Wiedergewählt: Weidener SPD-Stadträtin kämpft für Integration

Regenstauf/Weiden. Die Weidener Stadträtin Sema Tasali Stoll (SPD) wurde am Freitag als Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt Oberpfalz wiedergewählt. Die Frauenärztin will sich auch künftig für eine bessere Integration von eingewanderten Menschen engagieren.

Der neue Vorstand: Vorsitzende Dr. Sema Tasali Stoll (Dritte von links), Beate Büttner und Christine Kleinletzenberger mit den Gästen Dr. Carolin Wagner (von links), Sebastian Koch und Margit Wild (zweite von rechts). Bild: SPD

Integration ist keine Einbahnstraße. Der Willen von Zuwanderern allein, in ihrem neuen Zuhause anzukommen, reicht nicht. Auch die Rahmenbedingungen müssen stimmen: Ausreichende Sprachkurse, Ausbildungsangebote und eine Rechtssicherheit beim Aufenthaltsstatus sind Voraussetzung für eine gelingende Teilhabe. 

Es droht ein gigantischer Wohlstandsverlust

Die Weidener Stadträtin Sema Tasali Stoll (SPD) bezweifelt, dass diese Voraussetzungen in Deutschland und Bayern gegeben sind. Erschwerend hinzu kommt, dass aufgrund der Corona-Pandemie viele Initiativen in ihren Handlungsmöglichkeiten stark eingeschränkt sind. „Wir haben deshalb schon auf unserem  Bezirksparteitag im März beschlossen, die Integrationsarbeit der Wohlfahrtsverbände stärker zu unterstützen“, sagt Tasali Stoll zu Oberpfalz-Echo. 

Die Integration von Zuwanderern ist kein altruistischer Akt der Mehrheitsgesellschaft. Weil in den kommenden Jahren Millionen Deutsche in Rente gehen und damit immer mehr Arbeitskräfte wegfallen, droht Deutschland ein gigantischer Wohlstandsverlust. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW). „Die Politik muss jetzt handeln“, fordert Studienleiter Michael Hüther. Die Gesellschaft könne auf niemanden verzichten.

Hindernisse und Unsicherheiten

Demgegenüber verweist Tasali Stoll auf Studien des Freiburger Diskriminierungsforschers Professor Albert Scherr und der Göttinger Migrationsforscherin Professorin Sabine Hess: „Migranten aus Nicht-EU-Ländern stoßen auf große Hindernisse.“ Sie müssten große Unsicherheiten durchleben, bevor sie einen Aufenthaltsstatus erhalten. „Und zwar auch dann, wenn sie alles dafür tun, um am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.“ So würden noch immer aufgrund von Rückführungsbestimmungen Menschen mit Job oder Ausbildungsplatz in ein vermeintlich sicheres Herkunftsland abgeschoben.

Eine Mitschuld daran weist die Weidener Stadträtin dem bayerischen Integrationsgesetz zu, das 2016 gegen den Widerstand der Opposition und unter dem Eindruck eines Wahlkampfs, der der AfD das Wasser abgraben sollte, verabschiedet wurde. Beides sei misslungen. „Das Gesetz sollte ein Leuchtturm der Integration werden“, sagt sie, „aber es ist wirkungslos und schlimmer, es stigmatisiert, weshalb es der Bayerische Verfassungsgerichtshof 2019 in wesentlichen Teile für nichtig erklärt hat.“ 

Wild: „Integration durch Bildung“

In einer Resolution, die der neue Vorstand der Regensburger Bundestagsabgeordneten Carolin Wagner überreichte, fordert der Arbeitskreis Migration und Vielfalt deshalb ein humanes Integrationsgesetz, die Revidierung des Rückführungsgesetz und ein kommunales Wahlrecht auch für Nicht-EU-Bürger. Die Regensburger Landtagsabgeordnete Margit Wild ging in ihrem Vortrag auf Defizite im bayerischen Bildungssystem ein.

„Integration erreicht man durch Bildung“, sagt Wild, „Bildung an Schulen, bei Erwachsenen, im Alltag.“ Dafür müsse man ausreichend Ressourcen bereitstellen, Lehrkräfte gut aus- und fortbilden. „Wir haben sowohl in den Kindergärten wie auch an den Schulen einen derart eklatanten Fachkräftemangel, dass es die Staatsregierung schon kaum schafft, den normalen Regelbetrieb aufrechtzuerhalten.“ Dadurch falle der Vorkurs Deutsch einfach hinten runter. „Es sind wieder einmal die Schwächsten, die von der Staatsregierung einfach vergessen werden.“ 

Wer keine adäquate Förderung bekomme, lerne die Sprache schlechter, sei später schlechter in der Schule, verliere den Anschluss. „Das gleiche gilt für die Deutschklassen“, die zum Schuljahr 2018/19 die Übergangsklassen abgelöst hätten. „Auch hier wieder das Gleiche, es fehlt an Lehrkräften und an gutem Unterrichtsmaterial.“ In Bayern gelte so ausgeprägt wie in keinem anderen Bundesland, dass Bildung vom Geldbeutel der Eltern abhänge. „Wem die sozialen und kulturellen Ressourcen fehlen, der wird abgehängt.“

Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt Oberpfalz

  • Oktober 2016: Zwei Jahre nach dem Landesverband gründet die SPD auch auf Bezirksebene eine Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt 
  • Der erste Vorsitzende Matthias Vernim stützt sich auf Erkenntnisse, die er bei seiner früheren Tätigkeit als Migrationsforscher an der OTH Regensburg gewann.
  • Dr. Sema Tasali-Stoll, damals stellvertretende Landesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft, wird zur zweiten Vorsitzenden auf Bezirksebene gewählt.
  • 2019: Sema Tasali-Stoll wird erstmals zur Bezirksvorsitzenden gewählt.
  • 12. November 2021: Die Weidener Frauenärztin wird als Vorsitzende bestätigt.

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