ifo-Wissenschaftler: „Deutsche Wirtschaft ist gelähmt“

Weiden/Tirschenreuth. Ob Privatmann oder Unternehmer - die Verunsicherung ist überall groß. Mitverantwortlich für diese schlechte Stimmung ist die Politik der Bundesregierung. Doch die Wissenschaftler des renommierten Münchner ifo Instituts haben bereits eine Trendwende ausgemacht.

ifo-Präsident Professor Clemens Fuest (links) und ifo-Konjunkturchef Professor Timo Wollmershäuser stellten die Konjunkturzahlen für das Frühjahr.2024 vor. Archivbild: Theo Kurtz

Das Frühjahr kommt mit Sonne, Wärme, Blumen. Für die Unternehmen ist die kommende Jahreszeit gefühlt eher eine Eiszeit. „Die Wirtschaft ist gelähmt“, betont Professor Timo Wollmershäuser. Gemeinsam mit dem Präsidenten des ifo-Instituts, Professor Clemens Fuest, gibt der ifo-Konjunkturchef die Prognose für die kommenden Monate ab. Ein Zukunftsblick eher ins Trübe. Aktuell steckt die Wirtschaft noch in einer Winterrezession. Es gibt aber zumindest Hoffnung. Ab Mitte des Jahres könnte es wieder aufwärtsgehen.

2025 geht es aufwärts

Und 2025 könnte das Tal der Tränen tatsächlich für erste schon wieder durchschritten sein. Die Wirtschaftsleistung wird dann um 1,5 Prozent ansteigen. Für heuer wird von mickrigen 0,2 Prozent ausgegangen. Doch die ifo-Forscher heben den mahnenden Zeigefinger. Ob tatsächlich der Wachstumsmotor anspringen wird, hängt viel von der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Ampelregierung ab.

Sollten nämlich dringend notwendige Reformen nur zögerlich oder gar nicht in Angriff genommen werden, muss auch die wirtschaftliche Erholung weiter in die Zukunft verschoben werden. „Dieser Stillstand und die Unsicherheit über wichtige wirtschaftspolitische Weichenstellungen lähmen die Konjunktur und hemmen das langfristige Wachstum“, erläutert Wollmershäuser. Das hat Folgen. Zurückhaltung bei den Investitionen und auch beim Konsum.

Wachstumsstrategie fehlt

Clemens Fuest wird deutlich: „Was fehlt, ist eine überzeugende Wachstumsstrategie der Bundesregierung.“ Vieles liegt hierzulande im Argen. Geldgeber halten sich etwa beim Wohnungsbau zurück, weil sie durch Mietendeckel, langwierige Genehmigungsverfahren und Überregulierung, die Bauen teuer machen, einfach kein Interesse haben. „Wir sind bei Investitionen nicht wettbewerbsfähig und haben strukturelle Probleme“, kritisiert der ifo-Präsident. Für ihn reichen einzelne politische Vorstöße wie das jetzt durch den Bundestag verabschiedete Wachstumschancengesetz nicht aus. „Wir brauchen grundsätzlich veränderte Rahmenbedingungen.“

Krankenstand und Streiks

Bis zuletzt hat sich die Auftragslage in allen Wirtschaftsbereichen verschlechtert, Auftragsbestände sind kaum mehr vorhanden. Ein ungewöhnlich hoher Krankenstand und die andauernden Streiks belasten die Unternehmen zusätzlich. Seitdem die Huthi-Rebellen Schiffe im Roten Meer angreifen, haben auch die Lieferengpässe wieder etwas zugenommen.

Inflation weiter im Sinkflug

Sollten sich die Berliner Restrisiken doch nicht bewahrheiten, und auch keine weiteren Gewitter am geopolitischen Himmel aufziehen, dann ist man beim ifo Institut durchaus optimistisch. Die Inflation ist bereits deutlich in den Keller gerasselt, der Druck auf den Energiepreiskessel hat deutlich nachgelassen und auch die Verbraucher haben dank der Lohnzuwächse wieder mehr Geld zur Verfügung. Geld, das sie jetzt schon haben, aber aufgrund der herrschenden Unsicherheit lieber auf die hohe Kante legen.

Robuster Arbeitsmarkt

Im aktuellen Rezessionsgrau haben die Forscher tatsächlich den ersten Lichtblick entdeckt: den Arbeitsmarkt. Die Zahl der Beschäftigten wird heuer um 200.000 auf dann 46,1 Millionen steigen. Und 2025 wird mit 100.000 zusätzlichen Job noch mal eine Schippe draufgelegt. Die Arbeitslosenquote wird heuer um 0,2 Prozent auf 5,9 Prozent hochgehen, um dann 2025 auf 5,6 Prozent abzusinken. Und auch die Exporte werden wieder in die Gänge kommen. Die werden heuer um 1,5 Prozent zurückgehen. 2025 wird aber dann ein deutliches Plus von 3,4 Prozent erwartet.

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