Smart Farming: So geht moderne Landwirtschaft heute
Püchersreuth. Drohneneinsatz zur Schädlingsbekämpfung, Agrarroboter beim Unkraut-Jäten und Insekten- statt zum Beispiel Schweinemast. Spannende Themen standen auf dem Programm des Agrartags, den die Volksbank Raiffeisenbank Nordoberpfalz organisiert hat.
Drohnen steigen auf, um den gefährlichen Maiszünsler zu bekämpfen. Agrarroboter „Dino“ befreit GPS-gesteuert die Gemüsefelder vom Unkraut. Das Smart Farming ist in der modernen Landwirtschaft längst angekommen. Über die Einsatzmöglichkeiten der Hightech-Technologie berichteten jetzt Experten beim Agrartag, zu dem die Volksbank Raiffeisenbank Nordoberpfalz ins Hotel Igl eingeladen hatte. Das Interesse war groß, die Stühle bis auf den letzten Platz besetzt.
Und noch ein spannendes Thema stand auf der Agenda. Wie wäre es anstatt Schweine, Insekten zu mästen? Mit Tobias Söltl war einer der Pioniere aus dem oberbayerischen Reichertshofen in die Oberpfalz gereist, um diese etwas andere Art der proteinreichen Erwerbsquelle vorzustellen.
Maiszünsler breitet sich weiter aus
Was der Borkenkäfer für die Waldbauern ist, ist der Maiszünsler für die Ackerbau-Landwirte. Die Raupen dieses Schädlings vernichten jährlich im Schnitt rund vier Prozent der Maisernte weltweit. Auch in der Region wird seit gut 15 Jahren ein stetiges Ausbreiten dieses Kleinschmetterlings beobachtet. Doch anstatt die chemische Keule zu schwingen, für die man bei der Bevölkerung keinerlei Sympathiepunkte gewinnen kann, setzt man auf eine biologische Schädlingsbekämpfung.
Das Zauberwort heißt Trichogramma, eine stecknadelkopfgroße Schlupfwespe, die sich mit großem Appetit auf den Zünsler stürzt. Und so funktioniert es: die Larven des Nützlings parasitieren nach dem Ausbringen die Eigelege des Schädlings. Der kann sich nicht mehr entwickeln. Statt Maiszünslerlarven erblicken neue Schlupfwespen das Licht der Welt.
Kapseln mit Schlupfwespeneiern werden abgeworfen
Um diese Nützlinge einfach und wirkungsvoll auszubringen, steigen GPS-gesteuerte Drohnen auf. In bestimmten Abständen werden über dem befallenen Feld Kapseln mit Schlupfwespeneiern abgeworfen. Die Landwirte müssen sich aber deswegen nicht zu Drohnenpiloten ausbilden lassen. Die BayWa bietet diesen Service an und greift dabei auf spezialisierte Dienstleister zurück, wie Tobias Maier, Produktspezialist „Neue Technologien“ der BayWa betonte.
„Hier kommen ja keine Hobbydrohnen zum Einsatz“, macht er deutlich. Die Fluggeräte, die bei der Schädlingsbekämpfung durch die Luft schwirren, bringen samt Ladung locker 18 Kilogramm auf die Waage. Dafür braucht es neben einer Registrierung auch einen speziellen Führerschein. Sie werfen pro Hektar rund 100 Kapseln aus Zellulose oder Maisstärke ab. In einer Stunde befliegen sie rund zehn Hektar.
Agrarroboter im Einsatz
Maier schlug noch ein weiteres Smart-Farming-Kapital auf. Immer öfter sind selbstfahrende, mit Kameras und GPS gesteuerte Agrarroboter unterwegs. Sie beseitigen Unkraut zum Beispiel auf Gemüsefeldern, in Christbaumplantagen oder Weinbergen – eine Riesenerleichterung gerade im Sonderkulturbereich, wo noch viel Handarbeit gefragt ist, aber kaum mehr Arbeitskräfte zu bekommen sind. Doch diese Hightech-Maschinen sind nicht gerade billig. Je nach Größe und Ausstattung muss man bis zu 220.000 Euro dafür ausgeben.
Gehört Insektenmast die Zukunft?
Den Hof übernehmen, und wie geht es dann weiter? Vor dieser Frage stand auch Tobias Söltl (39) aus Reichertshofen. Im elterlichen Betrieb wurde in der Vergangenheit einiges ausprobiert: Ochsenmast, Pferdepension und Hopfenanbau. Die Pferdepension gibt es noch immer, dafür ist sein Vater zuständig. Als Hofnachfolger hatte er aber selbst nach einer nachhaltigen und innovativen Alternative gesucht.
Er hat das Mästen von Insekten für sich entdeckt und mit Agritech Solutions auch ein eigenes Unternehmen gegründet. Ein Markt mit Zukunft. Das Bevölkerungswachstum auf der Erde steigt immer weiter an und wird bis 2050 die zehn Milliarden-Grenze überschritten haben. Gleichzeitig nehmen aber die Anbauflächen kontinuierlich ab. Laut Szenario der Vereinten Nationen müssten dann jährlich 265 Millionen Tonnen zusätzliches Protein produziert werden. Gerade Insektenproteine könnten hier einen wichtigen Versorgungsbeitrag leisten.
Larven der Schwarzen Soldatenfliege
Söltl mästet die Junglarven der Schwarzen Soldatenfliege. Gefüttert werden sie mit zugelassenen organischen Reststoffen, wie etwa Gras oder Gemüsereste. Innerhalb von sieben Tagen erhöht sich ihr Gewicht um das 250-fache. Sie werden danach getrocknet, zu proteinreichem Insektenmehl verarbeitet und an Schweine, Fische und Geflügel verfüttert. Aus einer Tonne Frischmasse gewinnt man 250 Kilogramm Mehl. Der Marktpreis pro Tonne liegt bei 3500 bis 4000 Euro.
Auch wenn die Zahlen vielversprechend sind: „Die Insektenmast ist zwar brutal spannend, aber beileibe kein Selbstläufer“, warnt Söltl. Man muss für so eine Anlage schließlich tief in die Tasche greifen. Je nach Anzahl der Klimakammern, in denen die Larven gemästet werden, muss man zwischen 1,4 und 2,3 Millionen Euro locker machen. Und schließlich steht die Insektenmast erst noch am Anfang – mit vielen Chancen, aber auch mit Risiken.
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