Kripo-Betriebswirtin sagt aus: Wo sind die Millionen hin?

Weiden. Reisen, Schmuck und eine Nanny: Vor Gericht kommen am Mittwoch die Privatausgaben der Angeklagten auf den Tisch. Eine Kripo-Angestellte beleuchtet die Geldflüsse der WSW.

Schöne Schuhe. Der Angeklagte Ralf K. trägt auch vor Gericht immer Anzug. Foto: Martin Stangl

Die Polizeiangestellte ist gelernte Bankkauffrau und Betriebswirtin (VWA). Die 43-Jährige hat die Konten ausgewertet. Zusammengefasst: Von Arbeitgebern gingen 13,5 Millionen Euro bei der WohnSachWerte eG ein. Sie überwiesen in gutem Glauben vermögenswirksame Leistungen für ihre Beschäftigten.

Von diesen 13,5 blieben 2,5 Millionen auf dem WSW-Konto und wurden für Betriebsausgaben wie Löhne und Miete verwendet. 731.000 Euro flossen an den Sohn (30), den ITler des Unternehmens.

Unterhalt und Kindermädchen

Der dickste Brocken – 10,1 Millionen Euro – ging von der WSW auf das Konto des Aufsichtsratsvorsitzenden Ralf K. Von diesem Betrag überwies dieser etwa 6,9 Millionen Euro Provisionen an bundesweite Vertriebsagenturen weiter. 500.000 Euro gingen an Privatpersonen, die teilweise auch Vertriebler waren.

Andere Einnahmen hatte Ralf K. laut Kripo “weitestgehend” nicht. Von dem Geld wurden auch private Ausgaben vorgenommen, grob zusammengezählt etwa 2 Millionen Euro. Eine Unterscheidung in privat und betrieblich ist nicht immer möglich, manchmal aber glasklar. So flossen die Unterhaltungszahlungen für einen Sohn von Ralf K. aus erster Ehe von diesem Konto. Auch das Kindermädchen für den jüngeren Sohn wurde mit diesem Konto bezahlt. Die Nanny erhielt 136.000 Euro in vier Jahren.

Abu Dhabi für 28.000 Euro

“Weiterer auffälliger Punkt waren hohe Barauszahlungen”, sagt die Polizeiangestellte. Innerhalb von gut vier Jahren wurden 320.000 Euro bar abgehoben. “Ebenfalls auffällig waren relativ hohe Lebenshaltungskosten.” Für 140.000 Euro wurde bei Amazon eingekauft. Die Kripo erwähnt einen Abu-Dhabi-Urlaub mit Hotelkosten von 28.000 Euro und dort getätigte Einkäufe (Kleidung, Schmuck) in Höhe von 30.000 Euro.

“Wie viel Unrechtsgehalt steckt in diesen Zahlen?”, fragt Vorsitzender Richter Peter Werner: “Es ist nicht strafbar, Geld, das man verdient, für sich zu verwenden.” Eine Bewertung will die Polizeiangestellte nicht vornehmen. Die WSW hatte mit Ralf K. lukrative Provisionsverträge geschlossen.

Und obendrauf: Corona-Soforthilfe

Weitere Einnahme der WSW waren etwa 350.000 Euro an “Förderdarlehen” von sechs privaten Anlegern. Sie haben ihr Geld bis heute nicht oder nur teilweise wieder bekommen. “On top” kassierte die Genossenschaft staatliche Corona-Soforthilfe und eine staatliche Inklusionsprämie (insgesamt 22.000 Euro).

Was blieb am Ende übrig? Nicht viel. Auf dem Hauptkonto von Ralf K., auf das 10 Millionen Euro von der WSW geflossen waren, lagen zum Zeitpunkt der Festnahme noch 287.000 Euro. Auf dem WSW-Konto waren von 13,5 Millionen Euro vermögenswirksamen Leistungen noch 443.000 Euro übrig.

Nächster Prozesstag ist der 4. Dezember (Steuerberater und Ermittlungsrichter). Am 6. Dezember wird als Zeuge der Vertriebspartner aus Winsen an der Aller erwartet.

Interessante Einzelposten

  • Ralf K. kaufte bei der KaDeWe-Group eine Uhr für 13.200 Euro. Sein Anwalt Michael Haizmann verwahrt sich dagegen, dass dieser Kauf unter “privater Lebenshaltung” rangiert: “Diese Uhr ist dem Bereich Vermögensbildung zuzuordnen.” Auch Anwalt Meyer stößt sich an der Einordnung mancher Ausgaben als “Lebenshaltung”: “Und dann steht wieder in der Zeitung, dass für Lebenshaltungskosten eine Million ausgegeben wurde.”
  • Reisen waren nach Angaben der Kripo-Betriebswirtin ein großer Kostenfaktor. So habe das Paar 2021 rund 41.000 Euro für Reisen ausgegeben. Im März 2022 schlägt das Hotel in Abu Dhabi mit 29.000 Euro zu Buche. Im selben Monat wurden 32.000 Euro für Bekleidung ausgegeben.
  • 136.000 Euro gingen in den vier Jahren an das Kindermädchen der Familie, das den kleinen Sohn betreute.
  • 320.000 Euro wurden bar abgehoben. Es ist nicht nachvollziehbar, zu welchem Zweck dieses Barabhebungen verwendet wurde.
  • Für 138.000 Euro kauften die Angeklagten bei Amazon ein. Es ist nicht nachvollziehbar, was gekauft wurde. Anwalt Jörg Meyer, der Tina K. verteidigt, stößt sich daran: “Haben Sie mal überprüft, ob das Amazon-Konto vielleicht ein betriebliches Konto war?”
  • Die Autos bleiben vor Gericht außen vor. Die Folie ist aus den Zuschauerreihen nicht zu erkennen, laut vorgelesen werden die auf Ralf K. zugelassenen Wagen nicht. Bekannt ist, dass ein Aston Martin beschlagnahmt wurde. Außerdem soll ein Morgan in der Garage gestanden haben, nach Aussage von Anwalt Haizmann als Geldanlage.
  • 200.000 Euro wurden an eine private Firma des Ehepaars weiter überwiesen. Von diesem Geld wurden zwei Wohnobjekte finanziert: ein Appartement in der Regensburger Straße und ein Mehrfamilienhaus in Rothenstadt. Die Mietzahlungen dieses Objekts flossen an die private Firma.

* Diese Felder sind erforderlich.