Sohn sagt im WSW-Prozess aus: “Vollstes Vertrauen in meine Mutter”

Weiden. Der mitangeklagte Sohn (30) der Vorständin hat im WSW-Prozess seine Rolle im Unternehmen kleingeredet. Er habe die IT für die Genossenschaft aufgebaut. "Ich hatte keinen Einfluss auf die Grundstruktur."

WSW Prozess Landgericht
Der dritte Angeklagte, im Bild flankiert von seinen Verteidigern Gunther Haberl und Dominic Kriegel, sagt vor der 1. Strafkammer am Landgericht Weiden aus. Foto: David Trott

Fünfter Prozesstag, dritter Angeklagter. Ab Montag, 9 Uhr, sagt der Sohn (30) aus. Er ist Mitangeklagter im Prozess gegen die Genossenschaft WohnSachWerte. Den Verantwortlichen wird der Betrug an 22.000 Mitgliedern um rund 13,5 Millionen Euro vorgeworfen.

Seine mehrstündige Aussage spickt er mit Fachausdrücken: Scrum, Sports, Sprints, Templates, Tickets, Kanban, Trelloboard, Tools, Conversion Rate… Viele Blasen, viele Phrasen. Einmal verliert er den Faden und sagt in schönstem Managerdeutsch: “Habe ich das schon gesagt? Können Sie mich kurz abholen?”

Der IT-Experte redet bis 17 Uhr – und ist dann immer noch nicht fertig. Grob zusammengefasst: Er habe vollstes Vertrauen in seine Mutter, die Vorständin war. Er sei auch heute noch überzeugt vom Konzept der Wohnungsbaugenossenschaft. “Ich habe die WSW als zutiefst kundenorientiertes Unternehmen erlebt.”

Sohn macht Kinderhilfsverein zum Thema

Er erinnert an den Kinderhilfsverein, den er 2016 mit seiner Mutter und dem Stiefvater gegründet hatte. Auch damals sei unangebracht ermittelt und berichtet worden (“koordinierte Verunglimpfung”). “Ich bin überzeugt, dass meine Mutter nichts Unrechtes tun wollte.” Die Schicksale misshandelter Kinder aus der Region waren erfunden, aber nicht von seiner Mutter. Sondern einer dritten Person, deren Namen er aufgrund des Persönlichkeitsschutzes nicht nennen wolle.

Die Einstellung der Ermittlungen 2018 habe sein Vertrauen in die Mutter “massivst gestärkt”. Er steckte sein Engagement fortan in ihre Genossenschaft. Der ITler schildert detailliert, wie er die technische Seite der Genossenschaft aufgebaut habe: Mitgliederdatenbank, automatisierte Informationsschreiben, das Bemühen um einen korrekten digitalen Vertragsabschluss.

Schon 2020 klagten Verbraucherschützer

Die Strategie ist klar: Er will weg vom Vorsatz eines Betrugs. Er habe keinen Einfluss auf die Grundstruktur der Genossenschaft gehabt. Die Strippen zog die Vorständin. Diese habe sich umfassend beraten lassen: von zwei Rechtsanwälten und einem “Genossenschafts-Guru” aus Berlin: “Wer bin ich, dass ich dann auch noch meinen Senf dazu gebe?” Seine Mutter habe zudem ein “aktives Informationsmanagement betrieben”. Sprich: “Sie hat Informationen so verteilt und vorenthalten, wie sie es für richtig hielt.”

Schon 2020 und Anfang 2021 klagten Verbraucherschutzverbände vor dem Landgericht Weiden gegen die WSW. Die Verbraucherschützer kritisierten, dass für den Kunden der Vertragsschluss online nicht erkennbar sei. Zum Zweiten bedürfe es der Schriftform oder qualifizierten E-Signatur (QES). Am Amtsgericht waren mindestens sechs weitere Zivilklagen von Genossen wider Willen anhängig.

Der Angeklagte sagt, ja, er habe von Zivilklagen gewusst, aber die Bedeutung unterschätzt. Es sei von der Möglichkeit einer “Heilung” der Verträge die Rede gewesen. Das Thema sei zudem in Arbeit gewesen. Ein QES-Testlauf mit 100 Kunden sei schon gelaufen. Qualifizierte Signaturen seien technisch schwer umzusetzen.

Für Mittwoch noch keine Zeugen geladen

Der 30-Jährige widerspricht seiner Mutter und dem Stiefvater in ihren Aussagen, er sei als künftiger Vorstand vorgesehen gewesen. Und zwar schon sehr zeitnah. Die Vorständin hatte in ihrer Einlassung mit unfreiwilligem Wortwitz gesagt: “Ich wäre schon draußen. Wenn ich jetzt nicht drin wäre.”

Ihr Sohn sagt etwas anderes: “Dass ich schon 2023 den Vorstandsposten einnehmen sollte, war mir nicht bewusst. Ich hatte ganz andere Pläne.” So habe er ein eigenes IT-Unternehmen gründen wollen, was sich zerschlagen habe. Aktuell sei er als ITler in einem KI-Unternehmen der Region beschäftigt und helfe seinem leiblichen Vater bei der Gründung eines Restaurants in München.

Am Mittwoch, 9 Uhr, wird er seine Aussage fortsetzen und befragt. Weitere Zeugen wurden abgeladen.

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