[Update] Nach Messerangriff im BKH: Siebenjähriger ist verstorben

Der Siebenjährige, der am Donnerstag, 26. Oktober in der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Bezirksklinikums Regensburg (medbo) verletzt wurde, ist am Freitagabend in einem Krankenhaus verstorben.

Forensik Regensburg
Die Forensik und Jugendforensik auf dem Gelände des Bezirkskrankenhauses (medbo) für Straftäter, daneben befindet sich die Kinder- und Jugendpsychiatrie, wo der 14-Jährige zuletzt untergebracht war. Foto: Karin Daubenmerkl

[Update, 22.52 Uhr] Das Polizeipräsidium Oberpfalz meldet um 22.52 Uhr den Tod des siebenjährigen Opfers der Messerattacke in Regensburg: “Die Gedanken der gesamten Oberpfälzer Polizei sind bei der Familie, der wir viel Kraft wünschen”, schreibt Polizeisprecher Claus Feldmeier.

[Update, 15.35 Uhr] Die Bluttat in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Regensburg erschüttert die Oberpfalz. Ein 14-Jähriger hatte am Donnerstag erst einen Mitarbeiter (63), dann einen Patienten (7) niedergestochen. Der Tatverdächtige stammt aus dem Landkreis Neustadt/WN. Im Januar hat er mit Amokplänen einen Polizeieinsatz ausgelöst.

Die Generalstaatsanwaltschaft München hat die Ermittlungen gegen einen 14-Jährigen wegen des Tatverdachts des versuchten Mordes in zwei Fällen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung übernommen, weil extremistische Bezüge nicht ausgeschlossen werden können. Der Tatverdächtige ist wegen möglicher Schuldunfähigkeit vorläufig in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht.

Unterbringungsbefehl lautet auf versuchten Mord

Der 14-Jährige wurde am Freitag dem Ermittlungsrichter am Amtsgericht Regensburg vorgeführt. Dieser erließ einen Unterbringungsbefehl wegen des Tatverdachts des versuchten Mordes in zwei Fällen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung.

Nach Auskunft von Feldmeier seien verschiedene Beweismittel sichergestellt worden, darunter schriftliche Unterlagen sowie das Mobiltelefon des Jugendlichen. “Mit dem nunmehr 14-jährigen Tatverdächtigen aus dem Landkreis Neustadt/WN war die Polizei bereits seit Jahresbeginn befasst, da er sich als Strafunmündiger intensiv mit der Planung und Durchführung von schwersten Gewalttaten beschäftigt hatte.” Hierzu habe der Junge einschlägige Chatgruppen in Messenger-Diensten genutzt.

Die Vorgeschichte: Über “Columbine High” und “Winneden” recherchiert

Im Januar 2023 hatte die Kriminalpolizei mit Zentralaufgaben (KPI-Z) aus Regensburg drei Haushalte im Landkreis Neustadt/WN durchsucht. Im Visier der Ermittler standen zwei Jungen, beide 13 Jahre alt, darunter der jetzt Tatverdächtige. Der Schüler hatte in sozialen Chatgruppen von Amok-Plänen gegen eine Schule geschrieben. Nach Auskunft von Polizeisprecher Claus Feldmeier hatte er sich intensiv mit den Amokläufern an Schulen in Columbine (USA) oder auch Winneden befasst: Seine Recherchen gingen “deutlich über das normale Maß hinaus”.

Die Polizei handelte auch deshalb schnell, weil es einen Hinweis auf verfügbaren Sprengstoff gab. In einem der drei Haushalte wurde dann tatsächlich Sprengstoff gefunden. Dieser gehörte einem Angehörigen, der diesen beruflich brauchte, aber zu Hause nicht hätte lagern dürfen. Die Technische Sondergruppe des Landeskriminalamtes sprengte die gefundenen Explosionsmittel vor Ort im Landkreis Neustadt/WN. Gefunden wurden zudem selbstgebaute Sprengkörper oder Attrappen sowie Soft-Air-Waffen.

Die beiden damals noch strafunmündigen Buben wurden in Gewahrsam in die Kinder- und Jugendpsychiatrie genommen. Der Kumpel konnte bald wieder nach Hause geschickt werden. Er galt als Mitläufer. Der Fokus konzentrierte sich auf den jetzt Tatverdächtigen.

Die Besorgnis, was seine Persönlichkeit betraf, war groß. Aufgewachsen ist er in einem intakten Elternhaus in einer Gemeinde im Landkreis Neustadt/WN. Der 13-Jährige blieb dauerhaft stationär in der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Regensburg. Das „Haus 25“ verfügt über einen nicht öffentlichen, beschützten Bereich. Nach Recherchen von OberpfalzECHO soll er dort Gewaltfantasien gegenüber Pflegern geäußert haben.

Insta-Post vor der Tat: „Revenge“

Die Situation eskalierte am Donnerstag. Der Tatverdächtige hatte unmittelbar vor der Tat am Donnerstag gegen 9 Uhr einen Post auf Instagram veröffentlicht. Ein Selfie zeigt ihn in einem weiß gekachelten Raum mit einem spitzen Fleischermesser vor einem Spiegel. Er trägt schwarze Handschuhe, sein Cap hat er tief ins Gesicht gezogen. Die Unterschrift lautet: „Revenge“ (Rache).

Gegen 9.30 Uhr ging bei der Einsatzzentrale des Polizeipräsidiums Oberpfalz ein Notruf ein, fasst Polizeisprecher Claus Feldmeier die bisherigen Erkenntnisse zusammen. Eine Vielzahl an Rettungskräften wurde zum medbo-Gelände gegenüber der Universität beordert.

Bub (7) musste reanimiert werden

Nach derzeitigem Stand der Ermittlungen soll der 14-Jährige zunächst auf der Station einen Mitarbeiter (63) angegriffen haben. Dann soll er wenige Meter weiter einen siebenjährigen Jungen niedergestochen haben. Ein 27-jähriger Mitarbeiter der Einrichtung habe den 14-Jährigen schließlich überwältigt und bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten. Hierbei zog sich der Mann Verletzungen an der Hand zu.

Das Kind, ebenfalls Patient, erlitt schwerste Stichverletzungen. Beide Verletzte befinden sich zur stationären Behandlung in einem Krankenhaus.

In Weiden schon einmal Prozess gegen einen zur Tatzeit 14-Jährigen

„Schuldunfähig ist, wer bei Begehung der Tat noch nicht vierzehn Jahre alt ist.“ So lautet Paragraf 19 im Strafgesetzbuch. Jugendliche ab 14 Jahren sind strafmündig. Für sie gilt das Jugendgerichtsgesetz.

Vor dem Landgericht Weiden war im Jahr 2015 gegen einen 15-Jährigen aus dem Landkreis Tirschenreuth verhandelt worden. Auch er war zur Tatzeit erst 14 Jahre alt. Der Jugendliche hatte eine 13-jährige Mitschülerin der achten Klasse mit einem Stein in einer verlassenen Fabrikhalle beinahe erschlagen. Der Prozess fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das Urteil lautete auf versuchten Mord, die 1. Jugendkammer verhängte acht Jahre Jugendstrafe.

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