Mutloses Pünktchen: Jahn Regensburg läuft FC Magdeburg meistens hinterher

Regensburg. Was für ein Kontrastprogramm zum couragierten Auftritt auf St. Pauli: Der SSV Jahn erkämpft sich ein glückliches Last-Minute-Remis gegen den 1. FC Magdeburg und zeigt einmal mehr: Gegen direkte Abstiegskonkurrenten lassen die Oberpfälzer die wichtigen Punkte liegen.

Andreas Albers jubelt über den geschenkten Ausgleich, muss selber aber nicht mehr eingreifen. Bild: jrh

Was soll man von diesem Auftritt am sonnigen Ostersonntag halten? Hatten die beiden Siege in Kiel und gegen Paderborn und sogar die völlig unverdiente Niederlage beim FC St. Pauli noch Mut gemacht, überwiegen nach dieser schlampigen Vorstellung gegen den 1. FC Magdeburg die Zweifel, ob Regensburg so die Klasse halten kann.

Während die Oberpfälzer vergangenen Samstag die Hamburger von Beginn an in deren eigenen Hälfte stressten, haben die Magdeburger im Jahn-Stadion fast Narrenfreiheit. Warum verzichtet man ausgerechnet gegen Gegner aus der benachbarten Tabellenregion aufs hohe Anlaufen? Aus Respekt vor den zuletzt – unter dem neuen FC-Trainer Christian Titz – dominant auftretenden Gästen? Aber dann müsste man den, mit neuem Selbstbewusstsein agierenden, Aufsteigern doch erst recht frühzeitig den Schneid abkaufen.

Stattdessen laufen die Oberpfälzer den Sachsen-Anhaltinern ab der ersten Minute hinterher. Der SSV Jahn kommt überhaupt nicht ins Spiel, immer einen Schritt zu spät, und die eigenen Pässe sind höchst fehleranfällig. Den Gästen reicht ein übersichtliches Kombinationsspiel, um die Hausherren ein ums andere Mal in Verlegenheit zu bringen. Besonders enttäuschend: Aus dem Mittelfeld kommen so gut wie keine Impulse und Ideen von Max Thalhammer, um den Sturm um Andreas Albers in Szene zu setzen.

Umjubelter Baris Atik (hinten Mitte) nach dessen Kunstschuss zum 0:1. Bild: jrh

Der Jahn überhaupt nicht im Spiel

Auffälligster Magdeburger: Baris Atik im Positiven wie Theatralischen. In den ersten Minuten   verzögert er nach einem Freistoßpfiff gegen seine Jungs das Spiel und schubst Max Thalhammer weg – allein für die Verzögerung sah Prince Owusu bei St. Pauli die Gelbe. Für den Doppelpack aus Ball festmachen und halber Tätlichkeit wäre mehr als nur Gelb drin gewesen (7.).

Links außen schindet der kleine Zopfträger dann einen Freistoß – und verwandelt direkt. Atik zirkelt den Ball aus 22 Metern halblinks ins rechte Eck, Jonas Urbig – in Erwartung einer Flanke – macht einen Schritt in die falsche Richtung und dann reicht die Flugeinlage nicht mehr zur Abwehr, 0:1 (11.). Im Anschluss haben die Gäste das Spiel ohne große Mühe unter Kontrolle, nach vorne bringt Regensburg buchstäblich nichts zustande. Hinten kratzt Urbig noch einige Abschlüsse von der Linie.

Gastgeschenk zum Ausgleich

Magdeburg macht nach der Pause zunächst da weiter, wo sie aufgehört hatten: Mit Flügelspiel und gefährlichen Flanken vors Tor. Doch Ertrag bringt das überraschenderweise für den Jahn: Nach Caliskaners Flanke von links behindern sich Keeper Dominik Reimann und Silas Gnaka im Fünfer gegenseitig, die Kugel trudelt über die Linie, Albers Einsatz sichert das Eigentor ab, 1:1 (52.).

Trotz des glücklichen Slapstick-Ausgleichs: Der Jahn lässt sich weiter hinten von ein paar Straßenfußballertricks düpieren und bringt außer langen Bällen zum Gegner nach vorne wenig Produktives zustande. Magdeburg bleibt gefährlich, nutzt die Räume, spielt über die Flügel – das ist kein Hexenwerk, was die Gäste hier aufziehen, aber Regensburg bekommt keinen Zugriff.

Regensburg wird mutiger

Starker Antritt von Saller, Doppelpass mit Singh, aus spitzem Winkel holt sich Reimann die Kugel mit Übergriff noch runter (57.). Magdeburg hat sich vom Ausgleich erholt und zieht das Tempo wieder an. Urbig fliegen die scharfen Ecken nur so um die Ohren, der Jahn stochert Ball und Ball aus dem Strafraum, kein Spiel für schwache Nerven. Immer wieder Jason Ceka mit Abschlüssen im Strafraum, wieder Ecke (67.). Überfällige Wechsel – aber sind es auch die richtigen? Charalambos Makridis für Albers und Christian Viet für den erneut blassen Blendi Idrizi, der zweimal dadurch auffiel, dass er am Hosenboden sitzenblieb, als das Spiel weiterlief (69.).

Singh erarbeitet sich die Kugel im Mittelfeld, schickt Makridis, dessen mittigen Abschluss begräbt Reimann unter sich (71.). Noch ein Anlauf über rechts, den zweiten Ball schnappt sich Leon Guwara, der Ball kommt schon gefährlicher, Reimann ist aber dennoch zur Stelle (72.). Ein weiteres Mal ist Reimann im Glück, eine Flanke rutscht ihm über den Handschuh, im zweiten Versuch hat er die Kugel.

Und ewig grüßt Atik beim Freistoßtor

Riskante Grätsche von Bene Saller, er trifft zwar den Ball, aber auch den Mann, gefährliche Freistoßposition 25 Meter zentral: Atik weit übers Gehäuse (76.). Regensburg wuselt sich in den Strafraum, kommt aber nicht zum Abschluss, Jan Elvedi muss den Konter unterbinden, 5. Gelb, fehlt in Fürth (78.). Zweifelhafter Freistoß, Saller spielt Ball, Kai Brünker fällt über sein Bein. Atik mit der Vorlage, Brünker mit dem Kopf, Urbig kann auf der Linie abwehren, Daniel Elfadli kann abstauben, 1:2 (81.).

Die Angriffe der Regensburger in der Schlussphase eine Mischung aus Hektik, Verzweiflung und Missgeschick. Da ist sie nochmal, die große Chance: Weite Flanke auf Ayguen Yildirim, der köpft knapp daneben (87.). Bester Angriff des SSV über den eingewechselten Konrad Faber rechts außen, Flanke in die Mitte, Kaan Caliskaner mit Drehschuss, 2:2 (90.). Jetzt überschlagen sich die Ereignisse: Rot gegen Magdeburg? Daniel Heber fällt Yildirim als letzter Mann (91.). Schiri Tobias Stieler schaut sich das Video dazu an: Es bleibt dabei!

In Fürth muss mehr kommen

Freistoßgelegenheit für den Jahn aus 18 Metern halbrechts: Singh in Reimanns Handschuhe (93.). Noch ein Aufsetzer von Yildirim von der Strafraumkante, Reimann lässt abprallen, kann den Ball aber dann festmachen. Der Punkt unterm Strich glücklich, und vor allem mit Blick auf die anderen Ergebnisse zu wenig – immerhin behält der Jahn nach Niederlagen von Sandhausen und Rostock den Relegationsplatz.

Aber Eintracht Braunschweig setzt sich mit einem 1:0 in letzter Minute bereits etwas ab. Am kommenden Freitag braucht der SSV bei der aufstrebenden SpVgg Fürth zumindest die Einstellung von der Reeperbahn, um Boden gut zu machen.

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