Mehr Einsätze, neues Notrufsystem, schwerer Verlust: ILS Nordoberpfalz zieht Bilanz

Weiden. Für das Jahr 2017 zog die „Integrierte Leitstelle Nordoberpfalz“ (ILS) in Weiden Bilanz. Der Verbandsvorsitzende des „Zentralen Rettungsverbandes“ (ZRF) und Neustädter Landrat Andreas Meier, der ZRF-Geschäftsleiter Alfred Rast sowie Leitstellenleiter Herbert Putzer und sein Stellvertreter Jürgen Meyer legten nach dem Motto „Sicherheit ist unser Job“ den Jahresbericht 2017 vor.

Von Jürgen Wilke 

ILS Nordoberpfalz Bilanz 2017
Jürgen Meyer, Herbert Putzer, Andreas Meier, Alfred Rast (sitzend von links) mit einem Teil des ILS-Teams. Bei einer Pressekonferenz zog die Leitstelle Bilanz.

Schmerzlich vermisst wird der Pilot des Rettungshubschraubers „Christoph 80“, Stationsleiter Jochen Huber, der im Januar bei einem Übungsflug ums Leben kam. Eingangs verwies Alfred Rast, darauf,wie wichtig es ist die Bevölkerung nach wie vor auf die europaweite Notrufnummer 112 hinzuweisen. 2017 gab es laut Rast keine spektakulären Großeinsätze, die Zahl der Einsätze sei dennoch gestiegen. Als Gründe nannte er, dass die Einwohner trotz sinkender Bevölkerungszahl immer älter werden, es gäbe weniger Ärzte auf dem Land und die Krankenhausstrukturen ändern sich.

Automatisches Notrufsystem auf dem Vormarsch

Die Zusammenarbeit mit den Nachbarn in Tschechien sei sehr gut, auch persönliche Kontakte dorthin konnten ausgebaut werden. Der ZRF-Geschäftsleiter machte auf die wichtige Neuerung „eCall“ aufmerksam: Ab April 2018 wird das automatische Notrufsystem „eCall“ in allen neuen Auto-Modellen in der EU zur Pflicht. Bei einem Unfall soll „eCall“ automatisch den einheitlichen europäischen 112-Notruf auslösen. So sollen Helfer schneller zum Unfallort geführt werden – auch wenn der Fahrer bewusstlos ist.

Bei einem Unfall geben Crash-Sensoren automatisch Meldung an die 112. Der Notruf kann auch manuell ausgelöst werden. Mittels Mobilfunknetz wird eine GPS-Verbindung zur Notrufzentrale hergestellt. In der ILS wird der Unfallort identifiziert und per Anruf beim Autofahrer nachgefragt. Erfolgt keine Reaktion von Seiten des Autofahrers, erhalten die Rettungskräfte die Standortdaten und rücken aus. Die ILS in Weiden ist inzwischen dementsprechend ausgerüstet.

ILS Nordobepfalz Jahresbilanz 2017

Kein Respekt vor Einsatzkräften

Landrat Andreas Meier brachte das Dauerproblem „Rettungsgasse für Einsatzkräfte“ zur Sprache: „Es ist leider festzustellen, dass der Umgang mit Sanitätern, Feuerwehrkräften und Polizisten zunehmend zu wünschen übrig lässt. Anordnungen und Maßnahmen werden ignoriert, Helfer werden beschimpft und werden körperlich angegangen. Es ist ein Phänomen, dass nicht nur in Großstädten oder in Ballungsgebieten, sondern überall auftritt. Der Respekt gegenüber Ehrenamtlichen, die ihr eigenes Leben einsetzen, muss eine Selbstverständlichkeit sein.“

1.042 mehr Einsätze

Herbert Putzer und Jürgen Meyer nannten konkrete Zahlen zum Jahresbericht 2017. Die ILS hatte von Januar bis Dezember insgesamt 86.668 Einsätze zu bearbeiten und zu disponieren, das sind 1.042 mehr als im Jahr zuvor. Im letzten Jahr gingen 83.016 Anrufe ein – von der Alarmierung bei dramatischen Notfällen bis hin zu Hilferufen von Katzenbesitzern, deren Tiere von einem Baum gerettet werden muss.

770 Mal hieß das Stichwort zum Einsatz „Brand“, 3.096 Mal „technische Hilfeleistung“, 17 Mal Einsatz „ABC“, 85 Mal „Sonstige“, wie Notfallseelsorge oder psychologische Unterstützung. Der Rettungsdienst leistete 35.308 Einsätze. Mit dem Inkubator wurden 26 Frühgeborene transportiert. Mit einem speziellen Intensivmobil wurden im Berichtszeitraum 511 Intensivpatienten transportiert.

ILS-Einsätze in Zahlen

Am Tag gingen durchschnittlich 23 „Hosentaschenanrufe“ ein, das sind Anrufe, die versehentlich getätigt wurden oder der Empfänger außer ein wenig Rauschen nichts hört. 155 Mal wurde wegen eines Suizidversuchs angerufen. Über die EDV-Schnittstelle wurden 2.539 Ereignisse zur Polizeieinsatzzentrale weitergeleitet. 1.172 Einsätze erhielt die ILS von der Polizei über die Schnittstelle. Die Zahl der Kindernotfälle belief sie auf 606 Einsätze. 20 Personen fanden die Einsatzkräfte von Feuerwehren bei Wohnungsöffnungen tot vor. Der Rettungshubschrauber „Christoph 80“ flog im letzten Jahr insgesamt 1.355 Luftrettungseinsätze, der Hubschrauber „Christoph 20“ aus Bayreuth wurde zu 58 Einsätzen in die Oberpfalz geholt. Bei einer Reisegeschwindigkeit von 230 km/h ist beispielsweise „Christoph 80“ in 45 Minuten in München.

Nachtruhe für Christoph 80

Der Weidener Rettungshubschrauber bleibt vorerst auch künftig nachts am Boden. Der ZRF hat keinen diesbezüglichen Antrag gestellt, weil er keine Chance auf die Zustimmung der Krankenkassen sieht. Der Tagbetrieb kostet etwa 2,6 Millionen Euro im Jahr. Der 24-Stunden-Einsatz käme auf rund acht Millionen Euro.

Die ILS ist zuständig für 210.630 Einwohner in Weiden sowie in den Landkreisen Tirschenreuth und Neustadt/WN bei einer Fläche von 2.585 Quadratkilometern mit 225 Feuerwehrdienststellen, einer Einheit des THW, neun BRK-Rettungswachten, 31 „Helfer vor Ort“-Stationen, 23 Ortsgruppen der Wasserwacht und drei Bereitschaften der Bergwacht. Alfred Rast und Andreas Meier bescheinigten dem gesamten ILS-Team, Notärzten, Luftrettung und Feuerwehr erstklassige Arbeit.

Bilder: Jürgen Wilke 

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