Moderates Urteil für E-Bike-Hehler

Weiden. Sein Geständnis bewahrte einen Rumänen vor einem weiteren Gefängnisaufenthalt. Nach fünf Monaten in Untersuchungshaft erhielt er nun eine Bewährungsstrafe.

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Der gebürtige Rumäne (vorne Mitte) wartet mit seinem Verteidiger und Übersetzer auf das Schöffengericht. Foto: Martin Stangl

„Eigentlich gehört dieses Verfahren nicht in die Oberpfalz, sondern in den Raum Aachen. Denn dort wurden die E-Bikes entwendet.“ Diesen Satz ließ sich der vorsitzende Richter am Amtsgericht Weiden, Hubert Windisch, nicht nehmen. Die Ablehnung der dortigen Staatsanwaltschaft verzögerte den Prozessbeginn, was dem Angeklagten eine fast halbjährige U-Haft bescherte.

Sieben E-Bikes in Nordrheinwestfalen entwendet

Mit der Verlesung der Anklageschrift durch Staatsanwalt Andreas Falk begann der Prozess gegen einen 39-jährigen Rumänen. Seit November 2023 sitzt dieser in Untersuchungshaft, weil bei der Überprüfung seines Transporters am Grenzübergang Waidhaus sieben E-Bikes unter einer Decke gefunden wurden. Eine sofortige Überprüfung durch die Bundespolizei ergab, dass mindestens sechs der vorgefundenen Fahrräder als gestohlen gemeldet waren. Laut Anklageschrift wurden alle E-Bikes im Raum Aachen entwendet.

Als Zeitraum gibt die Staatsanwaltschaft Oktober bis November 2023 an. Weiter wirft der Staatsanwalt dem Angeklagten vor, dass er im Wissen, dass die Fahrräder gestohlen waren, diese trotzdem angekauft hat. Der Neuwert der entwendeten Elektrobikes beträgt rund 19.000 Euro. Nach Ansicht des Staatsanwalts wollte der Rumäne die Räder nach Osteuropa bringen und dort gewinnbringend weiterverkaufen. Dadurch besteht der Straftatbestand der gewerbsmäßigen Hehlerei.

Geständnis und Schuldeinsicht

Durch seinen Strafverteidiger Christoph Rühlmann (Düren/NRW) ließ der Angeklagte, der kein Wort Deutsch spricht und deshalb durch einen Übersetzter unterstützt werden musste, seine Tat vollumfänglich ein. Als in Rumänien geborener Kfz-Mechaniker verdient der Mann nämlich seinen Lebensunterhalt in Ungarn als Flohmarkthändler. Dazu kaufte er über die Internetplattform eBay geeignete Gegenstände ein und veräußerte sie gewinnbringend.

Neben dem üblichen Flohmarkt-Trödel wie Möbel, Werkzeuge und Geschirr habe er sich auf E-Bikes spezialisiert und verfüge deshalb über die notwendigen Kontakte in die „Szene“.
Nach dem Anruf eines „Maghrebiners“ habe er sich Ende November 2023 von zu Hause in Richtung Aachen aufgemacht, um sieben E-Bikes zu erwerben. Als Einkaufspreis gab er jeweils 500 Euro, als Verkaufspreis 750 Euro an.

Polizeiliche „Charmeoffensive“ nötig

Im Rahmen der Schleierfahndung wurde das Fahrzeug direkt am Grenzübergang „aus dem Verkehr“ gezogen. Quasi ein paar Meter vor dem rettenden Ufer. Der als Zeuge vernommene Polizeibeamte berichtete, dass beim Öffnen der Heckklappe des vollbeladenen Fiat Ducato nur übliche Flohmarktware zu sehen war. Doch die Beamten wurden misstrauisch, als der Rumäne vorgab, dass die Seitentüre wegen eines Defektes nicht zu öffnen wäre.

Die Beamten hatten den richtigen Riecher und starteten eine polizeiliche Charmeoffensive auf einem extra zugewiesenen Parkplatz. Diese hatte umwerfenden Erfolg, denn die defekte Türe ließ sich nun problemlos öffnen. Zum Vorschein kamen sieben unter Decken verborgene, fabrikneue E-Bikes. Bis auf eines der Fahrräder konnten übrigens alle an ihre rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben werden.

Unklare Vorstrafe

Vor den beiden Plädoyers beleuchtete das Schöffengericht die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten. Nach seinen Angaben lebt er mit seiner Frau und drei Kindern in geordneten Verhältnissen. In seiner Heimat wäre er noch nicht mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Durch die Anwesenheit seiner aus Rumänien angereisten Ehefrau machten zumindest die privaten Angaben einen glaubhaften Eindruck.

Nicht einordnen konnte das Gericht eine Vorstrafe in Deutschland wegen Steuerhinterziehung, nachdem der Anklagte versichert hatte, niemals in Deutschland ein Gewerbe angemeldet zu haben. Folgerichtig ließ das Gericht diesen Punkt bei der Urteilsfindung außer acht.

Abstimmungsmisere der Staatsanwaltschaften

Staatsanwalt Falk lag mit seiner Forderung nach einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren zur Bewährung auf drei Jahre, sowie 2000 Euro Geldauflage und Kostenübernahme des Verfahrens eher im unteren Bereich des Möglichen.

Rechtsanwalt Rühlmann erwähnte nochmals die Abstimmungsmisere der Staatsanwaltschaften in Aachen und Weiden. „Die U-Haft war deshalb für meinen Mandanten besonders schlimm.“ Er forderte deshalb nur eine einjährige Haftstrafe auf Bewährung und auch von einer Geldauflage abzusehen.

Moderates Urteil

Letztlich kam das Gericht im Vergleich dessen, was möglich gewesen wäre, zu einem moderaten Urteil. Es verurteilte den Rumänen wegen gewerbsmäßiger Hehlerei zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung. Die Geldauflage sowie die Kostenübernahme aus der Forderung des Staatsanwaltes blieben bestehen.

Noch im Gerichtssaal wurde von beiden Seiten auf Rechtsmittel verzichtet.
Nachdem der Haftbefehl aufgehoben wurde und die Fußfesseln abgenommen waren, schloss sich Angeklagter und Ehefrau tränenreich in die Arme.

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