Wirtschaftsclub Nordoberpfalz steuert durch Corona-Krise und Ukraine-Krieg

Weiden. Der Wirtschaftsclub Nordoberpfalz musste ein wenig Federn lassen. Zwei Todesfälle und vier Austritte schmälern trotz sechs Neuzugängen Gesamtumsatz und Mitarbeiterzahl. Trotzdem ist die Gesamtbilanz, die Präsident Anton Braun bei der virtuellen Jahreshauptversammlung präsentiert, beeindruckend.

Virtuelle Jahreshauptversammlung: Ein Rückblick auf ein schwieriges Jahr des Wirtschaftsclubs Nordoberpfalz. Screenshot: jrh

Wäre der Wirtschaftsclub Nordoberpfalz ein Konzern, stünde er mit seinen 38.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von rund 8 Milliarden Euro, die alle 170 Mitglieder zusammen ausweisen, nach Köpfen auf Platz 30 der größten Arbeitgeber Deutschlands – gleich auf mit der Hella GmbH (Lippstadt), hinter der Globus Gruppe (44.700 Mitarbeiter) und Deichmann SE (40.000).

Marke Nordoberpfalz

„Unser Altersdurchschnitt beträgt 59 Jahre“, beschreibt Vize-Präsidentin Cornelia Gebell die Struktur des Vereins. „Das ist auch in Ordnung, denn die U40 sind ja bei den Wirtschaftsjunioren organisiert.“ Diese Erfahrung wirft die vor 45 Jahren gegründete Vereinigung sämtlicher Branchen aus Dienstleistung, Handel, Handwerk, Industrie und öffentlicher Hand in die Waagschale, um die Gewinnerregion des vergangenen Jahrzehnts noch stärker zu machen.

Etwa durch die von langer Hand geplante und nun endlich vor der Umsetzung stehenden Marke Nordoberpfalz. „Wir sind gerade bei der Entwicklung einer App, die sich zur Markteinführung vor allem auf die Zielgruppe der Rückkehrer fokussiert“, erklärt Projektleiter Christian Fröhlich.

Da sämtliche Unternehmen händeringend nach Fachkräften suchen, müsse Know-how auch jenseits der Oberpfalz angesprochen werden. „Den Mehrwert der Region versuchen wir unter anderem mit Erfolgsgeschichten von Rückkehrern und Porträts attraktiver Gemeinden der Nordoberpfalz darzustellen,“ erklärt Fröhlich.

Clemens Bulitta, der neue OTH-Präsident, gibt die Richtung vor. Bild: Herda

OTH als wirtschaftlicher Akteur

Regional-Marketing mit akademischen Mitteln steht im Mittelpunkt des Impulsvortrags von Neumitglied Professor Clemens Bulitta. Der Präsident der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden skizziert die weiterentwickelte Rolle der OTH, die über die „Produktion von Humankapital“ hinausgehe. „Gerade in der schwierigen Konstellation bedingt durch die Pandemie und die weltpolitische Lage gilt das Motto, durch Denken bewegen umso mehr.“

Neben den klassischen Aufgaben der Hochschule wie bedarfsorientierter Ausbildung in enger Abstimmung mit den Unternehmen sowie Wissens- und Technologietransfer, gehörten inzwischen auch Anwendungsforschung, die Anwerbung ausländischer Studierender und deren Integration, die Offenheit für Quereinsteiger etwa aus dem Handwerk sowie lebenslanges Lernen mit zum Portfolio der OTH. Und auch bei den großen Themen unserer Zeit will Bulitta Akzente setzen: „Welchen Mehrwert können wir in puncto Energiewende und Digitalisierung generieren?“

Zwischen Hoffen und Bangen

Bei seinem Rückblick und Ausblick skizziert Präsident Anton Braun die Stimmungslage in der Nordoberpfalz zwischen Hoffen und Bangen. „Die wirtschaftliche Lage in Deutschland war zu Beginn des Jahres noch vielversprechend“, sagt Braun. Ein Anstieg des BIP von 2,7 Prozent nach der Rezession im Jahr zuvor, der Anstieg der Industrieproduktion und der Umsätze im stationären Einzelhandel hätten das Vorkrisenniveau überstiegen.

Nach den ersten drei Monaten des Jahres 2022 müsse man diese Momentaufnahme etwas revidieren. Mit einer galoppierenden Inflation gehe man ins dritte Corona-Jahr, die Bundesregierung befinde sich noch in der Findungsphase, bei der Debatte um die Entlastung von hohen Energiekosten seien erste Risse in der Ampelkoalition zu erkennen.

40 Jahre Wirtschaftsclub
Als gemeinsames Feiern noch möglich war: Rund 160 Festgäste feierten das 40-jährige des Wirtschaftsclubs. Archivbild: OberpfalzECHO

Offener Brief an Weidener Abgeordnete

„Dazu kommen als Begleiterscheinung permanente Lieferengpässe durch den verschärften Arbeitskräftemangel während der Pandemie, China schickt wegen seiner no-Covid-Strategie ganze Regionen in den Lockdown, von 100 in die USA importierten Containern kommen nur 40 zurück nach Asien.“ Vor allem der explosionsartige Anstieg der Energiepreise belaste die gesamte Wirtschaft schwer.

Der schreckliche Krieg, den wir alle nicht für möglich gehalten haben, und der vor allem unheimlich schlimm für die Menschen in der Ukraine ist“, lasse befürchten, dass die Lieferung von Energie gänzlich gestoppt werden könne. Im Geiste des Miteinanders appelliert Braun an die Mitglieder, ihre konkrete Situation inmitten dieser Energiekrise darzustellen: „Wir möchten unseren Bundestagsabgeordneten Uli Grötsch (SPD) und Albert Rupprecht (CSU) die schwierige Lage der Unternehmen in einem offenen Brief nahebringen.“

Globale und regionale Herausforderungen für die Nordoberpfalz

  • Klimawandel und Energiewende: zwischen Klimaschutz und Energiekrise
  • Folgen des demografischen Wandels besonders im ländlichen Raum
  • Fortlaufende Digitalisierung: Chancen durch 5G und Künstliche Intelligenz
  • Reifeprüfung für die EU: Wirtschaftliche und politische Relevanz eines einigen Europas
  • Drohende Handelskriege zwischen China, USA und Europa
  • Wertewandel: Ein verändertes Werteverständnis der Generation Z mit Betonung einer Work-Life-Balance führt zu Modellversuchen mit der 4-Tage-Woche
  • Arbeitslosigkeit in Weiden liegt bei 4,8 Prozent: 1145 Arbeitssuchenden in Weiden stehen 1019 offene Stellen im Stadtgebiet gegenüber – Angebot und Nachfrage decken sich dennoch nicht
  • Die Bauwirtschaft befindet sich weiter im Höhenflug bei steigernden Materialkosten
  • Stabile Industrie mit Sorge um Materialengpässe und Energiepreise,
  • Der Wirtschaft gehen die Flächen aus: Die Ablehnung des Gewerbegebiets Weiden West IV sei ein harter Schlag für Unternehmen auf Wachstumskurs Generation Z
  • Wohraummangel: Wohnungen für Mitarbeiter und Studierende fehlen besonders In der Stadt WeidenUkraine-Krieg: 179 Oberpfälzer Unternehmen haben Geschäftsbeziehungen zur Ukraine, 279 zu Russland.

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