Kleines Babywunder: Von 280 Gramm Geburtsgewicht auf 2.500 Gramm

Weiden. 280 Gramm schwer, so groß wie eine Handfläche: am 24. November 2018 erblickte der kleine Michael im Klinikum Weiden das Licht der Welt – in der 26. Schwangerschaftswoche, knapp dreieinhalb Monate vor dem errechneten Geburtstermin am 06. März 2019. Fast ein halbes Jahr nach seiner Geburt ist das kleine Wunder perfekt: Michael konnte die Kinderklinik verlassen – mit einem Gewicht von inzwischen mehr als 2.500 Gramm.

Frühchen Michael und Eltern
Bei seiner Geburt wog Michael nur 280 Gramm – jetzt freuen sich Mama Regina und Papa Thomas darüber, dass sie gemeinsam – und gesund – die Kinderklinik am Klinikum Weiden verlassen konnten. Foto: Kliniken Nordoberpfalz AG

Nach Komplikationen in der Schwangerschaft wurde Mutter Regina ab der 23. Schwangerschaftswoche stationär betreut. Ein Kind, der Zwillingsbruder von Michael, war bereits zuvor im Mutterleib verstorben und Untersuchungen zeigten, dass auch Michael nicht ausreichend durch den Mutterkuchen versorgt wurde, das Schätzgewicht des Kindes war deutlich zu niedrig.

Seitens der behandelnden Ärzte am Klinikum Weiden wurden die Risiken einer Geburt zu diesem extrem frühen Zeitpunkt klar dargestellt: Frühgeborene, die so früh geboren werden, haben ein sehr großes Risiko zu versterben oder mit schweren Beeinträchtigungen zu überleben. „In vielen Gesprächen der Eltern mit Kinderärzten, Geburtshelfern, Hebammen, Kinderkrankenschwestern und Psychologinnen wurde gemeinsam das weitere Vorgehen festgelegt. In dieser Grauzone an der Grenze der Lebensfähigkeit zählten vor allem die Wünsche der Eltern“, betont Dr. Ines Erhardt, Leiterin des Perinatalzentrums Nordostbayern, die als Perinatologin eng in die vorgeburtliche Überwachung von Mutter Regina eingebunden war.

Geburt hinauszögern

Um die Chancen zu erhöhen, sollte daher alles unternommen werden, um einerseits etwas Zeit bis zur Geburt zu gewinnen und andererseits den richtigen Zeitpunkt für die Entbindung zu finden.

Ab diesem Zeitpunkt war es ein Kämpfen um jeden Tag,

erklären Regina und ihr Mann Thomas. Auch für das Kreißsaalteam war es ein tägliches Hoffen und Bangen.

In der 25. Schwangerschaftswoche wurde eine Lungenreifebehandlung bei der Mutter durchgeführt, um die Überlebenschancen für das Kind zu verbessern. Da sich in der Ultraschalluntersuchung und Blutflussmessung des Kindes eine Verschlechterung der Kreislaufsituation zeigte und Michael droht im Mutterleib zu versterben, wurde eine Kaiserschnittentbindung in der 26. Schwangerschaftswoche notwendig.

Michael zeigt Lebenswillen

Wie vor der Geburt geschätzt, wog Michael nur 280 Gramm. Er zeigte deutlich seinen Lebenswillen, allerdings war es wegen Atemnot und Sauerstoffbedarf notwendig, das Kind nach 25 Minuten zu intubieren und mit Medikamenten zu behandeln und eine Beatmungstherapie durchzuführen.

Es folgten Monate der Behandlung und Überwachung – mit stetigen kleinen Fortschritten, aber auch mit Problemen und Besorgnis bei den Eltern, ob alles gut werden würde. „Natürlich befanden wir uns zu Anfang in einer schwierigen medizinischen Grenzsituation, in der nicht klar war, ob Michael eine Chance auf ein gesundes Überleben haben würde. Wie wir es klar mit den Eltern vereinbart haben, wurde von Anfang an darauf geachtet, wie vital sich das Kind präsentiert. Und als wir Zeuge seines großen Lebenswillens wurden, hat er von uns jede Hilfe und Unterstützung erhalten, die medizinisch möglich und sinnvoll ist“, erklärt Dr. Fritz Schneble, Chefarzt der Kinderklinik am Klinikum Weiden.

Frühchen Michael Versorgungsteam
Michaela Hutzler (stellv. Pflegedirektorin), Evi Schlosser (stv. Stationsleiterin 90f), Dr. Klaus Adam (Oberarzt), Ruth Mahal-Vollmer (Hebamme), Dr. InesErhardt (Leiterin PNZ), Dr. Fritz Schneble (Chefarzt der Kinderklinik) und Dr. Uwe Maas (Oberarzt) freuen sich, dass der kleine Michael die Kinderklinik gesund verlassen konnte. Foto: Kliniken Nordoberpfalz AG.

Eltern großer Teil des Erfolgs

Er betont auch die Wichtigkeit, dass Michael die ganze Zeit über mit abgepumpter Muttermilch ernährt wurde – dies sei eine große Leistung der Mutter und habe einen nicht unerheblichen Beitrag zur gesunden Entwicklung gehabt. Außerdem ist er überzeugt, dass auch die tägliche, stundenlange Anwesenheit der Eltern und die frühzeitige Beteiligung an der Versorgung des Kindes enormen Anteil an der positiven Entwicklung von Michael hatte: „Die Eltern sind der schwierigen Ausgangssituation mit großem Optimismus und mit Vertrauen in die medizinische und pflegerische Behandlung begegnet – das war sehr wichtig!”

Wir haben uns unglaublich toll aufgehoben gefühlt und sind mit dem Personal zusammengewachsen.”

“Man unterhält sich auch über kleine Nebensächlichkeiten, das lenkt ab und war auch für uns enorm wichtig“, erklären die Eltern. „Wir können uns nur für die hervorragende Leistung und Betreuung im Klinikum sowie die tolle nachstationäre Betreuung durch den Bunten Kreis bedanken.“ Auch die evangelische Seelsorge um Sabine Dachauer sei enorm wichtig gewesen.

Vier Frühchen-Tagebücher voller Erfolge

Alle Eindrücke, Erlebnisse und Gefühle haben Regina und Thomas in Frühchen-Tagebüchern, die von der Intensivstation an Eltern ausgegeben werden, festgehalten. Normalerweise ist das für Frühgeborene ein einzelnes Buch – im Fall von Michael wurden es vier. Das erste Bild, das erste Mal das Kind im Arm zu halten, das Überspringen der 1.000-Gramm-Grenze, das erste Bad, der Umzug von der Intensiv- auf die Überwachungsstation, die Umstellung der Ernährung von Magensonde auf Fläschchen – vier Bücher voll mit Meilensteinen in der Entwicklung eines kleinen Wunders, in denen sich auch die Schwestern der Intensivstation mit liebevollen Einträgen verewigt haben.

Die Geschichte und die Entwicklung von Michael zeigen auch die Weiterentwicklung der Neonatologie. Eckpfeiler in der Versorgung von Frühgeburten sind spezielle Perinatalzentren wie das Perinatalzentrum Nordostbayern mit den Standorten in Weiden und Amberg.

Das Ziel, dem Kind einen bestmöglichen Start ins Leben zu ermöglichen, wurde im Fall von Michael auf jeden Fall erreicht – auch wenn Michael inzwischen wieder kurzfristig zweimal stationär in der Kinderklinik behandelt werden musste (Erkältungsvirus, Atemwegsinfekt).

Michael unter den 20 kleinsten Babys weltweit

Weltweit haben bis heute etwas mehr als 20 Neugeborene mit einem Gewicht von weniger als 300 Gramm überlebt – so die Statistiken des „Tiniest Babies Register“ der University of Iowa (USA). Im Rahmen dieses Projekts werden Informationen und Erfahrungen aus der Behandlung von extrem kleinen Frühgeborenen gesammelt und bereitgestellt. Michael aus der Oberpfalz hat es in dieser internationalen Übersicht unter die Top 20 der kleinsten Babies geschafft über die hier berichtet wird.

Eine Garantie, dass die Einträge in diesem Register vollständig sind, gibt es zwar nicht. Auf jeden Fall ist die Geschichte von Michael aber ein Beweis für den medizinischen Fortschritt und die Möglichkeiten, die sich dadurch eröffnen. Aber auch für den Lebenswillen eines 280 Gramm schweren Kindes, das mit 23 Zentimetern Länge und einem Kopfumfang von nicht einmal 19 Zentimetern dreieinhalb Monate zu früh auf die Welt kam – und knapp ein halbes Jahr später mit mehr als 2.500 Gramm und einer Größe von 42 Zentimetern endlich zuhause angekommen ist. Und auch sein Bruder Korbinian freut sich darauf, den Zuwachs in der Familie daheim begrüßen zu können.

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