“Man kann nicht immer 100 Prozent geben“

Neustadt/WN. „Der Bauer ist schon fast auf dem eigenen Hof der Knecht“, sagte Kreisbäuerin Josefine Kick mit Blick auf die Hürden, die Landwirte im Arbeitsalltag zu bewältigen haben. Beim Landfrauentag des Bauernverbandes (BBV) Neustadt-Weiden herrschte aber auch viel Zuversicht.

Von Benedikt Grimm

Politik, Klima oder Gesellschaft – „wir Bauern haben mit großen Herausforderungen zu kämpfen“, betonte Josefine Kick. Die grüne Branche sei noch immer sehr bewegt vom Volksbegehren für mehr Artenvielfalt. Öffentlich würden viele Leute ihre Unterstützung für bessere Lebensräume für Insekten beteuern. Spätestens aber wenn stechende Plagegeister im eigenen Garten den Grillabend stören, würde sich die Meinung schnell ändern. „Jeder kann was machen. Ob am Balkon oder in einer Ecke im Garten. Aber nur, wenn wir das alle gemeinsam anpacken, kann es gelingen“, ist Kick überzeugt.

Kreisbäuerin Josefine Kick
Kreisbäuerin Josefine Kick eröffnete den Landfrauentag.

Stolz, ein Landwirt zu sein

Viel Zuspruch erhielten die Landfrauen von den Grußwortrednern. „Landfrauen sind kreativ, sehr vielseitig und fleißig und davon profitiert unsere gesamte Region“, sagte stellvertretender Landrat Albert Nickl. Auch Sabine Zeidler, Stadträtin von Weiden, bezeichnete die Bäuerinnen als „einen unentbehrlichen Faktor“ für die Region. Neustadts Bürgermeister Rupert Troppmann, Landwirtschaftsamtschef Reinhold Witt und stellvertretende Bezirksbäuerin Irmgard Zintl betonten die Bedeutung eines offenen Dialogs aller Beteiligten.

Auch wenn wir uns immer wieder verteidigen müssen, müssen wir auch stolz sein. Ich bin stolz ein Landwirt zu sein,

sagte Kreisobmann Josef Fütterer. Auch andere Branchen wie die Autoindustrie mit den Verbrennungsmotoren, die momentan in Verruf geraten seien, müssten Kritik einstecken. „Wir müssen damit leben und wir werden damit leben. Landwirtschaft hat schon immer den Wandel gemeistert“, rief der Friedersreuther den Landfrauen und Gästen in der gut gefüllten Stadthalle zu.

Tanzgruppe und Landfrauenchor

Eine Spendensammlung ging an die Klosterkirche St. Felix. „So wie Landwirtschaft ohne Bulldog, so ist Kirche ohne Orgel“, sagte Pater Stanislaus, der die hohen Sanierungskosten für das 1.119 Pfeifen zählende Musikinstrument erläuterte. Die Tanzgruppe der Flosser Landfrauen und der Landfrauenchor des BBV Tirschenreuth sorgten für die Rahmengestaltung.

Tanzgruppe Flosser Landfrauen
Die Tanzgruppe der Flosser Landfrauen zeigte ihr Können.

Perfekt – aber k.o.

Übertriebener Perfektionismus war das Thema des Festvortrages „Perfekt – aber k.o.“ von Waltraud Eichinger. Die Pädagogin aus dem Landkreis Deggendorf sieht sich selbst von Natur aus als eine Planerin, die gerne alles bis ins letzte Detail geregelt hat. Einige private Schicksalsschläge hätten ihr jedoch klar gemacht, dass man im Leben nicht immer alles in der Hand habe. „80 Prozent unseres Alltags sind aber Gott sei Dank nicht Schicksal“, sagte Eichinger. Dabei sei Perfektionismus an sich nicht schlecht. „Man muss schauen, dass man eine gute Leistung bringt und man darf sich über die gute Leistung auch freuen. Aber es wird krankhaft, wenn ich meine Selbstachtung und mein Selbstwertgefühl vom Erfolg abhängig mache“, erklärte die Pädagogin.

Aus Fehlern lernen

Dann verlange der innere Antreiber immer noch einen Schritt mehr, obwohl man schon nicht mehr kann. „Wenn man immer wieder über seine Grenzen geht, dann wird das gefährlich“, warnte Eichinger. Wichtig sei sich Fehler zu erlauben und diese als Mittel für den Lernfortschritt zu betrachten. Nach dem Pareto-Prinzip würden in der Regel 80 Prozent eines Ergebnisses in 20 Prozent der Arbeitszeit entstehen. Dagegen verlangten 20 Prozent des Ergebnisses ganze 80 Prozent des Arbeitseinsatzes. „Niemand schafft es, immer 100 Prozent zu geben. Man geht optimistischer an eine Arbeit heran beim Gedanken: 80 Prozent langen auch“, riet Eichinger.

Waltraud Eichinger
Waltraud Eichinger, Lehrerin, Gestaltpädagogin und Familien-Team-Trainerin sprach über krankhaften Perfektionismus.

Bilder: Benedikt Grimm 

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