Auftakt der Literaturtage: Walter Sittler mit Dieter Hildebrandt-Texten

Weiden. Die Weidener Literaturtage starteten mit einem Highlight: Der Kabarettist Walter Sittler gab in der Max-Reger-Halle Texte von Dieter Hildebrandt zum Besten.

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Walter Sittler erfüllte mit seinem Dieter-Hildebrandt-Abend alle Wünsche seines Publikums. Foto: Martin Stangl

Dieter Hildebrandt und die Stadt Weiden hatten eine liebevolle Liaison, die der vor fast elf Jahren verstorbene Kabarettist immer gerne thematisierte. Nach dem Krieg in Windischeschenbach „gestrandet“, erwarb er an der damaligen Oberrealschule (heute Kepler-Gymnasium) das Abitur und zog danach weiter in die Landeshauptstadt München.

Gerne besuchte er immer wieder Weiden. Das allerletzte Mal war er als Künstler bei den Weidener Literaturtagen im Jahr 2012 zu Gast, also ein Jahr vor seinem Tod. Damals brillierte er im Neue-Welt-Kino unter anderem mit seinem legendären Rentner-Rap. Was lag also näher, als den legendären Kabarettisten mit seinem künstlerischen „Alter Ego“ nochmals auf die Bühne zu rufen.

Endlich „Dieter-Hildebrandt-Straße“ in Weiden

Bevor aber das Hildebrandt-Double Walter Sittler loslegen durfte, begrüßte das Organisationstrio Sabine Guhl, Stefan Voit und Hans-Jürgen Gmeiner das erwartungsfreudige Publikum. Seitens der Regionalbibliothek und Sprecherin des Organisationsteams der Weidener Literaturtage, bedankte sich Sabine Guhl herzlich bei allen Helfern der Weidener Buchhandlungen Thalia und Rupprecht sowie der Regionalbibliothek.

Der designierte Vorsitzende der Weidener Kulturbühne Hans-Jürgen Gmeiner zeigte sich überrascht, dass der Saal mit fast 200 Zuhörern bis auf den letzten Platz besetzt war. Er versprach, das Kulturangebot in Weiden weiter auszubauen. In die gleiche Kerbe schlug das Vorstandsmitglied der Kulturbühne Weiden, Stefan Voit: „Kultur ist zwar eine freiwillige, kommunale Leistung. Aber sie ist unbedingt notwendig für das Oberzentrum Weiden.“ Die immerhin zwei Stadträte (von 41) hörten den großen Applaus der Kulturinteressierten als eindrucksvolle Bestätigung dieses Statements.

Erneut brach Stefan Voit darüber hinaus eine Lanze dafür, in Weiden eine Straße nach dem großen Künstler zu benennen: „Eine Sackgasse reicht ja. Weil Dieter Hildebrandt sich ja gerne auch abseits des Mainstreams bewegte.“

Dieter Hildebrandt genießen

Schon bei den ersten Worten von Walter Sittler fühlte man sich in die Bühnenzeit von Dieter Hildebrandt zurückversetzt. Gestik, Mimik und vor allem der Sprachduktus stimmten. Man hatte das Gefühl, „da vorne spricht der Meister selbst“. Witzig, spritzig und bissig, das waren die Markenzeichen des wortgewaltigen Kabarettisten. Genau so kam auch sein ‘Sprachrohr aus dem Diesseits’ herüber. Nicht ein einziges Mal verhaspelte sich Walter Sittler und gab dem Publikum das Gefühl, dass Hildebrandt selbst am Mikrofon saß.

Die von Sittler vorgetragene Dankesrede von Dieter Hildebrandt, anlässlich der Verleihung des „Erich-Kästner-Preis“, eröffnete schließlich das rhetorische Feuerwerk an diesem Abend. Alleine in dieser Hildebrandt-Hommage an Erich Kästner spürt man die Verachtung gegenüber dem Nazi-Regime, die zeitlebens die Kabarettprogramme von Hildebrandt beherrschten.

Dieter Hildebrandt alias Herbert Wehner: „Ihr Lob trifft mich nicht“

Highlights des Abends waren sicherlich die von Sittler perfekt vorgetragenen Redeparodien über Helmut Kohl und Herbert Wehner. Der von Hildebrandt wenig ernst genommene Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl („Birne“) erwachte kabarettistisch in der Parodie des Kinderliedes „Der Mond ist aufgegangen“. Die immer wieder Kohl-typische Publikumsanrede „Meine Damen und Herren, liebe Freunde“, kunstvoll eingestreut in den Kinderliedtext, trieb dem Publikum Tränen des Lachens in die Augen.

Spätestens die bissige Parodie einer Laudatio-Erwiderung von Herbert Wehner ließ Walter Sittler mit seinem kabarettistischen Vorbild vollends verschmelzen. Überhaupt waren die Texte zeitlos und bis zum heutigen Tag aktuell: „Lindner hat keinen Dreck am Stecken! Er ist der Dreck am Stecken!“ Oder: „Alleine durch ihren Rücktritt erfüllen bayerische CSU-Minister ihren Amtseid, Schaden vom Volk abzuwenden!“ Gekonnt ließ Walter Sittler den Kabarettisten Hildebrandt aus der Corona-Zeit sprechen oder bezeichnete die ‚ewig grinsende‘ EU-Kommissionspräsidentin alias ‘Renten-Uschi’ oder ‘Flinten-Uschi’ als ‘Europa-Uschi’.

Lust auf Literaturtage

Der lediglich als Rahmenprogramm bezeichnete Abend „Dieter Hildebrandt – Ich bin immer noch da“ erwies sich als Vorabhöhepunkt in Zusammenarbeit mit der Weidener Kulturbühne. Dank sei dem grandiosen Walter Sittler ausgesprochen, der durch Textauswahl und engagierter Darbietung viel Vergnügen bereitete. Das Publikum dankte mit großem Applaus. Literaturtage, jetzt könnt ihr kommen!

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