Neustadt am Kulm: Startschuss mit Spatenstich

Neustadt/Kulm. Heute fällt mit dem Spatenstich für den Kanalbau auf dem Marktplatz der Startschuss für die Altstadtsanierung. Der Bau der neuen Abwasseranlage macht den Auftakt für die grundlegende und von einigen Anliegern nach wie vor strikt abgelehnte Erneuerung des Innenstadtbildes. 

Von Udo Fürst

Neustadt Kulm Gestaltungsfibel
Holzfenster werden laut Gestaltungsfibel bezuschusst, Kunststofffenster dagegen nicht. Darüber entspann sich eine Diskussion in der jüngsten Stadtratssitzung. Foto: Udo Fürst

Als hätte es das Häuflein Sanierungsgegner von der Interessengemeinschaft der Marktplatzanlieger geahnt, fiel ihr Protest vor dem Rathaus diesmal scheinbar nicht ganz so lautstark aus wie üblich. Die Trillerpfeifen klangen leiser als sonst, die Feuerwehrsirene blieb ganz eingepackt, als Bürgermeister Wolfgang Haberberger (CWML) den Spatenstichtermin in der jüngsten Stadtratssitzung mit sichtlicher Genugtuung bekanntgab.

Haberbergers Freude teilten aber nicht alle Stadträte. Ein großer Teil des Gremiums nahm die Botschaft des Bürgermeisters eher emotionslos zur Kenntnis. 1,85 Millionen Euro wird die Sanierung der Abwasseranlage kosten, knapp neun Millionen Euro müssen für die komplette Marktplatzsanierung berappt werden. Allerdings wird das Projekt mit bis zu 80 Prozent großzügig bezuschusst.

Größtes Bauprojekt der Stadtgeschichte

Zuvor befassten sich die Räte mit einem anderen Thema, das aber auch mit dem größten Bauprojekt der Stadtgeschichte zu tun hat: die Gestaltungsfibel. Diese Anleitung ist Voraussetzung für die Sanierung alter Häuser in der Innenstadt. Offiziell heißt das Projekt „Kommunales Förderungs- und Geschäftsflächenprogramm zur Durchführung privater Fassadengestaltungs- und Sanierungsmaßnahmen im Rahmen der Stadtsanierung“.

Neustadt Kulm Gestaltungsfibel

Damit sollen private Hauseigentümer bei der Renovierung ihrer Gebäude finanziell unterstützt werden. Die Fibel gibt Empfehlungen und Hinweise, wie man die Häuser sinnvoll und dem historischen Charakter entsprechend umbauen kann.

Der Bürgermeister teilte mit, dass nun auch Regierung und Denkmalschutz die Fibel abgesegnet und bereits fünf Hausbesitzer ihr Interesse an Gebäudesanierungen signalisiert hätten.

Solarplatten-Verbot sorgt für Kritik

Nicht alle Räte waren mit dem Inhalt und mit dem Geltungsbereich der Fibel einverstanden. Maria Sehnke (Zukunft), eine Marktplatzanliegerin, kritisierte, dass Solarzellen auf den Dächern nicht erwünscht seien. „Wir haben Solarplatten auf dem Dach und damit in den vergangenen Jahren mindestens 15.000 Liter Heizöl und entsprechend CO2 eingespart. Wie soll ich meinen Nachbarn erklären, dass dies in Zukunft nicht mehr möglich ist? In Zeiten des Klimawandels ist das ebenso unsinnig wie das Quasiverbot von Holzfenstern.“

Neustadt Kulm Gestaltungsfibel

Helmut Schäffler (Zukunft) forderte, den Geltungsbereich der Fibel auszudehnen. „Die Pfarr- und die Kirchgasse gehören da auf jeden Fall mit rein.“ Auch Karlheinz Schultes (CSU) blies in dieses Horn: „Wir sollten die Fibel schnellstmöglich auf die komplette Altstadt erweitern.“ Kritik übte er auch an der Einschränkung von Energieeinsparungen wie Kunststofffenster oder Solaranlagen auf Dächern.

Endlich verabschieden

Der Bürgermeister warnte davor, jetzt wieder alles aufzuweichen und hinauszuzögern. „Wir können den Bereich in zwei, drei Jahren immer noch erweitern. Jetzt müssen wir die Fibel endlich auf den Weg bringen.“ Ähnlich sahen das Hermann Preißinger von der CSU („Der Marktplatz hat Priorität“) und Käthe Pühl von der Liste Zukunft, die meinte, dass verhinderte oder erschwerte Energiesparmaßnahmen ein bayernweites Problem seien. Die Fibel verbiete Kunststofffenster oder Solaranlagen ja nicht, es gebe halt dann keinen Zuschuss für solche Projekte.

Als Reiner Kopp (SPD) forderte, die Fibel zu öffnen und moderner zu gestalten, hielt ihm der Bürgermeister entgegen, sich zu widersprechen. „Das hast du in der letzten Sitzung ganz anders gesagt und zugestimmt.“

Schließlich verabschiedeten die Stadträte gegen die Stimmen von Maria Sehnke, Helmut Schäffler und Reiner Kopp die Gestaltungsfibel.

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