Die Tücken des Cannabis-Gesetzes: Halbe Innenstadt im Bannkreis

Weiden. Oberstaatsanwalt Christian Härtl hat sich das neue Cannabis-Gesetz intensiv angesehen. Die Entscheidung zur Freigabe will er nicht bewerten: "Das ist eine politische Entscheidung. Aber die Umsetzung hätte man kaum schlimmer machen können."

Im 200-Meter-Radius um Schulen/Kitas sind Anbauvereinigungen verboten. In Weidens Innenstadt bliebe theoretisch nur die Michaelskirsche als Standort für einen “Cannabis-Club” übrig. Grafik: www.openstreetmap.org/copyright

Das Gesetz sei “für den Juristen unverständlich, für den Laien unmöglich zu verstehen”, sagt der Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts der Staatsanwaltschaft Weiden. Wer einen Blick hineinwerfen möchte: hier.

Künftig soll es erlaubt sein, 25 Gramm Cannabis bei sich zu haben. Daheim dürfen es 50 Gramm sein. Es ist die private Aufzucht von drei Pflanzen erlaubt. Die Samen müssen im europäischen Ausland bestellt werden. Alternativ kann Cannabis über Anbauvereinigungen bezogen werden. Dazu müssen Vereine gegründet werden.

Cannabis-Clubs: eine Vielzahl an Vorschriften

Die Gründung eines “Cannabis-Clubs” ist an eine Vielzahl von Regeln geknüpft. Christian Härtl: “Da muss man schon eine große Liebe zur Bürokratie haben.” Der Anbau darf sich nicht in Wohngebäuden befinden, er darf von außen nicht als solcher “erkennbar” sein. Die Anlage muss durch “geeignete Maßnahmen” vor unbefugtem Zutritt geschützt sein.

Jeder Club braucht einen Präventionsbeauftragten. Bei der Abgabe an Mitglieder muss das Cannabis “neutral verpackt” sein. An die Verpackung muss ein “Informationszettel” geheftet sein: mit Gewicht, Erntedatum, Haltbarkeitsdatum, THC-Gehalt, CBD-Gehalt. Und und und.

Man kann davon ausgehen, dass der Kontrolldruck erheblich sein wird. Ministerpräsident Markus Söder hat eine “extremst restriktive Anwendung” angekündigt. Gesundheitsminister Klaus Holetschek will eine zentrale Kontrolleinheit einrichten. Noch ist unklar, wer vor Ort kontrolliert.

In Weiden wären sieben Clubs erlaubt

Pro 6000 Einwohner ist eine Anbauvereinigung erlaubt. In Weiden wären es also (theoretisch) sieben, im Landkreis Neustadt/WN 14, im Landkreis Tirschenreuth 12 “Cannabis-Clubs”. An jedes Mitglied dürfen im Monat bis zu 50 Gramm abgegeben werden. Eine ausgewachsene Pflanze bringt alle zehn Wochen etwa 100 Gramm Ertrag. Geht man beispielsweise von 100 Mitgliedern aus, bräuchte man dafür 150 Pflanzen, also eine mittlere Gärtnerei.

Viel Arbeit, kein Gewinn. Die Anbauvereinigung darf geringfügig Beschäftigte anstellen, aber nicht für Tätigkeiten des Anbaus. Die Ware darf nur zum Deckungspreis an Mitglieder abgegeben werden. Monatliche Beiträge werden in einer Satzung festgelegt. Von einem “Spottpreis” geht Oberstaatsanwalt Härtl nicht aus. Immerhin muss eine Anbauvereinigung ein Grundstück haben, sich Aufzuchtanlagen anschaffen, Wärme, Wasser, Licht zahlen. Der Vorstand geht ein hohes finanzielles Risiko ein. Die Verstöße werden mit Geldbußen bis 30.000 Euro bestraft.

Hohe Geldbußen möglich

Verboten ist zum Beispiel der öffentliche Konsum im Umkreis von 100 Metern zu Schulen, Kindergärten, Spielplätzen und öffentlichen Sportstätten. In Fußgängerzonen dürfen Joints nur zwischen 7 und 20 Uhr geraucht werden. Im ursprünglichen Gesetzesentwurf betrug der Bannkreis sogar 200 Meter. Dann wäre die komplette Weidener Innenstadt – bis auf die Michaelskirche – im Sperrgebiet gelegen.

Die Bannmeile gilt auch für “Cannabis-Clubs”. Die Anbauvereinigungen dürfen nicht innerhalb eines 200-Meter-Kreises von Schulen, Kindergärten, Spielplätzen, Sportstätten liegen. Das führte jüngst in Aschheim dazu, dass die Gemeinde in einem Gewerbegebiet einen Mini-Spielplatz aus dem Boden stampfte. “Zufällig” dort, wo der Betreiber eines Hanfladens künftig die Gründung einer Anbauvereinigung plante (Beitrag von “quer”).

Im 100-Meter-Umkreis von Schulen, Kindergärten, Sportstätten und Spielplätzen darf kein Cannabis geraucht werden. Damit ist die Innenstadt so gut wie eine Tabu-Zone. Grafik: www.openstreetmap.org/copyright
Cannabis-Gesetz Staatsanwaltschaft Weiden
Oberstaatsanwalt Christian Härtl mit der jüngsten Fassung des neuen Cannabis-Gesetzes. Foto: Christine Ascherl

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