Razzien wie “bei Schwerverbrechern”? Mindestlohngesetz erzürnt Bauern und Gastwirte

Weiden. „Zwei Menschen sitzen an einem Tisch, wollen einen Vertrag schließen und werden von vorneherein kriminalisiert.“ Für Bundestagsabgeordneten Albert Rupprecht sind das die Auswüchse des Mindestlohngesetzes: „Dieses Misstrauen macht mich grantig.“

Die Kreisverbände Neustadt-Weiden und Tirschenreuth des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) hatten Rupprecht in die Geschäftsstelle eingeladen, um auf die Auswirkungen des am 1. Januar eingeführten Gesetzes auf landwirtschaftliche Betriebe aufmerksam zu machen. „Die neuen Regelungen betreffen uns Landwirte ganz gravierend“ sagte BBV Kreisobmann Josef Fütterer. Sein Tirschenreuther Pendant als Kreisobmann Ely Eibisch, ist gleich mehrfach betroffen. Er betreibt neben seiner Landwirtschaft eine kleine Gaststätte und einen Gewerbebetrieb. Kern des Anstoßes sind dabei nicht die 8,50 Euro Mindestlohn je Arbeitsstunde.

Ich zahle meinen Beschäftigten schon immer über 8,50 Euro

betonte Eibisch.

Bürokratisches Ausmaß nicht tragbar

Die Proteste richten sich gegen die Aufzeichnungspflichten. Das Mindestlohngesetz besagt, dass die gesamte Arbeitszeit, also Beginn und Ende sowie die Dauer aller Pausen zeitnah aufzuzeichnen sind. Gerade in den von der Natur abhängigen Branchen sei das so nicht umsetzbar. „Das bekommt ein bürokratisches Ausmaß, das für mich nicht tragbar ist. Wenn Aufgaben da sind, dann müssen sie gemacht werden“, so Eibisch. Entsprechende Schwankungen gäbe es bei der Arbeitszeit. Auf seinem Hof betrifft das aktuell seinen eigenen Sohn Daniel, der mitarbeitet und später den Betrieb übernehmen soll. „Wenn er gut ist, geht es schneller. Wenn es mal ein Problem gibt, dann dauert es eben länger“, so der Tirschenreuther Kreisobmann. Die strikten Arbeitszeitregelungen des neuen Mindestlohngesetzes ließen dafür nicht genügend Spielraum. Bei mitarbeitenden Familienangehörigen sei es zusätzlich schwierig, Arbeitszeit und Freizeit voneinander zu unterscheiden.

BBV Rupprecht 3 Zuschnitt
Die Arbeitszeitaufzeichnungen, die das neue Mindestlohngesetz verlangt, würde der Bayerische Bauernverband, vertreten durch die Kreisobmänner Josef Fütterer (Zweiter von links) und Ely Eibisch (rechts) am liebsten gleich in die Tonne treten. Mit Albert Rupprecht (links) haben sie einen Unterstützer gefunden. Bild: Grimm

DEHOGA: Freie Kost und Logis auf Mindestlohn anrechnen

Ebenso betroffen ist die Gastronomiebranche. Frank-Ulrich John, Geschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA), betonte, dass die Arbeitsabläufe im Gaststättengewerbe nicht immer planbar seien. „Bei uns ist es ähnlich, wie in der Landwirtschaft. Wenn Arbeit anfällt, muss sie gemacht werden.“ Die Mitarbeiter würden mehr am PC sitzen als sich um ihre eigentliche Aufgabe, den Dienstleistungen für die Gäste, kümmern zu können. Weiter fordert die Gaststättenbranche, dass freie Kost und Logis für die Mitarbeiter auf den Mindestlohn angerechnet werden können. „Die Bundesregierung hat das im Gesetzgebungsverfahren versprochen. Bis jetzt ist das Versprechen noch nicht eingelöst worden“, beklagte John.

Razzien mit schusssicheren Westen

Völlig überzogen seien vom Zoll durchgeführte Kontrollen zur Einhaltung des Mindestlohngesetzes. Die Beamten trügen sichtbar Waffen und schusssichere Westen, riegelten die Eingänge ab und würden Gäste zur Befragung festhalten. „Unsere Gäste wollen feiern und es sich gut gehen lassen.“ Das Vorgehen des Zolls sei für den Gastwirt zutiefst imageschädigend.

Arbeitsvertrag muss ausreichen

„Die Aufzeichnungspflichten sind absolut realitätsfern“, machte Rupprecht seine Haltung deutlich. Bauern- und Gaststättenverband sind sich einig, dass ein Arbeitsvertrag, in dem Arbeitszeit und Stundenlohn geregelt sind, den Anforderungen des Mindestlohngesetzes genügen müssen – ohne weitere Aufzeichnungspflichten. Bei Rupprecht stießen sie dabei auf offene Ohren. „Die jetzigen Vorgaben und bürokratischen Dokumentationspflichten sind nicht praxistauglich. Wir müssen wieder zurück zum Kern des Mindestlohns finden: Gute Arbeit muss ausreichend bezahlt werden“, erklärte Rupprecht, der den Druck auf Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles aufrecht erhalten will. Die Ministerin solle die kritisierten Regelungen per Verordnung zurückzunehmen, so die Forderung.

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