Gedenken zur Pogromnacht, weitere Stolpersteine – mit interaktiver Grafik

Weiden. Was als routinemäßiges Praktikum für Schülerinnen der Pestalozzischule begann, entwickelte sich zu einem beispielgebenden Projekt gegen Antisemitismus. Die Verantwortlichen stellen nun das Programm rund um die Gedenkfeier zur Pogromnacht vor.

20231031 Stolpersteinaktion Pogromnacht Foto Martin Stangl
Ein breites gesellschaftliches Bündnis gegen Antisemitismus in Weiden: Die Organisatoren der Gedenkfeier anlässlich der Wiederkehr der Pogromnacht stellen ein beachtliches Programm vor. Von links: Björn Sommer, Alfons Forster, Werner Friedmann, Andreas Holz. Foto: Martin Stangl

Oberbürgermeister Jens Meier versprach im November 2022 im Zuge der Verlegung der ersten „Stolpersteine“ zum Gedenken an ermordete oder deportierte jüdische Mitbürger eine Fortführung der Aktion. Nun ist es so weit. Nach dem Elly-Heuss-Gymnasium mit seiner Holocaust-Ausstellung im Frühjahr 2023 macht wieder eine Schule mit einer Aktion gegen Antisemitismus von sich reden: Schülerinnen der Pestalozzischule erforschten die Geschichte der jüdischen Familie Kohner.

Praktikum im Stadtarchiv gab den Anstoß

Was eigentlich eine Routine im Schuljahr ist, gab den Anstoß für eine beispielgebende Aktion, die anlässlich der Gedenkfeier zur Wiederkehr der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 vorgestellt wird. In Begleitung von Björn Sommer (52), Klassenleiter der Vorklasse 2, forschten 16-jährige Schülerinnen der Pestalozzi-Mittelschule im Stadtarchiv Weiden zum Thema „Jüdisches Leben“.

Stadtarchivarin Petra Vorsatz und Historiker Dr. Sebastian Schott unterstützten die wissbegierigen Schülerinnen mit zahlreichen Materialien. Schließlich richteten sie ihren Schwerpunkt auf die jüdische Familie Kohner.

Plötzlich bekommt ein Schicksal ein Gesicht

„Als unsere Schülerinnen bemerkten, dass hinter den nüchternen Papierunterlagen im Archiv lebendige Menschen stehen, entwickelte sich unser Projekt rasant. Insbesondere die Tatsache, dass der Wohnort der Familie beinahe um die Ecke unserer Schule liegt, gab den Ausschlag, dass sich die jungen Leute sehr intensiv mit dem jüdischen Leben und der Verfolgung durch die Nazis beschäftigten“, berichtet Praktikumsbetreuer Björn Sommer. In zahlreichen Projekten wurden dann weitere Jahrgangsstufen mit Informationen über Nationalsozialismus und Antisemitismus versorgt.

Gedenkfeier am 9. November um 18 Uhr

Die Vorsitzenden der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Weiden Pfarrerin Edith Lang (evangelische Vorsitzende, verhindert), Pfarrer Alfons Forster (katholischer Vorsitzender) und Werner Friedmann (jüdischer Vorsitzender) begrüßten das Projekt der Pestalozzi-Schülerinnen: „Gerade die jungen Leute sind es, die uns Hoffnung geben. Die Arbeit gegen das Vergessen des Naziterrors ist angesichts der aktuellen geopolitischen Lage unglaublich wichtig.“

Die Schülerinnen sind zur Gedenkfeier am 9. November um 18 Uhr anlässlich der Pogromnacht eingeladen. „Wir bitten auch die Bevölkerung herzlich um zahlreiche Teilnahme.“ Am Gedenkstein in der Konrad-Adenauer-Anlage (neben der Josefskirche) werden die Schülerinnen dem verfolgten jüdischen Leben in Weiden ein lebendiges Gesicht geben.

Stolperstein-Verlegung am 11. November ab 13.00 Uhr

Am darauffolgenden Samstag, 11. November, werden dann in Weiden weitere Stolpersteine gesetzt. Das Führungsduo des Stadtarchivs hat eine Liste mit weiteren jüdischen Familien erarbeitet, vor deren ehemaligen Wohngebäuden sogenannte „Stolpersteine“ eingelassen werden. Der Anfang wurde 2022 mit Familie Kupfer in der Bahnhofstraße gemacht.

Die Idee mit den Gedenksteinen hatte 1992 der Künstler Gunter Demnig. Als Besonderheit ehrt der Künstler die Weidener Aktion mit seiner Anwesenheit. Dezernent Andreas Holz signalisierte die uneingeschränkte Unterstützung der Stadtverantwortlichen. Der städtische Bauhof leistet dafür unbürokratische Hilfe.

Um 13 Uhr beginnt am Unteren Markt 17 die Verlegungsaktion, bei der an fünf Stellen in Weiden insgesamt 18 Gedenksteine verlegt werden. Etwa 20 Minuten später findet der offizielle Akt in der Oberen Bachgasse 8 statt, bei dem auch Gebete gesprochen werden.
Nach weiteren Stationen dürfen zum Schluss die Pestalozzi-Schülerinnen in der Frauenrichter Straße 52 ihre drei Gedenksteine für die ermordeten Mitglieder der Familie Kohner setzen.

Spenden für weitere Stolpersteine erwünscht

Finanziert wird übrigens diese Aktion aus Spendengeldern, die die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit verwaltet. Ein Stolperstein besteht aus einem 10 cm x 10 cm großen Betonstein, auf dem eine Messingplatte mit den Daten der betroffenen Menschen angebracht ist. Er kostet einmalig 120 Euro. Kosten für die Verlegung fallen für den Spender nicht an. Um Spenden für weitere Stolpersteine wird gebeten. Das Stadtarchiv Weiden vermittelt gerne.

Hier werden am 11. November ab 13 Uhr Stolpersteine verlegt:

OberpfalzECHO bietet dazu eine interaktive Grafik.

Unterer Markt 17:
Paulina Steinhart (1884 – etwa 1942)
Walter Steinhart (1880 – 1943)

Obere Bachgasse 8:
Emma Hutzler (1870 – etwa 1941)
Selma Hutzler (1901 – etwa 1942)
Hugo Hutzler (1897 – entlassen 1942)
Betty Kahn (1928 – etwa 1942)
Hannelore Kahn (1929 – etwa 1942)
Therese Kahn (1904 – etwa 1942)
Julius Kahn (1896 – entlassen 1943)

Luitpoldstraße 8 (ehem. Sedanstraße 20):
Otto Hausmann (1891 – 1943)
Rosa Hausmann (1901 – etwa 1942)
Hermann Hausmann (1925 – etwa 1942)
Wilhelm Hausmann (1927 – etwa 1942)
Josef Engelmann (1874 – 1943)

Wörthstraße 14:
Hermann Fuld (1874 – 1938)

Frauenrichterstraße 52:
Eduard Kohner (1882 – 1942)
Adelheid Kohner (1885 – etwa 1942)
Luise Kohner (1922 – etwa 1942)

Quelle: Stadtarchiv Weiden

* Diese Felder sind erforderlich.