Bockboanig [ˈbɔkbaɪ̯nɪç]: Steht auf. Habt keine Angst.

Nordoberpfalz. Das war also 2022, deshalb ist es also auch für mich Zeit für den obligatorischen Jahresrückblick. Und so begeben wir uns auf die Suche nach den Highlights, Menschen, Schwachsinn und persönlichen Aufregern des abgelaufenen Jahres.

Manche Menschen kann man einfach nicht mögen. Foto: Ann-Marie Zell

Wir erinnern uns vielleicht – vor nicht allzu langer Zeit lagen wir pappsatt unter dem Weihnachtsbaum und feierten den Geburtstag eines ganz ungewöhnlichen Revoluzzers. Der war echt cool und auch mitunter nicht zimperlich. Also flott die (verbale) Geisel geschwungen.

Und Jesus ging zum Tempel Gottes hinein und trieb heraus alle Verkäufer und Käufer im Tempel und stieß um der Wechsler Tische und die Stühle der Taubenkrämer.Die Bibel, Matthäus 21:12

Kein schlechter Ansatz, aber man stelle sich vor, was die Besucher des Tempels heute dazu sagen würden:

  • Skandal! Das kostet wieder Arbeitsplätze in der Finanzindustrie.
  • Habs schon gepostet.
  • Wir haben Fachkräftemangel – der findet doch als Zimmermann leicht eine Stelle. Dann ist er abends müde und muss nicht randalieren.
  • Immerhin hat er sich nicht festgeklebt.
  • Das geht mich nichts an. Ich hab nichts gesehen.

Und schon ist die gute Botschaft, die Kraft, die ihr innewohnt, wieder zerredet, zerpflückt und weichgespült. Aber so geht es ja scheinbar immer in unserer Gesellschaft. So auch 2022.

Id(iot)ole des Jahres 2022

Auch in diesem Jahr gab es wieder ein wahres Füllhorn an Menschen, die einen gelinde gesagt auf die Palme bringen – welch ein bunter Reigen an Arroganz, Überheblichkeit und kognitiver Dissonanz. Aber sie sind letztendlich doch auch nur ein Produkt unserer Gesellschaft. Beispiel gefällig? Einen absoluten Spitzenplatz in meiner persönlichen Arschgeigenparade nimmt Elon Musk ein.

Wie kein anderer verkörpert er alles, was mich so oft und immer wieder anwidert. Was könnten man eigentlich mit 146 Milliarden Dollar anfangen? Vielleicht völlig neue Autos bauen? Langweilig. In den Weltraum fliegen? Alter Hut. Und außerdem laangweilig. Oder mal was ganz Verrücktes machen und eine Vogerl-Firma kaufen? Die haben einen auch nicht so lieb, wie man das anordnet. Definitiv megalaaangweilig.

Wenn jetzt aber einer sagen würde “Wie wärs, so einen und seine Kumpels zu enteignen und das Geld nutzen, um gravierende Probleme unserer Welt anzupacken”, was wäre die Antwort? Sozial ungerecht, Arbeitsplätze, geht nicht! Oder kurz zusammengefasst: Kenn ma net, woll ma net, hamma ja no nia gmacht.

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US-Automobil- und Weltraum-Unternehmer investiert hohe Summen in Online-Medienunternehmen in Nordostbayern.

“Wes Brot ich ess, des Lied ich sing”…

Zurück nochmals zu den beiden Protagonisten des vorhergegangenen Textes, ich muss das präzisieren. Daraus resultiert doch die Erkenntnis, dass Jesus Christus und Elon Musk so viel gemeinsam haben: Ungestüme Vordenker, von Gott gesandt und beide sind schon in den Himmel aufgefahren…

XXX EILMELDUNG XXX

Der Deal eines US-Automobil- und Weltraum-Unternehmers, der ursprünglich hohe Summen in Online-Medienunternehmen in Nordostbayern investieren wollte, ist geplatzt. Knapper Kommentar des Investors: “Too buck-boned”.

Wokeness, kulturelle Aneignung & Pippis Papa

Auch 2022 blühte wieder der Stock im Gesäß des Deutschen Michels. Und dass es hier auch in den nächsten Jahren nicht an Nachwuchs mangelt, zeigt für mich exemplarisch die Ausladung einer Liedermacherin von einer Kundgebung von Fridays for Future in Hannover. Ihr nicht zu akzeptierendes Vergehen: Sie trug Dreadlocks und machte sich so der “Kulturellen Aneignung” schuldig. So geht also Spießer 4.0. Liebe Kids, bitte aufpassen, denn wer im Schatten gutbürgerlicher Gartenzwerge aufgewachsen ist, wird vielleicht mal selbst einer.

Doch diese Posse ist leider nur die Spitze der Eisberg:in, gefolgt von raumgreifenden kommunalen Debatten über Toiletten für das dritte Geschlecht, Gendersternchen und der Diskussion, ob eine hochdekorierte weiße Übersetzerin das Gedicht einer 16-jährigen Afroamerikanerin ins Niederländische übertragen darf.

Auch ich bin der Meinung, dass das N-Wort aus den Kinderbuch-Klassikern heraus sollte – es ändert schließlich nichts an der Story, wenn Efraim Langstrumpf ab sofort Südseekönig ist. Aber anstatt dann irgendwann mal wieder mit Augenmaß zu agieren, machen wir wieder das, was wir am besten können: Es gnadenlos bis weit über die Schmerzgrenze hinaus zu übertreiben.

Sägen am Weihnachtsbaum und Festkleben als Mittel zivilen Ungehorsams

Satire kann selbstverständlich etwas bewirken, aber sie sollte beabsichtigt sein. Das kann man leider von zahlreichen Tomatensoßen- und Festklebeaktionen nicht mehr behaupten. Viel mehr amüsieren uns doch dabei die Spottvideos und Hohnbilder, die die (a)sozialen Medien aktuell fluten. Und vor lauter Lachen vergessen wir dann die Klimakatastrophe und den fossilen Wahnsinn unserer Zeit. Schade, denn das wären doch genau die Dinge, auf die uns die “Last Generation” mit den Aktionen aufmerksam machen wollte. Sauber ins eigene Knie geschossen.

Fazit: Eines eint sie alle, denn sie haben im Grunde genommen vollkommen recht, aber sie konterkarieren ihre völlig richtigen Themen durch genau diese Überspitzungen.

Die Menschen 2022

Friedrich Merz ist kein Mensch 2022. Die wirklichen “Menschen 2022” bleiben wie jedes Jahr namenlos. Es sind die, die sich in der Pflege abrackern und im Ehrenamt unsere Gesellschaft mit am Laufen halten, “Die gute Haut” von nebenan, die lustigen Kinder, die Schneeflocken fangen und die nette alte Dame, die einem das Gefühl gibt, ein Held zu sein, nur weil man ihr die Türe aufgehalten hat.

Mein Wunsch 2023

Zum Abschluss möchte ich nochmals diesen wunderbaren Jesus von Nazareth zitieren: “Steht auf. Habt keine Angst.” Das wäre mein Wunsch für das neue Jahr – dass die Menschen, die stark sind, genau das mit viel Empathie zu denen sagen, die am Boden liegen. Und auch entsprechend handeln. Dann können wir mit Leuten wie Musk & Merz das machen, was ihnen am meisten weh tut: sie einfach auslachen.

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