Homeschooling: Ein Wunsch, der alle eint

Grafenwöhr. Interaktiver Unterricht, leere Video-Bildchen, Leihlaptops und Chats für Fragen - das ist der Alltag zahlreicher Schüler und Schülerinnen aber auch der Lehrenden. Wie gut funktioniert das Homeschooling bei den Grafenwöhrern? Wir haben uns mal umgehört.

Das Klassenzimmer der 4a ganz für sich allein, haben Klassenlehrerin Kerstin Schröder und Lehramtsanwärterin Nicola Putzer am frühen Morgen. Denn die Schüler und Schülerinnen sind im Homeschooling. Bevor der Online-Unterricht über eine Chat-, Konferenz- und Videoplattform beginnen kann, werden letzte Vorbereitungen getroffen. 

Schröder erklärt ihren Plan für die Woche: In Mathematik stehen Längenumrechnungen an, in Deutsch sollen Zeitformen geübt werden und im Heimat- und Sachkundeunterricht geht es um das sichere Fahrradfahren mit Fahrradhelm. Dafür erklärt sie ihren Schülern in zwei Liveblöcken à 60 bis 90 Minuten pro Tag die Theorie.

Dazu müssen die Schülerinnen dies eigenständig mit Übungsaufgaben einstudieren. Diese liegen in “analogen Päckchen” im Eingangsbereich des Schulhauses für die Woche parat und können dort abgeholt werden. 

Das Klassenzimmer der 4a haben Klassenlehrerin Kerstin Schröder (links) und Lehramtsanwärterin Nicola Putzer ganz für sich allein – die Schüler sind aber online dabei. Foto: Stefan Neidl

Interaktiver Unterricht

Nach Beginn der Online-Konferenz werden die 23 Schüler und Schülerinnen namentlich aufgerufen, ob denn alle da sind. In den seltensten Fällen liegt eine Abwesenheit daran, dass die Schüler verschlafen haben, erklärt Schröder – meist sind es Verbindungs- oder Softwareprobleme. Den Schülern ist freigestellt, ob sie ihre eigene Kamera aktivieren – der Datenschutz lässt grüßen. Darum erscheint oft nur ein schwarzes Bild mit dem Namen der Kinder auf dem großen White Board im Klassenzimmer. 

Um sicher zu stellen, dass die Schülerinnen dann auch noch da sind und um sie bei Laune zu halten, gestaltet Schröder ihren Unterricht interaktiv. Das heißt, sie macht gerne mal ein Frage-Antwort-Spiel zu den Themen. Die Nachbereitung kann dann alleine oder in einem privaten Chat-Room mit einem Partner erfolgen. Die Ergebnisse können als Datei oder Foto hochgeladen werden, wo Schröder diese in Echtzeit kontrollieren kann.

Digitale Errungenschaften dürfen nicht wieder verschwinden

Vom Stoff ist Schröder so weit wie in einem normalen Schuljahr auch, erklärt sie. Aber eins vermisst sie und das geht ihren Schülern genauso: Sie vermisst die Nähe zu einander, den Augenkontakt, ritualisierte Vorgänge, den persönlichen Umgang. Darum ist für sie auf Dauer der Präsenzunterricht alternativlos. Gleichzeitig wünscht sie sich für eine Nach-Corona-Zeit, dass das ganze Digitale nicht wieder in der Schublade verschwindet, sondern ein Baustein für zukünftigen Unterricht werden soll. 

Lehramtsanwärterin Nicola Putzer ist seit September im Referendariat mit der Fächerkombination Kunst und Sport. Anstelle von Turnübungen stellt sie nun Links von Online-Übungen in die Klassengruppe. Die Click-Zahlen verraten ihr, dass die Schüler diese auch tatsächlich ansehen.

Klar fehlt ihr der Präsenzunterricht in ihrer Ausbildung, aber sie gibt sich zuversichtlich: “Ich werde von der Schule stets ermutigt, viel neues auszuprobieren und meine Erfahrungen eben digital zu sammeln.” Schröder lobt sie als Digitalexpertin, die den Unterricht so bereichert und die Kenntnisse der Lehrer eben ergänzt.

Paula Findling und ihre Mama Melanie vor dem Laptop im Unterricht mit Lehrerin Annika Heising. Paulas Bruder lauscht von gegenüber. Foto: Stefan Neidl.

Chatten statt Handheben

Paula Findling ist 13 Jahre alt und besucht die 8. Klasse der Grund- und Mittelschule bei Lehrerin Annika Heisig. Für sie hat das Homeschooling Licht und Schatten. Sie vermisst ihre Freunde, darum wird viel im Internet besprochen: “Das soziale Leben findet jetzt eben online statt.”

Sie findet es auch schwieriger Fragen zu stellen. Diese schreibt man nun per Text und wartet auf Antwort, anstelle einfach die Hand zu heben. Aber sie lobt die Lehrer für deren Einsatz und Verständnis. Auch merkt sie, dass die Toleranz bei Terminen deutlich größer ist.

Paulas Mutter Melanie arbeitet als Köchin im Kindergarten und auch ihr Mann ist berufstätig. Für Melanie ist es ein Glück, dass ihr Schwager und der Großvater gleich jeweils nebenan wohnen und so immer jemand bei der Aufsicht unterstützen kann. Dennoch räumt sie ein, dass es für Eltern im Augenblick weniger Freizeit als zu normalen Schulzeiten gibt.

Paula hat noch einen 8-jährigen Bruder und eine 18-jährige Schwester – deshalb hat die Familie einen Leihlaptop von der Schule bekommen um nicht drei Geräte selbst haben zu müssen.

Summer Kastenmeier hat ein Leih-Tablet von der Schule bekommen, um sich den Laptop nicht mit ihrer Schwester teilen zu müssen. Foto: Stefan Neidl

“Dass Corona endlich vorbei ist.”

Die 8-jährige Summer Kastenmeier tat sich anfangs schwer mit dem Online-Unterricht. Sie besucht die Klasse 3b bei Lehrerin Ingrun Allwardt und räumt ein, dass ihr das Lernen in der Schule leichter fällt. Sie hat von der Schule ein Leih-Tablet erhalten, damit sie sich mit ihrer Schwester am Gymnasium in Eschenbach nicht um das Heim-Notebook streiten muss.

Mittlerweile hat sie sich mit der Situation arrangiert und hätte kein Problem, wenn der Lockdown länger dauert. Und doch vermisst sie ihre Freunde und den sozialen Kontakt der im Augenblick nur aus Chatten und Telefonieren besteht. Sie wünscht sich darum sehnlichst eins: “Dass Corona endlich vorbei ist.” Einen Wunsch, den wohl alle sehnlichst teilen.

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