Messerangriff in Regensburg: Polizei prüft Hinweise auf Mitwisser

Regensburg. Nach und nach werden weitere Details zur Bluttat im Bezirkskrankenhaus Regensburg öffentlich. Der 14-Jährige trug zur Tatzeit eine Fußfessel. Die Ermittler prüfen derzeit, ob es Mitwisser oder Unterstützer gab.

Gegen 9 Uhr postete der Tatverdächtige ein Selfie mit Fleischermesser auf Instagram. Acht Follower drückten auf “gefällt mir”. Screenshot: Christine Ascherl

Oberstaatsanwalt Sebastian Murer, Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft München, bestätigt auf Nachfrage von OberpfalzECHO, dass der Tatverdächtige “zur Gefahrenabwehr” durch eine Fußfessel überwacht worden war. Dabei handelte es sich laut Murer um eine polizeiliche Maßnahme. Laut medbo-Sprecherin Kerstin Erbrich gebe es im Rahmen der Unterbringung “verschiedene Übungs- und Erprobungsstufen, bei denen wir eng mit den zuständigen Behörden zusammenarbeiten”.

Opfer (63) war Lehrer

Laut Murer wird derzeit davon ausgegangen, dass der 14-Jährige seine beiden Opfer nicht gezielt ausgesucht hat. Der Jugendliche aus dem Landkreis Neustadt/WN hatte auf einem Flur zunächst einen Mitarbeiter (63), dann einen siebenjährigen Patienten mit einem Fleischermesser angegriffen. Der 63-Jähriger ist als Lehrer im Bezirkskrankenhaus tätig. Neben der Kinder- und Jugendpsychiatrie gibt es eine “Schule für Kranke”, an der die dort behandelten Kinder Unterricht erhalten.

Die Kinder- und Jugendpsychiatrie in Regensburg verfügt über drei Bereiche: eine Institutsambulanz; eine Tagesklinik, wo die Kinder morgens gebracht und nachmittags geholt werden; eine stationäre Abteilung. Der Siebenjährige war Patient der Tagesklinik. Der 14-Jährige war stationär im geschützten (geschlossenen) Bereich untergebracht. An der “Schule für Kranke” im Nachbargebäude werden Kinder und Jugendliche aus allen Bereichen in kleinen Gruppen unterrichtet. Der Angriff ereignete sich am Donnerstag, einem Schultag, gegen 9.30 Uhr.

Eine der zentralen Fragen: Wie kommt der 14-Jährige an ein Messer?

Ob sich die Tat in der Schule zugetragen hat, dazu wollte Oberstaatsanwalt Murer keine Angaben machen. Wo sich der tödliche Angriff konkret abgespielt habe und wie es dazu kommen konnte, sei Gegenstand der laufenden Ermittlungen. Auch zum Messer gibt es nichts Neues: “Ebenfalls ist eine der zentralen Fragen, wie der Beschuldigte zu einem Messer kam und ob es im Vorfeld der Tat Mitwisser oder Unterstützer gab.” 

Der 14-Jährige hatte kurz vor der Tat auf Instagram ein Foto gepostet, dass ihn vor einem Spiegel in einem Waschraum zeigt. In der Hand hält er ein großes Fleischermesser. Titel des Posts: “Revenge.” Acht seiner Follower drückten auf “gefällt mir”.

Gerade auf Social Media waren Gerüchte übel ins Kraut geschossen, die beim Tatverdächtigen Migrationshintergrund vermuten. Dem ist nicht so. Murer dazu: “Bei dem Beschuldigten handelt es sich um einen deutschen Staatsbürger.” Auch die Geschädigten hätten keinen Migrationshintergrund.

In Chatgruppen aufgefallen

Die Ermittlungen wurden zwar von der bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) die Ermittlungen übernommen. Grund dafür war, dass der Beschuldigte einschlägige Chatgruppen in Messenger-Diensten nutzte. Er habe sich Anfang des Jahres als Strafunmündiger intensiv mit der Planung und Durchführung von schwersten Gewalttaten beschäftigt, so Oberstaatsanwalt Murer.

Konkret plante der 13-Jährige einen Anschlag auf eine Schule. Bei Durchsuchungen bei ihm und einem Freund (ebenfalls 13) hatte die Polizei im Haushalt des Freundes Sprengstoff gefunden, über den ein Angehöriger aus beruflichen Gründen verfügte. Dieser Freund galt nur als Mitläufer. Der Hauptdrahtzieher der Amok-Pläne wurde auf richterlichen Beschluss in der geschlossenen Abteilung der Kinder- und Jugendpsychiatrie untergebracht.

medbo: “Psychiatrie ist keine Vollzugsanstalt”

“Das Bezirksklinikum Regensburg und speziell die Kinder- und Jugendpsychiatrie in Regensburg ist in erster Linie eine Klinik und keine Vollzugsanstalt”, erklärt Sprecherin Kerstin Erbrich auf Anfrage. Eine beschützende psychiatrische Station sei vergleichbar mit einer Intensiv-Station einer somatischen Klinik und unterscheide sich deutlich von einer Jugendvollzugsanstalt oder ähnlichem.

Die Patienten wiesen ein besonders schweres Krankheitsbild auf und bedürften einer besonderen medizinischen, therapeutischen und pflegerischen Betreuung, so Erbrich. Zum Beispiel durch Abschirmung von äußeren Belastungen, Sicherheit gebende und verlässliche Strukturen, intensive Bezugspflege sowie intensive Überwachung bei Selbst- und Fremdgefährdung.

Die Behandlung erfolge durch multiprofessionelle Teams – “absolute Experten, wie die Ausnahmesituation am 26. Oktober nochmal besonders eindrucksvoll gezeigt hat”. Mehrere Mitarbeiter hatten den Täter überwältigt, ein 23-Jähriger erlitt dabei Verletzungen. “Grundsätzlich haben alle anwesenden Kolleginnen und Kollegen der KJPP Regensburg unser größter Respekt und Dank. Sie haben in dieser extrem fordernden Krisensituation beeindruckend souverän gehandelt. Schnell, professionell und mit klarem Kopf.” 

Schrittweise Erprobungsstufen

Die Art der Unterbringung beziehungsweise des Aufenthaltes werde von Fall zu Fall entschieden. Die Unterbringung auf einer beschützenden Station erfolge in der Regel auf Veranlassung der Polizei und nach richterlichem Beschluss. “Im Rahmen dieser Unterbringungsform gibt es verschiedene Übungs- und Erprobungsstufen, bei denen wir eng mit den zuständigen Behörden zusammenarbeiten.” Das Ziel sei immer die Verbesserung des Gesundheitszustandes und Wiedereingliederung in den Alltag.

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