Ein Blick zurück: Faschingshochburg Etzenricht?

Etzenricht. Wer an Faschingspartys denkt, hat nicht unbedingt Etzenricht im Kopf. Doch in den Fünfziger- und Sechziger-Jahren war der Ort eine wahre Faschingshochburg. Der anstehende Schwarz-Rot-Gold-Ball soll die Etzenrichter wieder zu Faschingsfans machen.

Auch Tina Turner schaute schon beim Schwarz-Rot-Gold-Ball vorbei. Archivfoto: Rudi Walberer

Alleinstellungsmerkmal heißt auf mehrfache Weise das Stichwort, wenn es um die Ankündigung des Schwarz-Rot-Gold-Balls geht. Vor allem ist der Besuch der Fete die einzige Gelegenheit, in der diesjährig sehr kurzen Saison auf einem Faschingsball in der Ortschaft abzufeiern. Weit und breit gibt es andernorts keine andere Veranstaltung in dieser Konstellation, bei der die drei im Gemeinderat vertretenden Fraktionen CSU, SPD und UPW so eng zusammenarbeiten.

Kein Hermannsaal – kein Faschingsball?

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Die “Damen” im Tütü vertreten ihre Parteien beim ersten Schwarz-Rot-Gold-Ball im Jahr 2017. Archivfotos (10): Rudi Walberer
Auch in den frühen 200er Jahren gab es noch bunte Bälle in Etzenricht.
Auch in den frühen 200er Jahren gab es noch bunte Bälle in Etzenricht.

Das Experiment, eine zentrale und größer angelegte Faschingsveranstaltung zu reaktivieren, hat sich vom Zuspruch der letzten Auflagen her auf jeden Fall gelohnt – der Ball ist ein wahrer Besuchermagnet geworden. Vor rund 10 Jahren haben die Etzenrichter Vereine nach und nach aus diversen wirtschaftlichen und organisatorischen Gründen das Risiko gescheut Kapellen zu engagieren und Bälle zu organisieren. Dabei spielt eine gewichtige Rolle, dass der in den Fünfzigerjahren errichtete „Hermannsaal“ aus sicherheitstechnischen Gründen leider nicht mehr zur Disposition steht. Umso schöner, dass die Faschingstradition in Etzenricht wieder gelebt wird.

Bauernball und Büttenreden

Nur noch wenige ältere Bürgerinnen und Bürger waren in der „Faschingshochburg Atzariad“ selbst dabei, wenn der von der ganzen Umgebung geschätzte „Bauernball“ beim Gasthof Riebel, der „Laienspielerball“ mit den legendären Auftritten vom Etzerichter Humoristen und Ex-Zeitungs-Berichterstatter Hans Winter zur Teilnahme lockte. Winter zählte zusammen mit dem innovativen Gastwirt Hans Riebel und Karl Richtmann auch an vorderster Stelle zu den Leuten, die in den Nachkriegsjahren eine Faschingsfeier komplett nach rheinländischem Vorbild mit Elferrat, diversen Attraktionen und Büttenreden im ehemaligen Riebel-Saal kreierte.

Was darf bei keinem Faschingsball fehlen? Na klar: Die Gardemädchen. In Etzenricht tritt die Kohlberger Garde auf. Archivfoto: Rudi Walberer

Sportverein, Feuerwehr, Siedler, Gesangverein scheuten weder Kosten noch Mühen für Bälle, wurden zum Teil aber auch mit schwachen Besucherzahlen in ihrer Euphorie gebremst. Einen „Hausfasching“ leisteten sich früher auch die Ortsvereine sowie alle damals noch existierenden Wirtshäuser. Beim „Bauerösl“ gab es bis in den Siebzigerjahren einen „Kappenabend“.

Die CSU feierte zusammen mit dem ADAC. Beim „Hausner-Willi“ in der Bahnhofstraße, beim Putz, „Zur blauen Tanne“ oder beim „Paulus-Heiner“ im Ortsteil Radschin spielte die Musik, oft auch nur ein Alleinunterhalter, aber immer „live“. Kein Zapfhahn sprudelt mehr in diesen vier, einst beliebten Gaststätten. Im Heim Sankt Nikolaus stieg der Pfarrfasching und die Plattenparty für die junge Generation. Der „Weiberfasching“ durfte nicht fehlen, jedes Wochenende war mit Terminen gefüllt.

Tanzvergnügen1970 im Hermannsaal: Ex-Gemeinderat, SPD-Vorsitzenden
Tanzvergnügen1970 im Hermannsaal: Ex-Gemeinderat, SPD-Vorsitzenden “Herr” Kurt Höfer und die damalige Wirtin vom “Hausner-Wirtshaus”, Josefine Gottwald schwingen das Tanzbein. Archivfoto: Rudi Walberer
Schmid Boum 1977: Die als Juniorchefs auftretenden Schmid-Brüder Roland und Dietmar zusammen mit Frau Albrecht, der tüchtigen Oberbedienung im Hermannsaal
Schmid Boum 1977: Die als Juniorchefs auftretenden Schmid-Brüder Roland und Dietmar zusammen mit Frau Albrecht, der tüchtigen Oberbedienung im Hermannsaal
Josef Waldczok
und seine Schwägerin Marga Dick 1970 beim Tanzen im Herrmannsaal. Archivfoto: Rudi Walberer
Josef Waldczok und seine Schwägerin Marga Dick 1970 beim Tanzen im Herrmannsaal. Archivfoto: Rudi Walberer
2004 wurde zum Motto
2004 wurde zum Motto “Flowerpower” gefeiert Archivfoto: Rudi Walberer
Eine Gruppe Mafiosi tauchte beim Ball 2008 auf. Archivfoto: Rudi Walberer
Eine Gruppe Mafiosi tauchte beim Ball 2008 auf. Archivfoto: Rudi Walberer

Ende der Fünfziger-, Anfang der Sechzigerjahre bot sich eine einmalige Situation und Kooperation. Die beiden Gaststätten Riebel und Hermann boten ein gemeinsames Ticket an, das Treiben mit Musik und Tanz war damit in beiden Sälen wahl- wie wechselweise möglich. Der kurze Weg zu den zwei Eingangstüren war laut Überlieferung mit Tannenzweigen ausgelegt, damit die Schuhe auf der damals noch nicht asphaltierten Weidener Straße nicht schmutzig wurden.

Fasching vereint Parteien

2017 wurde der Hermannsaal aus bautechnischen Gründen stillgelegt. Seither kann dort kein Faschingsball mehr abgehalten werden. Hier macht die Band Freistaat einen letzten Soundcheck im Saal an Fasching 2017. Archivfotos (2) Rudi Walberer
2017 wurde der Hermannsaal aus bautechnischen Gründen stillgelegt. Seither kann dort kein Faschingsball mehr abgehalten werden. Hier macht die Band Freistaat einen letzten Soundcheck im Saal an Fasching 2017. Archivfotos (2) Rudi Walberer

Zurück zur Jetztzeit: Die „große Faschingskoalition“ aus CSU, SPD und UPW erwies sich als die richtige Initialzündung. Durch die breit angelegte Riege der Organisatoren und Vorbereiter aus allen Fraktionen waren die Plätze bei moderatem Eintrittsgeld schon im Vorverkauf reserviert. 2017 wurde die Idee erstmals in die Tat umgesetzt. Wie erwähnt, wurde in der Folgezeit der Saalbau stillgelegt, zumindest vorerst geparkt.

Die Hoffnung stirbt zuletzt, vielleicht findet sich ja noch ein Weg für eine Reaktivierung. 2018 folgte der Umzug der Narrenzunft in die Turnhalle der Ludwig-Meier-Volksschule. „Alle drei Parteien und die gemischten Teams haben super zusammen gearbeitet, wir können gemeinsam stolz auf das Funktionieren sein“, sagt Bürgermeister Martin Schregelmann mit Blick auf die bisherigen Events, die nur von der Pandemie unterbrochen wurden.

Eintritt wird gespendet

Anfang nächster Woche steigt unter dem Motto „… Die Party geht weiter!“, die Neuauflage in der Turnhalle auf dem Etzenrichter Kulturhügel. Die Tickets, es handelt sich wie gehabt um Platzkarten, werden exklusiv im EDEKA-Markt Götz angeboten. Der Eintrittspreis beträgt 9 Euro. Wie in den Vorjahren geht der Reinerlös an gemeinnützige Zwecke innerhalb des Orts. So wurden Spielplatzgerätschaften gestiftet, zuletzt ein „Defi“ für den Sportplatz mitfinanziert.

Los geht die Party am Samstag, dem 10. Februar ab 20 Uhr. Auf vielfachen Wunsch sorgt die Band „Freistaat Live“ für eine passende Musik und erneut für beste Stimmung. Die Gäste können sich überdies auf die Auftritte der rührigen Kohlberger Faschingsgesellschaft freuen. Mit dabei sind die „Señoritas“, die Prinzengarde und das Prinzenpaar.

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