Bockboanig [ˈbɔkbaɪ̯nɪç]: Die braune Flut wird kommen…
Nordoberpfalz. Nostradamus, Alois Irlmaier und der Mühlhiasl – in diese illustre Runde gesellt sich jetzt der Schmiererfranzl. Und der sagt (beziehungsweise schreibt) jetzt voraus, was die Menschen 2024 erwartet. Eine Glosse am Rande des Wahnsinns und auch ein bisserl darüber hinaus.
Der Bayerische Ministerpräsident wünschte sich auf dem Politischen Aschermittwoch die „gute alte Sozialhilfe“ zurück, die Grünen konnten gar nicht tagen, weil die notleidende Bauernschaft das trotz jahrelanger armutsbedingter Mangelernährung mit den letzten Kraftreserven verhinderte und die Sozialdemokraten? Naja, wenn das der anderen eine saftige Fischsemmel mit viel Zwiebel war, dann war der Auftritt in Vilshofen ein fair gehandelter, lappiger Toast mit veganem Aufstrich. Wirklich schmackhaft ist das alles nicht. Oder kurz zusammengefasst, frei nach dem großen Dieter Hildebrand: „Da weiß ich gar nicht, wo ich mir hinfassen soll, der Kopf ist mir zu schade dafür.“
Die Brandmauern bröckeln, Zeit für den „Bankabräumer“
Nachdem in diesem Jahr bereits Mitte Februar fast alle Brandmauern in Politik und Gesellschaft eingerissen sind, stehe ich an einem gefährlichen Scheideweg – weiter moralisieren und anmahnen oder einfach resignieren? Vielleicht hilft die Flucht in den Wahnsinn oder man wandelt auf den Spuren der großen Seher und Mystiker, so wie ich. Wie schon mein Kollege Matthäus Lang („Mühlhiasl“) prophezeite: „Der letzte Krieg wird der Bankabräumer sein.“ Was ist, wenn es sich beim Bankabräumer um den uns alle umfassenden „Ungeist der Zeit“ handelt?
„Wir mit der AfD? Niemals!“
Der Mühlhiasl ahnte ja sogar schon die Metrosexualität voraus: „Wann ma Mandl und Weibl nimmer auseinanderkennt“ – ich setze noch eine aktuelle politische Vision drauf: Die Parteien mit dem Herrgott im Namen werden sich von ihm abwenden und dem Boandlkramer folgen, der aussieht wie der Lehrer Lempel von Wilhelm Busch, aber brandgefährlich ist. Sie werden mit gespaltener Zuge wie die Nattern sprechen und den Menschen frech ins Gesicht lügen – nichts wollen sie angeblich mit den braunen Wiedergängern zu tun haben, und doch werden sie Sachen sagen wie „Eine Kooperation im Bereich der Sachthemen auf Länderebene muss in einer Demokratie möglich sein.“
Und schon werden sie gemeinsam marschieren. So wird sich auch die bürgerliche Mitte mit einreihen, die Herzen leer und die Hosen voll. Die Menschen werden politisch unendlich interessiert sein und deshalb aus der Anonymität heraus gestalten. Sie seien angeblich so müde und verdrossen, die Demokratie langweile sie und störe die völlig überdrehte Work-Life-Balance.
Schändung des Grundgesetzes
Dem schönen alten Grundgesetz wird deshalb in diesem Jahr mit schmutzigen Fingern von allen Seiten ganz unappetitlich in die Hose gegriffen. Die Leut‘ werden sich aufführen wie die Axt im Walde und es „Zivilen Ungehorsam“ nennen, vermutlich, weil sie das in einem Kurzvideo gesehen haben. Die anständigen Menschen werden währenddessen versuchen, den Laden am Laufen zu halten, damit das Gemeinwesen nicht zusammenkracht. Dafür wird die Mehrheit halt keine Zeit haben.
Aber es wird am Hightech-Standort Deutschland auch gute Nachrichten geben, beispielsweise in der Landmaschinentechnik. Fendt, John Deere & Co. bieten ihre Modelle 2024 auch mit MG-Lafette an. Die Menschen finden es 2024 gut, dass sich die Bauern wehren und zeigen sich solidarisch. In diesem Jahr werden Aldi, Lidl und die restlichen Billig-Discounter übrigens wieder Rekordzahlen schreiben (frei nach Gerhard Polt: „Muss denn eine Solidarität immer ein Geld kosten?“)
Apropos günstiges Angebot – ich sehe noch etwas: Die Stadt München wird ein ganz spezielles Schnäppchen für Hochzeitsgesellschaften und Feiergruppen anbieten. Weil eine Buchung storniert werden wird, können diese den historischen Rathausbalkon am 19. Mai mieten.
Keiner kennt mehr den anderen
Jeder wird nur noch in seine Hand schauen, nicht rechts, nicht links, nicht auf den Mitmenschen. Alle anderen werden mehr haben, alles geschenkt bekommen ohne jede Anstrengung und der Einzelbürger wird der alleinige Gralshüter der Wahrheit sein. Und der Herr sprach „verbreite diese Wahrheit – auf allen Kanälen, überall wo du kannst, es muss ja nirgends dein Name dabei stehen. Sei neidisch, missgünstig und gönne deinem Nächsten nicht das Schwarze unter dem Nagel!“ Seine Jünger werden ihm auch 2024 gehorchen. Aber sie werden auch viel Humor haben, denn sie machen sich lustig über die Armen, Schwachen und die, die sich nicht wehren können. Alles andere könnte zu Widerrede führen und das wäre dann ja nicht mehr lustig.
Glück gehabt
Die ach so erbosten Bürgerinnen und Bürger werden Folgendes auch heuer nicht lernen, obwohl man das doch als strammer und besorgter Einwohner dieses Landes wissen müsste – es heißt Deutschland und nicht „Deitschland“. Bücher werden zwar nicht mehr brennen, aber ungelesen verstauben, ebenso wie die Kinder in den Schulen. Die Welt wird in Flammen stehen, aber es wird sie nicht interessieren, weil sie ja da dann Gott sei Dank im Urlaub sind.
Alles, was in den letzten Jahrzehnten schiefgegangen ist, werden sie schon längst vergessen haben (man beachte: Futur II) und ebenso, wer die wirkliche Schuld daran trägt. Die Wahrheit, die Vernunft und den Anstand werden sie ablegen wie einen löchrigen Rock und erstrahlen in ihrem neuen Glanze. Dabei werden diese Freigeister nicht bemerken, dass sie spießiger sind als es ihre Eltern und Großeltern jemals waren.
Ein Hoffnungsschimmer zum Schluss
Alois Irlmaier, der „Seher von Freilassing“, soll auf dem Totenbett gesagt haben: „Ich bin froh, dass der Herrgott mich sterben lässt. Jetzt brauche ich das, was ich voraussehe, nicht mehr erleben.“ ich befürchte, ich leider schon. Die einzige Hoffnung besteht darin, dass ich noch nicht einmal ein Fußballergebnis richtig getippt habe, vielleicht haben wir Glück und es ist hier genauso.
In diesem Sinne, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, ich wünsche ein gesegnetes Jahr 2024!
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