Prozess nach Hammerschlag im Rausch: Zeuge kommt sturzbetrunken

Vohenstrauß/Weiden. Der erste Zeuge wird wegen Verdachts der Falschaussage noch im Gerichtssaal festgenommen. Der Zweite wankt sturzbetrunken von der Tür herein – um 10 Uhr vormittags. Die Strafkammer am Landgericht Weiden erlebt am Dienstag so einiges.

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Symbolbild: Pixabay

Es geht um viel: Vor Gericht steht eine 38-jährige Frau in einem Sicherungsverfahren. Der Vorwurf: gefährliche Körperverletzung. Sie soll im Juli 2023 in Vohenstrauß einem Saufkumpan mit einem 800-Gramm-Maurerhammer auf den Kopf geschlagen haben. Die Staatsanwaltschaft möchte sie gern dauerhaft in den Maßregelvollzug in die Forensik schicken.

Die Anklage ist schnell zusammengefasst: Die Frau traf sich damals mit ihrem Freund (42) und einem Bekannten (40) aus dem Landkreis Tirschenreuth. Das Trio kannte sich aus der Entzugsklinik. Ab dem Morgen wurde getrunken. „Wir haben alle drei gesoffen ohne Ende“, sagt der Freund. An dem heißen Sommertag im Juli 2023 wurde im Garten des Freundes gegrillt. Am Abend verlagerte sich das Ganze vor den Fernseher. Der Bekannte schlief auf dem Sofa, als ihn der Maurerhammer traf.

Hintergrund der Tat soll eine psychische Erkrankung der Frau sein, die mit wahnhaften Verkennungen einhergeht, so Staatsanwalt Matthias Biehler in der Anklage. Sie glaubte, von dem Bekannten zuvor sexuell belästigt worden zu sein. Zur Tatzeit hatte sie 2,2 Promille.

Falschaussage: Zeuge landet in der Zelle

Der Bekannte kann sich vor Gericht plötzlich an nichts mehr erinnern. Bei der Polizei hatte er noch ausgesagt, nach dem Schlag die Frau über sich gesehen zu haben: „wie sie diesen Hammer in der Hand hielt und herumgeschmissen hat“. Jetzt will er das nicht wiederholen. „Es war ein gutes Verhältnis“, beteuert er immer wieder.

„Sie hocken schneller im Café Viereck, als Sie denken, wenn Sie uns hier ankohlen“, warnt ihn Richter Peter Werner. Am Ende kommt es tatsächlich so weit: Staatsanwalt Biehler lässt den 40-Jährigen wegen Falschaussage im Gerichtssaal festnehmen. Er verbringt die nächsten Stunden in der Zelle der Justiz.

Zweiter Zeuge: halbe Flasche Wodka intus

Auch der zweite Zeuge (42) – der damalige Freund der Beschuldigten – legt einen nicht alltäglichen Auftritt hin: Er wankt zu seinem Platz im Schwurgerichtssaal. Verteidiger Rouven Colbatz zweifelt an der Aussagetüchtigkeit. „Wieso?“, meint der Richter. „Er weiß sein Geburtsdatum und den Wohnort.“ Zumindest fast, abgesehen von einem Zahlendreher. Der 42-Jährige gibt auf Nachfrage freimütig an, bereits eine halbe Flasche Wodka intus zu haben. Um 10 Uhr vormittags.

Er redet sich beinahe ebenfalls um Kopf und Kragen. Seine Freundin habe damals ein Bild aufgehängt und dann sei ihr der Hammer aus der Hand gefallen. Auch ihm droht die Zelle. Am Ende macht der 42-Jährige von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Als ehemaliger Verlobter darf er das: „Wir wollten heiraten und dann ist der Schmarrn passiert.“ Er darf wieder hinaus wanken.

Das Paar schlägt sich und verträgt sich

Die Vohenstraußer Polizei ist seit Jahren dauerbeschäftigt mit dem Pärchen. Beleidigung, Bedrohung, Körperverletzung, Raub: Die beiden zeigen sich gegenseitig wegen allem Möglichen an – und verlassen danach händchenhaltend die Dienststelle. Die Frau wird von den Beamten bei diesen Auftritten als besonders aggressiv beschrieben. Der Mann sei immer nur „sehr stark betrunken“.

Ein Polizeibeamter sagt, er habe die beiden noch nie nüchtern erlebt. Am Abend der Tat hatten beide knapp 2 Promille – „ein normaler Wert“. Die Beschuldigte habe sehr oft bei der Inspektion angerufen, auch wiederholt angebliche Vergewaltigungen angezeigt, teils Jahrzehnte zurückliegend. „Auch an diesem Abend war sie sehr hysterisch.“ Sie meldete einen sexuellen Übergriff. Die Streife fuhr zum Haus, traf in der Einfahrt auf die Beschuldigte und bemerkte im Wohnzimmer den schlummernden Verletzten auf dem Teppichboden.

Psychiatrischer Gutachter verfolgt Verhandlung

Der Mann war randvoll mit Alkohol. Eine Polizeibeamtin musste den 40-Jährigen schütteln, damit er wach blieb. Sie sah die Blutflecken am Poloshirt und die große Beule auf dem Hinterkopf. Daneben lag ein Waschlappen voll Blut. Beide Männer sagten aus, dass die Frau mit dem Hammer zugeschlagen habe. Die Verletzung war nicht sonderlich schwer.

Aber möglicherweise bietet sie die Gelegenheit, dem jahrelangen Treiben ein Ende zu setzen. Die Verhandlung wird aufmerksam vom psychiatrischen Sachverständigen Dr. Johannes Schwerdtner verfolgt, der am nächsten Verhandlungstag (2. Mai) sein Gutachten erstatten wird. Bislang ist rätselhaft, was die Frau tatsächlich zum Griff zum Hammer bewog. Ein Polizist kennt die Beschuldigte von früher: Sie hat Abitur, war Optikermeisterin von Beruf. „Sie war früher ganz anders. Ein komplett integrierter Mensch mit allem Drum und Dran.“

Vohenstraußer Szene

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1 Kommentare

Anwohner - 24.04.2024

Der interne Steit des Bodensatzes der Gesellschaft wird mit meinem Geld verhandelt. Glückwunsch an alle streitenden Parteien.