Zehn Mann in einem “Mazda 5”: Schleuser vor Gericht

Weiden/Waidhaus. Ein Schleuser (32) quetschte bei einer Fahrt von Bratislava zur deutschen Grenze zehn Landsleute in einen ganz normalen Pkw. Jetzt kassierte er ein Urteil.

Das Schleuserfahrzeug, fotografiert von der Bundespolizei. Die Rücksitzbank war ausgebaut. Hier saßen neun Personen. Foto: Bundespolizei Waidhaus

Die Fahrt ging über 500 Kilometer. Die Rücksitzbank des “Mazda 5” war ausgebaut, im Kofferraum gab es zwei selbst gebastelte Notsitze. Gurte? Fehlanzeige. Es war ein heißer Sommertag 2023. Ein Passagier bekam während der Fahrt einen Ohnmachtsanfall. Ihm wurde etwas Wasser ins Gesicht geschüttet, dann ging es weiter.

Der Schleuserfahrer büßt dafür wegen lebensgefährdender Schleusung mit einer Haftstrafe. Das Schöffengericht am Amtsgericht Weiden verhängt am Dienstag 2 Jahre 3 Monate. “Jeder Unfall hätte zum Tod dieser Menschen führen können”, sagt Richter Hubert Windisch. Punkten kann der 32-Jährige nur mit seinem vorbehaltlosen Geständnis.

Schuldenerlass für Schleuserfahrt

Der Dolmetscher ist praktisch überflüssig. Der Syrer spricht sehr gut Deutsch. Ein Blick auf die Vita: Warum biegt ein vielversprechender junger Mann “falsch ab”? 2015 war der Angeklagte nach Deutschland gekommen, Schule, Sprachzertifikat, Führerschein, Ausbildungsstelle als Kfz-Mechaniker. Diese Lehre brach er ab: “Die Schule war zu schwierig.”

Seither schlägt er sich durch, mehr schlecht als recht. Zuletzt verlor er die Wohnung und schlief im Auto, das er sich für 1500 Euro auf Pump gekauft habe. Der Autoverkäufer habe immer wieder Druck gemacht und ihm schließlich den Deal vorgeschlagen: eine Schleuserfahrt – und dafür Schuldenerlass.

Schon der 32-Jährige selbst war illegal mit Schleusern ins Land gekommen. Seine Route führte 2015 über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn, Österreich nach Deutschland. Die jetzt von ihm Geschleusten kamen auf einer nördlicheren Strecke über Ungarn und die Slowakei.

Einer der Passagiere wurde ohnmächtig

Der Angeklagte pickte sie in Bratislava auf. Den Standort habe er kurz davor per Google-Maps erhalten. Er nahm alle Zehn mit, die am Treffpunkt standen. Der Jüngste war 20, der Älteste 30. Die Fahrt (“nie schneller als 100”) ging durch Tschechien, der Wagen passierte die deutsche Grenze über den Autobahnübergang Waidhaus. Kurz danach war Schluss: Am Parkplatz Ulrichsberg kontrollierten Bundespolizisten das Auto – und staunten nicht schlecht.

Neben der erstaunlichen Zahl an Passagieren kam für den 32-Jährigen noch einiges zusammen: Er hatte gerade wegen Alkohol am Steuer seinen Führerschein verloren. Seine Aufenthaltserlaubnis war abgelaufen. Und der Mazda, zur Verfügung gestellt vom Organisator, war nicht angemeldet und trug gestohlene Kennzeichen.

Familie durch Bürgerkrieg verstreut

Seit Juli 2023 sitzt der Syrer in Untersuchungshaft. Besuch bekommt er nur von einem Bruder, der auch in Deutschland lebt. Der Rest der Familie ist in alle Winde verstreut: zwei Schwestern sind in Syrien, zwei Brüder in Katar, einer in Dubai, einer in der Türkei. “Ich habe einen Fehler gemacht”, sagt der 32-Jährige in seinem letzten Wort. “Er ist der Dumme, den es jetzt erwischt hat”, sagt sein Anwalt Matthias Haberl. Die Drahtzieher, die richtig Geld verdienen, sitzen woanders. Pro Person zahlten die Passagiere ab der Türkei 4500 bis 7000 Euro. Der 31-Jährige bekam 150 davon.

Das Gericht bleibt mit 2 Jahren 3 Monaten an der unteren Grenze. Richter Windisch: “Sie haben sich hier sehr anständig bekommen. Wir haben hier schon anderes erlebt.”

Schleuser vor Gericht: Das Schöffengericht unter Vorsitz von Hubert Windisch verhandelte gegen einen 32-Jährigen. Foto: Christine Ascherl
Schleusung Mazda Amtsgericht Bundespolizei
Der “Mazda 5” – ein Raumwunder. In einem solchen Pkw schleuste ein Schleuserfahrer zehn Männer zwischen 20 und 30 Jahren. Symbolfoto: Creative Commons

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