Wenn zum Beispiel die im obigen Beispiel gepflanzten Bäume bei einem Waldbrand abbrennen, dann wird die kompensierte Menge wieder freigesetzt. Die Kompensation war also nicht permanent. Kompensationen können teilweise bereits für fünf Euro pro Tonne erworben werden. Die Folgekosten der durch die Emissionen verursachten Schäden wies das Umweltbundesamt 2018 allerdings mit rund 180 Euro pro Tonne Kohlendioxid aus.

Sie plädieren für den Einsatz von Stammzellen, Vertical Farming und Insekten-Farming – inwiefern leistet das einen Beitrag, um das Artensterben zu stoppen?

Jonas Beer: Der Einsatz von Stammzellen ermöglicht es, wertvolle Regenwaldfläche zu retten. Man kann die Kaffeebohnen weltweit direkt ohne Kaffeeplantage wachsen lassen. Dadurch kann der Regenwald in den eingesparten Kaffeeplantagen zurückkehren. Dies lässt sich auch auf andere Pflanzen übertragen.

Welche klimatischen Bedingungen sind dafür erforderlich?

Jonas Beer: Kaffeebohnen aus Stammzellen könnte man auch in Deutschland wachsen lassen. Aktuell ist dies technisch noch sehr anspruchsvoll und viele verbinden den Ansatz mit der verpönten Gentechnik, obwohl die Zellen dabei gar nicht verändert werden. Fernseh-Philosoph Precht verspricht sich auch einen Durchbruch bei der Erzeugung von Fleisch aus Stammzellen, was aber noch sehr teuer ist …

Jonas Beer: … in Singapur kann man das bereits kaufen.

Sie sind Volkswirtschaftler, Ihr Vater ist Fondsmanager. Ist es nicht auch ein Webfehler im Kapitalismus, der zur Ausbeutung der natürlichen Ressourcen führt?

Jonas Beer: Die natürlichen Ressourcen wurden zu sehr beansprucht. Deshalb braucht der Kapitalismus Einschränkungen, so wie wir das in Deutschland mit der sozialen Marktwirtschaft im sozialen Bereich gemacht haben. Es ist an der Zeit, auch Beschränkungen für mehr Artenvielfalt und Klimaschutz einzuführen. Unter den meisten Volkswirtschaftlern ist es bereits Konsens, dass Wachstum allein nicht das Maß aller sein kann. Ich glaube, wichtig ist, dass wir stärker auf immateriellen statt materiellen Wachstum setzen.

Was verstehen Sie darunter?

Jonas Beer: Nehmen wir den Stadtverkehr mit seinen langen Stauzeiten. Eine Lösung wäre weniger Autos und mehr Car-Sharing in der Innenstadt. Dies reduziert den materiellen Vermögenswert aller Autos und erhöht den immateriellen Wert der Software hinter der Carsharing-App. Dafür brauchen wir technische Lösungen, um die Fahrzeuge entsprechend zugänglich zu machen.

Die Akzeptanz für das Teilen von Autos hält sich aber bisher in Grenzen …

Jonas Beer: Deshalb braucht es auch Begrenzungen in den Systemen, der Druck darf nicht nur auf den Individuen lasten. Wenn der Individualverkehr so teuer ist, wie die Kosten, die er verursacht, werden viele Leute auf andere Modelle umsteigen, wenn sie entsprechend kostengünstig bereitgestellt werden – wie das 9-Euro-Ticket bewiesen hat. Gerade Car-Sharing ist aber auch eher eine Lösung für den städtischen Raum, dafür ist es in ländlichen Regionen leichter regionale Produkte zu kaufen.

Auf nationaler Ebene ätzen Klima-Ignoranten, dass selbst eine heile Klimawelt in Deutschland kaum Auswirkungen auf das Weltklima hätte. Die Größe der Aufgabe verursacht Ohnmachtsgefühle – selten eine gute Motivation. Was kann dennoch jeder Einzelne etwas beitragen, statt zu resignieren?

Jonas Beer: Motivation entsteht aus kleinen Erfolgen. Wenn die Systeme besser funktionieren, es weniger Emissionen gibt, wird das Ziel einer CO₂-neutralen Wirtschaft greifbarer.

Gibt es tatsächlich nachhaltige Fonds oder ist das auch nur Greenwashing für umweltbewusste Anleger?

Jonas Beer: Die Berichtpflicht wird auf EU-Ebene strenger – gerade in der Abschätzung, welche Umweltschäden Unternehmen verursachen. Im Reporting-Bereich tut sich da einiges. Auf die Fondsbranche wird ein hoher Druck ausgeübt, nachhaltige Standards zu implementieren.

Wie zufrieden sind Sie bisher mit dem Verkauf Ihres Buches?

Jonas Beer: Ich bin mit einer Auflage von 4.000 Stück an den Start gegangen, konkrete Verkaufszahlen kann ich Ihnen aber leider nicht nennen. Da ich schon eine ganze Reihe positive Resonanz aus ganz Deutschland bekommen habe, gehe ich davon aus, dass es sich gerade im Weihnachtsgeschäft gut verkauft hat. Das Buch gibt es ja deutschlandweit in jeder Buchhandlung auch in Weiden.

Wann sind Sie mit dem Studium fertig und was ist Ihr Plan für danach?

Jonas Beer: Den Bachelor in Volkswirtschaft habe ich an der LMU München gemacht. Nach dem Buchprojekt mache ich jetzt noch meinen Master an der LMU und bin voraussichtlich 2024 fertig. Ich bin ja schon seit einiger Zeit in der Investmentfirma meines Vaters tätig. Die Firma hat vielfältige nationale und internationale Auszeichnungen erhalten. Für die Zukunft haben wir noch weitreichende Pläne. Auch wollen wir das Thema Nachhaltigkeit im Investmentbereich weiter voranbringen.

Gibt es da noch grünes Potenzial zu heben?

Jonas Beer: Man sollte immer bei sich selbst beginnen. Wir haben operativ bereits einiges verändert, sind mit unserer Geothermie und PV bei der Stromversorgung schon nachhaltig unterwegs. Elektroladesäulen kommen als Nächstes. 

Europäischer Klimaplan: Mit konkreten Lösungen zurück ins Gleichgewicht

Artensterben und Klimawandel sind die größten und drängendsten Probleme unserer Zeit. Beide Phänomene werden das Leben der Menschheit fundamental verändern und Wohlstand, Gesundheit und Möglichkeiten zukünftiger Generationen massiv beeinträchtigen – es sei denn, es gelingt uns, aus der Spirale immer weiter steigender CO₂-Emissionen und aus dem Niedergang der Biodiversität auszubrechen.

Dieses Buch will Wege aufzeigen, wie dem Klimawandel und dem Artensterben entgegengewirkt werden kann. Der Autor stellt ein von ihm entwickeltes stabiles Preissystem für den Emissionshandel vor, das die Folgen des Klimawandels und des Artensterbens berücksichtigt. Weitere riesige Chancen bieten der Einsatz von Stammzellen, Vertical Farming und Insekten-Farming. Sie zeigen: Die Lösungen für die Menschheit stehen längst bereit, es braucht nur ein Umdenken in gewissen Bereichen und eine konsequente Umsetzung.

Jonas Beer stellt die Schlüsselbausteine zur Lösung des Klimawandels und des Artensterbens vor, zeigt auf, wie ein Weg in eine nachhaltige Zukunft gelingen kann, und präsentiert konkrete Ideen, was jeder Einzelne von uns verändern kann, um die Welt nachhaltiger zu machen.

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