Kreuzpartikel, Franzosenstein und Bahnhofstraum

Kemnath. Ein unverzichtbares Nachschlagewerk für Kemnath und das Umland sei das regionalhistorische Jahrbuch „Kemnather Heimatbote“: „Man kann hier schon von einer Institution sprechen“, urteilte Bürgermeister Roman Schäffler bei der Vorstellung des Jahresbandes 2023, der ab sofort im lokalen Buchhandel und im Heimat- und Handfeuerwaffenmuseum für vier Euro erhältlich ist.

Auf 108 Seiten deckt die vom Heimatkundlichen Arbeits- und Förderkreis (HAK) herausgegebene Jahresschrift auch diesmal ein breites thematisches Spektrum ab. Als zentrale Quelle für die Kastler Ortsgeschichte würdigte Bürgermeister Hans Walter die Pfarrchronik seiner Heimatgemeinde: Sie vermittele einen anschaulichen Eindruck vom Leben der Menschen in früheren Zeiten und dokumentiere insbesondere das ehedem reiche religiöse Brauchtum, wozu auch die Verehrung einer „Partikel des Heiligen Kreuzes Jesu“ und von Reliquien mehrerer weiterer Heiliger gehört habe.

Raub, Fahnenweihe, “Beruf Hausfrau”

Die Chronik bewahre auch das Andenken der pracht- und wertvollen Kastler Monstranz, die 1884 einem Raub zum Opfer gefallen sei. Die lokale Erinnerungskultur rund um die „Schlacht bei Kastl“ vom 26. August 1796, in deren Mittelpunkt der als „Franzosenstein“ bekannte, 1958 aufgestellte Gedenkstein an der Schulstraße steht, beleuchtet Arno Stahl. Über die Stadtgrenzen blickt auch HAK-Vorsitzender und „Heimatbote“-Schriftleiter Robert Schön mit seiner Rückschau auf die Fahnenweihe der Kulmainer Feuerwehr anno 1877 hinaus. Von ihm stammen außerdem eine reich bebilderte Würdigung des Kemnather Malers und Graphikers Gottlieb Scharff mit zahlreichen bislang unbekannten Arbeiten aus dem Fundus des Stadtarchivs sowie ein Streiflicht über den „Beruf Hausfrau“, dem erst vor 60 Jahren die überfällige behördliche Anerkennung als Berufstätigkeit zugestanden wurde.

Als Herzstück des Jahresbandes kann Schöns Dokumentation des „Wirtschaftsplans der Stadt Kemnath“ von 1954 gelten, der ein plastisches Bild der infrastrukturellen Modernisierung jener Jahre mit ihren bereits erzielten Erfolgen, aber auch den noch zu überwindenden Defiziten zeichnete. Bemerkenswert war, dass man damals noch mit dem Gedanken an einen Bahnanschluss spielte: Zwischen Kalvarienberg und Fortschau sollte der Bahnhaltepunkt an der schon 1920 angedachten Strecke von Kirchenlaibach nach Erbendorf seinen Platz finden.

Gruseliges Weihwasserbecken und

Fotokünstlerische Impressionen von der letztjährigen 575-Jahr-Feier der Stadtpfarrkirche bietet Rainer Sollfrank, das „gruselige“ Weihwasserbecken in der Kemnather Friedhofskapelle stellt Katrin Pasieka-Zapf vor, Andreas Peterek schildert die „Generalputz“-Arbeiten am Geologischen Erlebnisweg Kemnather Land, und wie stets beschließen die Jahreschroniken des Geschehens in HAK, Heimatmuseum und Region das Jahrbuch. Einig waren sich Bürgermeister Schäffler und Schriftleiter Schön, dass eine Fortführung der Schriftenreihe unbedingt wünschenswert sei, zumal der „Heimatbote“ Vereinen, Institutionen und Familien wertvolle Bausteine zur Schließung von Wissenslücken über die eigene Vergangenheit an die Hand gebe. Wer hierzu aufgrund eigenen Wissens und Forschens seinen Teil beitragen könne, sei als Autor willkommen.

Nicht unerwähnt ließ Robert Schön, dass an der Spitze des HAK heuer ein Wechsel anstehe und man für Bewerber, die willens seien, das seit der Vereinsgründung vor 45 Jahren Erreichte fortzuführen, offen sei. Die Hauptversammlung des Vereins ist für 27. April, 19 Uhr, im Gasthaus Fantasie anberaumt.

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