Buchautorin mit 93 Jahren

Mitterteich. Die Lebens- und Liebesgeschichte von Annelie Woodstrom hat ihren Ursprung in Mitterteich. In ihren Büchern lässt die 93-Jährige ihre Leser daran teilhaben – und berührt damit. 

Von Werner Männer 

Annelie Woodstrom ist der Liebe wegen von Mitterteich in die USA gezogen. Hier in der Heimat kennt man sie unter dem Namen Anneliese Sölch. Die 93-Jährige ist inzwischen Autorin: In ihrem Buch „Kriegskind – Meine Jugend in Hitlerdeutschland. Aber warum muss es ein Ami sein?“ beschreibt die Mitterteicherin die Schrecken des Nazi-Regime und wie sie diese als junge Frau miterlebte. Ihre Lesung in Mitterteich – eine Idee vom Arbeitskreis Literatur – geht den Hörern nah.

Annelie Woodstrom lebt heute in Amerika, hat in Mitterteich aber noch Verwandte. Im Mehrgenerationenhaus gab es kaum noch freie Plätze. Ihre Geschichte macht neugierig.

Blitzverlobung zum Glück

Anneliese Sölch, so heißt sie damals, wandert mit 20 Jahren als erste Oberpfälzerin nach dem Zweiten Weltkrieg in die USA aus, um ihren damaligen Verlobten Kenneth Woodstrom aus Crokston/Minnesota zu heiraten. Sie lernen sich kennen als die Amerikaner 1945 in Mitterteich einmarschieren.

Ihre Beziehung ist gerade mal etwas mehr als drei Monate alt, als Kenny seiner Anneliese einen Heiratsantrag macht – bevor er mit seiner Einheit wieder zurück in die Staaten muss.

Von Mitterteich nach New York

Zwei Jahre arbeiten Annelie und Kenneth auf beiden Seiten des Atlantiks, um die Einreisegenehmigung für die „feindliche Deutsche“ zu erhalten und um heiraten zu können. Mit Hilfe eines Kongressabgeordneten werden ihre Mühen schließlich belohnt: Am 7. April 1947 erreicht die Mitterteicherin New York City.

Ein Grenzbeamter tauft Anneliese damals kurzerhand um: Von nun an soll sie Annelie heißen. Am 8. April 1947 heiratet Annelie Sölch ihren Kenneth Woodstrom in Washington DC. Die Ehe hält 52 Jahre bis Kenny im Jahr 1998 stirbt.

Traum vom Bücherschreiben

Nach dem Tod ihres Mannes schreibt Annelie Woodstrom ihre Erlebnisse – alle Höhen und Tiefen ihres Lebens – in drei Büchern nieder. Allerdings in englischer Sprache. Das Buch „Kriegskind…“ übersetzt der Mitterteicher Konrektor Rainer Summer später ins Deutsche. Ihre Bücher „War Child“, „Empty Chairs“ und „And so it was“ werden in den USA verlegt und sind mit diversen Preisen ausgezeichnet.

Die 93-Jährige hatte auf der Frankfurter Buchmesse sogar ihren eigenen Stand. Wenige Stunden später sitzt sie im Mitterteicher Mehrgenerationenhaus. „Ich hatte noch gar keine Zeit mich umzuziehen“, sagt sie und lächelt.

Abwechselnd erzählen und lesen Woodstrom und Summer aus dem Buch. Woodstrom teilt ihre Erinnerungen mit den Zuhörern. Im Raum wird es unglaublich still, als die 93-Jährige davon erzählt, wie sie einst in einem Luftschutzbunker in München ausharren musste. Dort hat sie einige Zeit während ihrer Ausbildung gelebt.

Es hagelte nur so an Bomben herab – ich habe unzählige Tote gesehen”

erinnert sich Annelie. Selbst an die Zeit in Mitterteich erinnert sie sich gut. Als Nazis durch die Stadt marschieren. Sie beneidet die Mädchen von damals mit ihren schmucken Uniformen. Auch sie wollte dabei sein. Doch ihr Vater verbietet es ihr. “Erst viel später habe ich begriffen warum”, erzählt sie.

Lebens- und Liebesgeschichte festhalten

In ihrem Buch „Kriegskind“ berichtet Annelie von dem Heiratsantrag des Amerikaners. Sie habe kein Englisch gesprochen und er kein Deutsch. Trotzdem hätten sich beide verstanden. 52 Jahre lebten sie zusammen. Der Tod ihres Mannes war auch der Auslöser das erste Buch zu schreiben. “Ich wollte meine Lebens- und Liebesgeschichte festhalten”, erklärt sie.

Im Anschluss an die Lesung signiert die Autorin noch viele Bücher. Karl Haberkorn, Leiter des Arbeitskreises, bedankt sich mit einem Mitterteicher Hankerl und einem Buchgeschenk bei Woodstrom.

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Kriegskind von Annelie Woodstrom – erhältlich in Mitterteich

Interessenten können das Buch über das Bürgerbüro der Stadt kaufen. Wie Annelie am Schluss noch erzählte, will die betagte Seniorin im Mai 2020 erneut nach Deutschland reisen – natürlich will sie auch dann wieder zurück in ihre Heimatstadt Mitterteich kommen. [/box]

Bilder: Werner Männer