Verwaltungsgericht fällt Entscheidung: IS-Anhänger darf Tirschenreuth nicht verlassen

Tirschenreuth. Das Verwaltungsgericht Regensburg hat seine Entscheidung verkündet: Ein IS-Anhänger muss weiterhin in Tirschenreuth leben bleiben. Er darf das Stadtgebiet nicht verlassen.

Bis hierher und nicht weiter. Die Ortsschilder markieren den Radius für einen verurteilten Straftäter, der nicht abgeschoben werden kann. Symbolfoto: OberpfalzECHO/David Trott

Der 36-Jährige hatte gegen diese Auflage geklagt. Das Verwaltungsgericht hat diese Klage jetzt abgewiesen, informiert Gerichtssprecherin Kristin Benedikt am Freitag. Damit bleibt es weiterhin bei der räumlichen Beschränkung. Abdulhadi B. darf das Stadtgebiet Tirschenreuth nicht verlassen und muss sich täglich zweimal bei der Polizeiinspektion melden.

Die Regelung gilt seit 2022, als der Syrer nach Verbüßen einer Haftstrafe nicht abgeschoben werden konnte. Aus Gründen der “inneren Sicherheit” brachte man ihn danach in der Gemeinschaftsunterkunft Tirschenreuth unter, wo man glaubt, ihn besser im Auge zu haben. Der 36-Jährige gilt als unbelehrbarer IS-Sympathisant. Ursprünglich hatte B. seinen Wohnsitz in Würzburg, wo er vor Medizin studiert hatte. Er hatte eine Strafe von 5 Jahren 3 Monaten abgesessen, u. a. wegen Werbens für den IS und versuchter An­stif­tung zum Totschlag.

Entscheidung fiel 2018 in Ansbach

Die Entscheidung für das Exil in Tirschenreuth fiel schon 2018 im Zuge des Urteils. Verantwortlich war die “Zentralstelle Ausländerextremismus Nordbayern”, damals angesiedelt bei der Regierung von Mittelfranken in Ansbach. Dem Syrer wurde in einem Bescheid von Juni 2018 die sofortige Ausweisung nach der Haft angekündigt.

Aber auch den Ansbachern war klar, dass der Abschiebestopp nach Syrien als Kriegsland länger dauern könnte. Daher teilte die Stelle schon vorab “Plan B” mit: Nach der Haftentlassung wurde der Syrer verpflichtet, seinen Wohnsitz in der Gemeinschaftsunterkunft Tirschenreuth zu nehmen.

Zudem darf der inzwischen 36-Jährige keine internetfähigen Kommunikationsmittel nutzen: kein Smartphone, Tablet, PC. Die Führungsaufsicht hat diese Beschränkung inzwischen gelockert. Er darf unter Aufsicht eines Polizisten mit seiner Mutter in Syrien telefonieren. In seinem ausländerbehördlichen Bescheid ist dies noch nicht geändert, deshalb klagte Abulhadi B. auch wegen der Kontaktbeschränkung. Dieses Verfahren ist nach Auskunft von Gerichtssprecherin Kristin Benedikt ausgesetzt worden.

“Gefahr für die innere Sicherheit”

Abuldhadi B. protestiert nicht zum ersten Mal gegen die Beschränkungen. Schon 2021 hatte der Syrer gegen die Auflagen geklagt, damals vor dem Verwaltungsgericht Würzburg. Damals hatte er verloren. Das Gericht folgte den Argumenten der Zentralstelle Ausländerextremismus, inzwischen Landesamt für Asyl und Rückführungen. Zusammengefasst: Abdulhadi B. sei eine Gefahr für die innere Sicherheit.

Die Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft hätten ergeben, dass er Unterstützer des IS sei. Der Kläger sympathisiere mit dem IS und habe mehrfach geäußert, einen Anschlag auf eine Synagoge verüben zu wollen. Er habe massiv versucht, andere Personen für den IS anzuwerben. Die religiöse Einstellung entspreche einer salafistisch-jihadistischen Richtung des Islam. Er werde als “enorm gefährlich” eingeschätzt.

Ortswechsel sollte IS-Kontakte erschweren

Und warum Tirschenreuth? Auch das wurde damals vor dem Verwaltungsgericht Würzburg erklärt. Weitere Unterstützung des IS soll ihm so schwer wie möglich gemacht werden. Durch den Ortswechsel sollte der Syrer aus seinem bisherigen Umfeld herausgenommen werden. Zudem biete die Gemeinschaftsunterkunft Tirschenreuth Überwachungsmöglichkeiten, die es in anderen Unterkünften nicht gebe. Ein größerer Bereich als das Stadtgebiet Tirschenreuth erschwere die Überwachung.

Gleiches gilt für den Internet-Entzug: Es soll ihm so schwer wie möglich gemacht werden, wieder Kontakt zu IS-Anhängern aufzunehmen. Gerade Messengerdienste und Chatforen gelten als Plattformen zur Verbreitung von Propaganda.

Mehrfach verurteilter IS-Anhänger

2012: Einreise mit einer Aufenthaltserlaubnis für studienvorbereitende Zwecke.

2014: Medizinstudium an der Universität Würzburg.

April 2016: Verurteilung am Amtsgericht Tiergarten in Berlin wegen versuchter Nötigung, Beleidigung und Bedrohung zu einer Geldstrafe in Höhe von 70 Tagessätzen verurteilt.

August 2016: Verurteilung am Amtsgericht Würzburg wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit Bedrohung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten. Abdulhadi B. hatte seine Partnerin geschlagen. Die IS-Anhängerschaft wird publik. Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt.

2018: Verurteilung am Oberlandesgericht München wegen Wer­bens um Un­ter­stüt­zer für eine aus­län­di­sche ter­ro­ris­ti­sche Ver­ei­ni­gung (Islamischer Staat), ver­such­ter An­stif­tung zum Tot­schlag sowie Kör­per­ver­let­zung zu einer Haftstrafe von fünf Jah­ren und drei Mo­na­ten. Das Urteil wird vom BGH bestätigt.

2022: Nach der Haftentlassung muss er seinen Wohnsitz in Tirschenreuth nehmen.

Hintergründe zur Verurteilung in München lesen Sie hier.

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