Tierschutzgerechte Hundeerziehung: Veterinäramt klärt auf und gibt Tipps

Nordoberpfalz. Hunde müssen leiden, wenn ihre Besitzerinnen und Besitzer aus Unwissenheit, Ratlosigkeit oder mangelndem Verständnis ihr Tier falsch behandeln. Viele Leiden von Hunden können vermieden werden, wenn Menschen, die sich einen Hund anschaffen, diesen von Anfang an seinen Bedürfnissen und seinem Wesen entsprechend erziehen und behandeln. Das Veterinäramt NEW klärt dazu auf und gibt wertvolle Tipps.

Symbolbild: Stefan Neidl

Tierärzte oder Amtstierärzte werden immer wieder mit Hunden konfrontiert, die die Opfer falscher Erziehungsmethoden geworden sind. Im Extremfall wird ein Hund einem Tierarzt zum Einschläfern vorgestellt, weil er zum Beispiel das eigene Frauchen gebissen hat. Welches vermeidbare Schicksal der Hund vorher durchlitten hat, aufgrund schmerzhafter Erziehungsmethoden oder –mittel, bleibt oft im Dunkeln.

Es gilt zu verstehen, dass ein Hund, der seinen Besitzer gebissen hat, oft nur aus Leiden und Verzweiflung heraus mit Aggression auf eine ihm vorher angetane aggressive Erziehung reagiert. Der Einsatz von tierschutzwidrigem Zubehör in der Hundeerziehung kann mit dauerhaften oder sogar lebenslangen erheblichen Schmerzen, Leiden und Schäden der Tiere verbunden sein. Aus Sicht des Tierschutzes muss jede Ausbildung nach Erkenntnissen moderner, tierschutzgerechter Lerntheorien mit positiver Bestärkung und ohne Druckausübung und Schmerzzufügung erfolgen.

Mit Positivität und Geduld zu erstaunlichen Leistungen

In der modernen Hundeausbildung wird mit positiver Verstärkung gearbeitet. Unerwünschtes Verhalten wird entweder gegenkonditioniert mit erwünschtem Verhalten oder „gelöscht“, das bedeutet, das Fehlverhalten wird ignoriert. Und weil es leichter und erfolgreicher ist, einem jungen Hund etwas zu lernen, als zu versuchen, Erziehungsfehler wieder rückgängig zu machen, sollte die Erziehung eines Welpen von Anfang an durch einen einfühlsamen Hundetrainer begleitet werden, der diese modernen positiven und freundlichen Lerntheorien vermitteln kann, sozusagen einen „Hundeflüsterer“.

Welche wundervollen und erstaunlichen Leistungen Hunde vollbringen können, die liebevoll, mit Geduld und eher spielerisch ausgebildet werden, zeigen zum Beispiel vierbeinige Agility-Künstler oder Rettungshunde bzw. Suchhunde.

Tierschutzwidrige Methoden und Geräte

Die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz, ein anerkanntes führendes Expertengremium, warnt eindringlich vor tierschutzwidrigem Zubehör, wie zum Beispiel Elektrohalsbändern.
Das deutsche Recht verbietet bei der Ausbildung, der Erziehung und dem Training von Hunden Stachelhalsbänder oder andere für Hunde schmerzhafte Mittel zu verwenden.

§ 3 Tierschutzgesetz verbietet, ein Gerät zu verwenden, das durch die direkte Stromeinwirkung das artgemäße Verhalten eines Tieres erheblich einschränkt und dem Tier dadurch nicht unerhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt.

§ 2 Tierschutz-Hundeverordnung verbietet Erziehungsgeräte für Hunde, die in ihrer Wirkung auf einem schmerzinduzierten Strafreiz beruhen: „Es ist verboten, bei der Ausbildung, bei der Erziehung oder beim Training von Hunden Stachelhalsbänder oder andere für die Hunde schmerzhafte Mittel zu verwenden.“

Obwohl die Anwendung von Stromreizgeräten verboten ist, sind diese Geräte aufgrund des freien Handelsverkehrs in Europa leider frei verkäuflich.

Körperliche und psychische Schäden bei Hunden durch tierschutzwidrige Strafen

Beim Einsatz von Elektroreizgeräten als Strafe, um ein unerwünschtes Verhalten zu unterbinden, besteht ein großes Risiko:

  • Körperliche oder psychische Schäden am Tier können nicht ausgeschlossen werden.
  • Die Hund-Mensch-Beziehung leidet (ähnlich wie eine Eltern-Kind-Beziehung, wenn die Kinder körperlich bestraft werden)
  • Die Wirksamkeit eines solchen Gerätes beispielsweise bei Hunden mit ausgeprägtem Jagdtrieb muss außerordentlich hoch sein und verursacht dann in der Regel starke Schmerzen.
  • Deutliche Wesensveränderungen sind gerade bei sensiblen Hunden möglich.
  • Es besteht das Risiko unkontrollierten Verhaltens infolge der plötzlichen Reizeinwirkung (z.B. panikartige Flucht, Aggression gegen zufällig anwesende Personen oder Tiere).
  • Unbeabsichtigtes Auslösen der Fernbedienung kann zu Fehlverknüpfungen und damit
  • nachhaltigen Verhaltensproblemen führen.

Fehlverknüpfungen zwischen dem Strafreiz, und dem Ort, Geräuschen, Objekten oder Personen (inclusive Halter) sind möglich und können Verhaltensprobleme auslösen oder verschlimmern. Ein effektives Lernverhalten ist für den Hund dann kaum oder nicht möglich. Wenn in der Folge der Strafreiz als willkürlich empfunden wird, erhöht sich der Stresslevel des Tieres enorm und kann bis zur erlernten Hilflosigkeit führen.

Generelles Verbot von Elektroreizgeräten zum Tierschutz bestätigt

Mit sanfter Erziehung kann der gewünschte Effekt (Gehorsam, Bewegung) in der Regel auch durch andere, schonendere Mittel, die ein Leiden des Tieres ausschließen, erreicht werden.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 23.02.2006 entschieden, dass der Einsatz von Elektroreizhalsbändern, die nach Ihrer Bauart geeignet sind, Tieren nicht unerhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen, verboten ist, soweit dies nicht nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften zulässig wäre. Solche Ausnahmevorschriften gibt es aber nicht! Daraus ergibt sich ein generelles Verbot von Elektroreizgeräten.

Beim Verbot kommt es nicht mehr auf die konkrete Verwendung der Geräte im Einzelfall, sondern darauf an, ob sie von ihrer Bauart und Funktionsweise her geeignet sind, dem Tier nicht unerhebliche Schmerzen zuzufügen. Das sind praktisch alle handelsüblichen Geräte die eine Stromwirkung zeigen. Das ist bei Teletaktgeräten der Fall; dasselbe gilt für Bell-Stopp-Geräte und Arealbegrenzer.

Nach § 18 Tierschutzgesetz kann mit hohen Bußgeldern bestraft werden, wer einem Wirbeltier ohne vernünftigen Grund erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt. An einem vernünftigen Grund fehlt es bei Elektroschocks, da es nahezu immer möglich ist, den Hund durch schonendere Mittel zu beeinflussen (z.B. im Wald an der langen Leine führen, um ihn vom Jagen abzuhalten). Auch Erfolge bei Wettkämpfen oder Meisterschaften sind kein vernünftiger Grund, einem Hund im Training dafür Schmerzen zuzufügen. Daher gibt es explizite Verbote in §3 Tierschutzgesetz auch für den Hundesport.

Weitere tierquälerische „Erziehungshalsbänder“ sind

  • Stachelhalsbänder
  • Halsbänder mit Ultraschall
  • Halsbänder mit mit Luftdruck- oder Sprühgeräten
  • „Endloswürger“: Ein Halsband ohne Stopp oder nicht korrekt eingestelltem Stopp (Freies Atmen muss jederzeit sichergestellt sein) ist tierschutzwidrig.
    Ein verstärkter Zug wirkt bei zu starkem Zuziehen des Halsbandes direkt auf Kehlkopf, Luftröhre und die Blutversorgung ein und kann zu nachhaltigen körperlichen Schädigungen (z.B. Atemnot, Erhöhung des Augendrucks) bis hin zur Strangulation führen.
  • Halsrahmen mit Nägeln Es ist schwer vorstellbar, was in Menschen vorgeht, die im „Hundesport“ sogar Halsrahmen mit nach innen zeigenden Nägeln einsetzen, um ihren Hund in eine bestimmte Körperhaltung zu zwingen und sich dafür selbst auf einem Siegertreppchen zu sehen.
  • „Erziehungs“-Geschirre mit Zugwirkung unter den Achselhöhlen Diese Erziehungsgeschirre übertragen die Zugwirkung mechanisch auf dünne Schnüre auf den Bereich der Achselhöhlen. Diese schmerzinduzierte Strafwirkung soll den Hund vom Ziehen an der Leine abhalten. Neben dem Schmerz können durch sie mechanische Wirkung auf der sehr empfindlichen Haut in diesem Bereich nässende Ekzeme und Entzündungen entstehen.

Tierschutzwidrige Verwendung von Hundeboxen oder Hundekäfigen (außer beim Transport)

Gerade bei Welpen und Junghunden werden Hundeboxen regelmäßig tierschutzwidrig verwendet, da die oft mit der Erziehung der Hunde überforderten Halter die Hundeboxen missbräuchlich als „Erziehungshilfe“ oder als „Parkplatz“ für ihre Hunde verstehen und einsetzen. Essenziell für die tierfreundliche Verwendung von Hundeboxen als Rückzugsort ist die freie Entscheidung des Tieres, diesen Ort aus eigenem Antrieb aufzusuchen und die Möglichkeit, diesen auch jederzeit wieder verlassen zu können. Die Unterbringung, bzw. das Einsperren eines Hundes in einer verschlossenen Box kann deshalb nicht als Anbieten eines sicheren Rückzugsortes bezeichnet werden.

Die Haltung von Hunden in geschlossenen Transportboxen ist tierschutzwidrig. Die Unterbringung von Hunden in Boxen schränkt die Bewegungsmöglichkeit und das Erkundungs- und Sozialverhalten erheblich ein.

Rückzugsmöglichkeit für ängstliche Hunde

Für ängstliche Hunde ist der Rückzug aus dem Blickfeld von Personen oder anderen Tieren für ihr Sicherheitsbedürfnis zwar notwendig, aber beispielsweise bei einer Drahtgitterkäfigbox nicht möglich, ebenso können die Tiere ihre eigene Flucht- bzw. Individualdistanz nicht aktiv vergrößern. Die nachteiligen Auswirkungen einer Unterbringung in der Box auf das Wohlbefinden von Hunden können zu tierschutzrelevanten Belastungen führen, wenn der Hund beispielsweise die Kontrolle über seine Umgebung verliert und sich Sinnesreizen weder entziehen noch annähern kann.

In der Folge können Verhaltensstörungen (wie etwa aggressives oder ängstliches Verhalten, Trennungsangst) entstehen oder verstärkt werden, was die Gesundheit des Hundes langfristig beeinträchtigen kann. Bei unbeaufsichtigten Fluchtversuchen kann es zudem zu mitunter erheblichen Verletzungen kommen. Durch den Stress des Eingesperrtseins können sich beispielsweise Angst, Platzangst oder Aggression verstärken und zu echten Verhaltensstörungen entwickeln. Diese bedeuten für das betroffene Tier zum einen erhebliche Leiden und können zum andern sogar zu einer Abgabe des Tieres führen, wenn der Besitzer damit überfordert ist.

Einfühlsames Training für eine glückliche Hund-Mensch-Beziehung

Von zahlreichen tragischen Einzelschicksalen und auch herzerweichenden Geschichten mit einem Happy End kann in unserem Landkreis z.B. die Hundeschule von Herrn Sigmund Gilch in Waidhaus berichten. Von dem erfahrenen Hundefachmann, der auch das Landratsamt schon öfters im Tierschutz unterstützt hat, wurden schon viele Hunde gerettet, die wegen angeblicher Aggressivität eingeschläfert werden sollten, und die nach einfühlsamem Training mit ihren neuen Frauchen oder Herrchen zu liebenswerten und dankbaren Hunden in glücklichen Familien wurden.

Jedem, der sich das erste Mal im Leben auf das wundervolle Abenteuer Hund einlässt, sei ein guter Hundetrainer empfohlen. Die Auswahl an Kursangeboten ist groß und eine gute Gelegenheit, in netter Atmosphäre andere Hunde und gleichgesinnten Menschen kennenzulernen. Gerade für die Sozialisation ist es wichtig, dass junge Hunde viele verschiedene positive Kontakte zu anderen Hunden und unterschiedlichen Menschen haben.

Suche nach dem geeigneten Hundetrainer

Wer mit seinem Hund nach einem geeigneten Hundetraining sucht, soll bei der Auswahl auf sein Herz und sein Bauchgefühl hören. Achten Sie darauf, dass der Trainer mit modernen sanften Methoden arbeitet. Nur in hundefreundlicher Atmosphäre kann auch der Mensch wirklich glücklich sein. Sollten Sie irgendwo negative Beobachtungen oder Erfahrungen gemacht haben, dass Hunde mit Maßnahmen „erzogen“ werden, die für die Tiere mit erheblichen körperlichen oder psychischen Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind, wenden Sie sich bitte an die lokalen Veterinärämter.

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