Philipp Hausner will Jahn Regensburg als Botschafter Ostbayerns etablieren

Nordoberpfalz. Philipp Hausner ist beim SSV Jahn als kaufmännischer Geschäftsführer Nachfolger von Erfolgs-Sportchef Christian Keller. Der Sportökonom mit Verbindungen nach Parkstein will den Regensburger Fußballverein auf allen Ebenen weiterentwickeln.

So viel Oberpfalz steckt im SSV: Philipp Hausner, Jahn-Geschäftsführer mit Verbindungen nach Parkstein. Bild: Roßmann/SSV Jahn

OberpfalzECHO: Herr Hausner, was genau haben Sie als diplomierter Sportwissenschaftler – Fachrichtungen Ökonomie und Management – aus Ihrem Studium mitgenommen? Etwa in puncto „Angst des Schützen vorm Elfmeter“ (Anm. der Red. Max Besuschkow verschoss drei der letzten vier Elfer zuletzt bei der unglücklichen 1:2-Heimniederlage gegen Kiel)?

Philipp Hausner: (lacht) Darf ich mit einem Schwank darauf antworten? Mein Onkel Thomas ist Dokumentarfilmer, er hat unter anderem für Arte den Film „Mein Gott, Elfmeter“ gedreht – der Film zeigt in allen Perspektiven, wie unberechenbar ein Elfmeter ist. Im Ernst: Ich denke, dass eine gute theoretische Ausbildung wie ein Studium immer ein wichtiges Rüstzeug mit sich bringt.

Hat sich die Theorie denn in der Praxis bewährt?

Manches lässt sich erlernen, anderes lehrt nur die Erfahrung. Mein Augenöffnermoment war, wie beispielsweise in der Praxis Vermarktungsgespräche ablaufen. Man weiß in der Theorie, wie ein gutes Vermarktungskonzept ausschaut. Aber die entscheidenden Momente, um Verhandlungen erfolgreich zu gestalten, kann man nur durch Erfahrungen erlernen.

Einer der Lehrsätze von Christian Keller, die dem eingefleischten Fußballfan zunächst nicht gänzlich einleuchten, lautete Steine statt Beine – können Sie dieses Theorem kurz volkstümlich erläutern?

Wirklich Steine statt Beine?

Es kann auch „eher in Steine als in Beine“ heißen …

… eben, da geht es immer um ein gesundes Verhältnis, man muss an beides denken. Der eingeschlagene Weg aber ist richtig. Tatsache ist, dass der Jahn in Bezug auf die Infrastruktur noch große Entwicklungsfelder hat.

Trotz Jahn-Arena, Ausbau des Trainingsgeländes und des neuen Funktionsgebäudes?

Der nächste naheliegende Schritt ist ein großer Wurf für unser Nachwuchsleistungszentrum, die Jahnschmiede. Unsere Mittel sind begrenzt, aber der Jahn ist in der Lage, seine infrastrukturelle Zukunft zu gestalten – wir würden lieber heute als morgen von unserer Nachwuchsarbeit profitieren, um unsere Wettbewerbsfähigkeit weiter zu verbessern. Wir befinden uns gerade im Austausch mit der Stadt Regensburg, mit der Sport-Bürgermeisterin oder auch dem Liegenschaftsamt, um einen zentralen Standort für die Jahnschmiede zu finden. Es ist nicht einfach, ein Areal dieser Größe in Regensburg aufzutun. Wir haben für uns intern das Ziel ausgegeben, im ersten Halbjahr 2022 dazu eine Grundsatzentscheidung zu fällen.

Jahn-Präsident Hans Rothammer lobt, dass Sie als Prokurist und Leiter der Abteilung Vermarktung Geschäftskunden in den vergangenen Jahren einen sehr großen Anteil an der positiven Entwicklung des SSV Jahn hatten – besonders beim Ausbau des Sponsoren- und Partnernetzwerks des SSV Jahn. Bitte ein vorher-nachher-Vergleich …

Als ich begonnen habe, also 2014, hatte der Jahn 60 Kooperationspartner. Stand heute sind es 420. Ich möchte aber ausdrücklich betonen, dass diese Entwicklung nicht nur meiner Person zuzurechnen ist, sondern als Mannschaftsleistung zu verstehen ist. Daran haben die Geschäftsführung, der Vorstand und die Gremien genauso ihren Anteil wie die kompetenten und fleißigen Mitarbeiter meiner Vermarktungsabteilung.

Was bedeutet denn Ihre Formulierung: Sie kennen den „Club, das vielschichtige Umfeld und die relevanten Anspruchsgruppen“ sehr gut – was gehört da alles dazu?

Es liegt in der Natur der Sache, dass man nach so vielen Jahren im Verein viel gesehen hat. Allen voran gehören dazu unsere Fans, deren Lebensmittelpunkt der Jahn ist. Dazu gehören die Medien, die eine förderliche Berichterstattung und Reichweite gewährleisten. Auch die Wirtschaftsunternehmen am Standort Regensburg und Ostbayern, die anerkennen, dass sich der Jahn zu einem Leuchtturm der Region, zu einem weichen Standortfaktor entwickelt hat. Die Politik hat einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung geleistet. Nach meinem Verständnis sind aber auch die Hochschullandschaft, die gesamte Gesellschaft und Kultur zu nennen – nur im Kollektiv funktioniert Profifußball nachhaltig.

Jetzt peilen Sie zusammen mit Sportchef Roger Stilz den nächsten Entwicklungsschritt an – aber ohne Aufstiegsambitionen: Wohin kann sich der Verein nach fünf Jahren Zweite Bundesliga noch entwickeln?

Wir haben für den Jahn die Vision als „Botschafter für Ostbayern“ definiert, damit immer mehr Menschen in der Region sagen können, „ich bin stolz auf den Jahn“. Entlang dieser Zielsetzung wollen wir weiterarbeiten, die Durchdringung weiter steigern, unsere Initiativen noch stärker fokussieren – mit Jahn-Vereinspartnerschaften, der Jahn-Kinderwelt, den Jahn-Feriencamps und vielen weiteren Bereichen. Wir wollen den Slogan „mia spuin fia eich“ noch stärker im Bewusstsein der Menschen verankern. Mit unserer sportlichen Ambition als einen der drei Markenwerte wollen wir uns weiter in der Zweiten Bundesliga etablieren – das ist bereits ein großer Erfolg. Unsere Bodenständigkeit als zweiten Wert sagt uns bei der Größe des Standorts aber auch, die sportliche Erwartungshaltung nicht nach der Bundesliga schielen zu lassen, sondern nachhaltig und demütig zu arbeiten.

Dem Verhältnis kaufmännische und sportliche Leitung wohnt ein immanentes Spannungsfeld inne – der Sportchef sollte die bestmöglichen Spieler anheuern, der Finanzchef ihn aber kurzhalten. Wie zieht man da am gleichen Strang?

Beide Zielsetzungen sind richtig, um für uns passende, bestmögliche Transfers kaufmännisch seriös zu tätigen. Das ist ein Gestaltungsfeld, dem wir uns beide widmen – so wie ich Roger Stilz kennengelernt habe, beide mit ganzheitlichem Blick. Er hat da unter anderem als ehemaliger Leiter des Nachwuchsleistungszentrums von St. Pauli die richtige Expertise, um das Beste für den Jahn zu erzielen. Das geht zusammen nur mit einem guten Informationsaustausch.

Wie verankert man den Jahn noch stärker in der ostbayerischen Gesellschaft? Kann der Jahn zwischen den Fan-Gemeinden des Club und des FC Bayern – mit Ausläufern bei 1860 und Kultclubs wie St. Pauli – mehr als nur eine Nische besetzen, weil der Verein aus der Oberpfalz kommt?

Man muss sehen, wo der Jahn herkommt. Wir können mit dem derzeitigen Wert zufrieden sein, aber es ist auch noch viel Potenzial vorhanden. Wir sehen uns aber nicht in Konkurrenz zu den Bundesliga-Clubs, sondern möchten den Jahn weiter präsent machen. Nicht um Leute von anderen Vereinen wegzubringen, sondern um sie zum Jahn hinzubewegen. Wir haben auch Fans im Stadion, die mir sagen, „ich war schon immer Bayern-Fan, und jetzt bin ich auch noch Jahn-Fan geworden“.

Sie verantworteten das konzernweite Sponsoring- und Spendenmanagement der Schörghuber Unternehmensgruppe. Wie ticken potenzielle Sponsoren, was können Sie realistisch von Ihrem Engagement erwarten?

Unternehmen ticken sehr unterschiedlich. Was ihnen gemeinsam ist: Es geht immer darum, für das Unternehmen einen realen Mehrwert zu erreichen. Es gibt grundsätzlich fünf Ansätze: Der erste und relevanteste ist, die Markenbekanntheit durch mehr Sichtbarkeit zu steigern. Der zweite Schritt ist, die eigenen Unternehmenswerte durch den Verein entsprechend aufzuladen. Wenn ich die Werte des Vereins gut finde, wie zum Beispiel „ambitioniert und bodenständig“, kann das sehr zielführend sein. Drittens ist wichtig, das Jahn-Netzwerk von Unternehmen und Fans für die eigenen Produkte und neue Kontakte zu nutzen. Viertens, und das nimmt immer mehr zu, ist das Mitarbeitermanagement durch Anreize wie Eintrittskarten zu stärken und beispielsweise durch Bandenwerbung auf offene Stellen hinzuweisen. Und fünftens geht es auch um ein Standort-Engagement. Das ist ein bunter Blumenstrauß, mit dem man in der Praxis sowohl Fußballfans erreicht, die werben wollen, wie auch Kooperationen schließen kann, wo vorher kein großes Fußballinteresse vorhanden war.

Oberpfalz-Derbys wie hier gegen die SpVgg Weiden gibt’s derzeit nur noch im DFB-Pokal. Bild: Herda

Wo sehen Sie noch Sponsoren- und Fan-Potenziale im Norden der Oberpfalz – wie gut kennen Sie sich mit Holz und Wellpappenanlagen aus? Und wie viele Fans nördlich der Donau-Naab-Linie, schätzen Sie, können Sie bereits mobilisieren?

(lacht) Die sind uns bestens bekannt, und, glauben Sie mir, die haben schon was von uns gehört. Das ist ständig in Bewegung. Nehmen Sie das Beispiel Zollner Elektronik AG, da haben wir vier Jahre miteinander gesprochen und nun eine gute Partnerschaft. Man beschnuppert sich, kommt sich näher, einigt sich auf ein für beide Seiten gutes Konzept. Ohne tragfähiges Konzept ist die Partnerschaft schnell wieder vorbei. Ein langer Atem ist wichtig.

Sie haben, wenn ich richtig informiert bin, verwandtschaftliche Beziehungen in die nördliche Oberpfalz?

Ja, mein Onkel 2. Grades wohnt in Parkstein.

Parkstein, wo kürzlich eine Mehrheit der Bürger in einem Ratsbegehren für einen Windpark gestimmt hat – spielt das Thema Nachhaltigkeit in all seinen Facetten künftig eine größere Rolle?

Nachhaltigkeit hat drei Dimensionen. Neben der ökologischen auch eine ökonomische und gesellschaftliche. Wir haben uns für 2022 vorgenommen, Nachhaltigkeit in einer ganzheitlichen Betrachtung stärker in den Fokus zu nehmen. Im gesellschaftlichen Bereich sind wir seit vielen Jahren mit 18 Projekten präsent – mit unserer Initiative „Jahn Sozial: Brücken für Regensburg“ erreichten wir vor Corona rund 3.000 Leute, um Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten für Kinder, soziale Benachteiligte und Menschen mit Handicap, in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Integration. Auch ökonomisch zeigen wir Verantwortung. Wir haben die Mitarbeiter während der Pandemie mitgenommen und nicht einen Tag Kurzarbeit angemeldet. In puncto Ökologie verwenden wir Ökostrom im Stadion, verhalten uns insgesamt ressourcensparend. Dennoch wollen wir hier in Gänze ein klares Profil entwickeln, mit dem wir dem Jahn ein klares Ziel vorgeben.

Wie wichtig ist inzwischen das Merchandising für die finanzielle Entwicklung? Um den Marktführern in diesem Bereich – FC Bayern, St. Pauli etc. – etwas entgegenzuhalten, habe ich vor Weihnachten schon mal eine Jahn-Ausstattung für meine zwei Töchter bestellt …

Das ist eine Ertragsposition, die spürbar ist und sich entwickelt hat. Sie haben natürlich Recht, im Vergleich zu anderen Vereinen tun wir das mit geringerer Schlagzahl, daran wollen wir arbeiten. Aber vor zehn Jahren sah man in der Stadt fast nur Bayern-Trikots, mittlerweile gibt es auch einige Jahn-Trikots. Bei der Auswahl der Produkte stellen wir uns den Themen Lieferkette und Nachhaltigkeit, ohne bereits behaupten zu können, dass wir hier Musterschüler sind.

Sie sind seit sieben Jahren mit an Bord – fast so lange wie Christian Keller: Würde Sie langfristig auch eine Bundesliga-Karriere reizen?

Ich lebe im Hier und Jetzt. Ich habe so viel vor auf meiner To-Do-Liste, da bin ich voll und ganz beim Jahn.

Bleiben Sie mit Ihrem Vorgänger in Kontakt und bietet sich hier eine strategische Partnerschaft mit dem 1. FC Köln an?

Wir bleiben natürlich privat verbunden. Dass sich daraus eine sportliche Partnerschaft entwickelt, glaube ich eher nicht.

Zur Person: Philipp Hausner

  • Der diplomierte Sportwissenschaftler (Fachrichtungen Ökonomie und Management) studierte an der TU München.
     
  • Vor seinem Engagement beim SSV Jahn verantwortete Philipp Hausner von 2007 bis 2014 für die Schörghuber Stiftung & Co. Holding KG (München) unter anderem das konzernweite Sponsoring- und Spendenmanagement der Unternehmensgruppe.
     
  • Als Leiter Vermarktung Geschäftskunden des SSV Jahn zeichnete sich der zweifache Familienvater seit 2014 für die deutliche Ausweitung des Sponsorennetzwerks von knapp 60 (Stand 2013) auf mittlerweile 420 Partner aus.
     
  • Nach dem Ausscheiden von Christian Keller erhielt die Geschäftsführung der Jahn KG eine neue Struktur: Aus einem Alleingeschäftsführer, der sowohl den sportlichen als auch den kaufmännisch-administrativen Bereich verantwortet, wird eine Zweigeschäftsführerlösung.
     
  • Philipp Hausner übernahm das Amt des kaufmännischen Geschäftsführers der Jahn KG, Roger Stilz verantwortet den Bereich Sport.

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