Der Arbeitsmarkt wandelt sich strukturell – aber ein Mangel bleibt

Nordoberpfalz. Der IHK-Fachkräftemonitor 2021 legt strukturellen Fachkräftemangel offen - was für Gründe dafür verantwortlich sind, welche Branchen besonders betroffen sind und die Frage: Wie lange hält das an? 

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In vielen Branchen werden 450 Euro Jobs gebraucht, um saisonale Spitzen abzudecken. Die Mittelstands Union fordert jetzt die Verdienstobergrenze auf 500 Euro anzuheben.

Der Arbeitsmarkt ist 2021 stark von der Corona-Krise geprägt. Noch im Vorkrisenjahr 2019 fehlten der Wirtschaft in der Oberpfalz und dem Landkreis Kelheim über alle Branchen hinweg 16.000 Fachkräfte. 2021 scheint die Lage umgedreht: Es gibt in der Region saldiert einen leichten Überschuss von insgesamt 2.000 qualifizierten Arbeitskräften.

Arbeitskräfte-Überschuss: Warum ist das so? 

Grund hierfür sei ein deutlicher Rückgang der Gesamtnachfrage vonseiten der Unternehmen nach Mitarbeitern. Aus Sicht der IHK Regensburg für Oberpfalz/Kelheim ist das nur eine Momentsituation: „Mittel- bis langfristig wird der Mangel an beruflich qualifizierten Fachkräften wieder in den Fokus rücken“, prognostiziert IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Jürgen Helmes bei der Vorstellung des IHK-Fachkräftemonitors 2021. 

Kurzarbeitsquote sinkt

Als im März 2020 die Corona-Pandemie Deutschland erreichte, verhängten viele Unternehmen zunächst einen Einstellungs-Stopp und mussten teilweise in Kurzarbeit gehen. Im April 2020 waren knapp 110.000 und somit ein Fünftel aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im IHK-Bezirk in Kurzarbeit. Zu Jahresbeginn 2021 waren es noch 44.000.

Auch die Fachkräftelücke ging durch den Nachfragerückgang seitens der Wirtschaft zunächst rapide zurück. So hat sich die Fachkräftelücke auf dem Niveau „Fachkraft“ (in der Regel zwei- bis dreijährige Ausbildung ohne Zusatzqualifikationen) kurzzeitig geschlossen. Das dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass in einigen Berufsbereichen und auf einigen Qualifikationsniveaus aktuell trotzdem ein Fachkräftemangel herrscht, so die IHK.

Aus- und Weiterbildungen 

Den Firmen fehlen Fachkräfte auf den Qualifikationsniveaus „Experte“ (i.d.R. Leitungs- und Führungsaufgaben mit mehrjähriger akademischer Ausbildung) und „Spezialist“ (i.d.R. Meister- oder Technikerausbildung bzw. Bachelor-Abschluss). „Das unterstreicht die Bedeutung der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Sie schafft für die Menschen berufliche Sicherheit“, sagt Helmes. Als Top-Thema sieht er für die nächsten Jahre, die Berufsbilder noch weiter digitaler auszugestalten. 

Was sehen die Entwicklungen bis 2026 aus? 

Der aktuelle IHK-Fachkräftereport beleuchtet die Situation auf dem regionalen Arbeitsmarkt bis 2026. Es zeichnet sich bis dahin eine deutliche Tendenz ab: Auch bei den Fachkräften mit einer Ausbildung ohne Zusatzqualifikation wird es künftig wieder viel mehr nicht besetzte Stellen geben. „In absoluten Zahlen wird die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage hier sogar am größten sein“, fügt IHK-Fachkräfteexpertin Nicole Scheßl hinzu. Dies sei ein deutliches Signal für die Wertigkeit der dualen Aus- und Weiterbildung.

Wo aktuell Fachkräfte fehlen

Der Arbeitsmarkt orientiert sich nicht an den Grenzen des IHK-Bezirks, darum lohnt sich ein Blick auf die bayerischen Prognosen des Fachkräftemonitors. Der Nachfragerückgang im Jahr 2021 verteilt sich hierbei nicht gleichmäßig über die einzelnen Branchen. Branchen, die in der Corona-Krise im Fokus stehen, wie etwa das Gesundheits- und Sozialwesen (+2 Prozent), aber auch der Öffentliche Dienst (+3 Prozent), sehen sich sogar mit einer weiter wachsenden Nachfrage konfrontiert.

Besonders stark betroffen sind hingegen Berufe im Einzelhandel (12 Prozent) oder im Gastgewerbe (-16 Prozent). „Das sind Branchen, die besonders unter den Lockdown-Regeln litten“, so Scheßl. Die personenbezogenen Dienstleistungen (-14 Prozent), und auch beratende und wirtschaftsnahe Dienstleistungen (-10 Prozent) sind ebenfalls von einem besonders starken Nachfragerückgang nach Fachkräften betroffen. Auf den ersten Blick auch überraschend ist der Nachfragerückgang bei der Informations- und Kommunikationstechnologie (-8 Prozent). Dieser lässt sich damit erklären, dass hier neben IT-Dienstleistern und Softwareentwicklern auch Wirtschaftszweige wie Verlage und Kinos zusammengefasst werden.

Eine heterogene Entwicklung zeigt sich auch in der Branche Verkehr, Transport und Lagerei. „Dort dürfte insbesondere der unter diese Branche fallende Luftverkehr für die negative Entwicklung verantwortlich sein“, vermutet Scheßl.

Was ist der Haupttreiber des Fachkräftemangels? 

„Mittel- bis langfristig bleibt die demografische Entwicklung Haupttreiber des Fachkräftemangels“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Jürgen Helmes mit Blick auf die Zahlen. So wird sich das Angebot an Fachkräften in der Region laut IHK-Prognose bis 2026 von rund 466.000 im Jahr 2021 auf 429.000 Personen im Jahr 2026 verringern.

„Der Arbeitsmarkt wandelt sich strukturell, der Fachkräftemangel bleibt aktuell“, schließt Helmes.

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