Schobers Rock Kolumne: Altmeister und Newcomer zum Jahresende

Parkstein. Das Jahr neigt sich dem Ende zu, da springen noch zwei Altmeister aus der Gruft. Es gilt aber auch junges Gemüse zu feiern.

CD Covers Bildquelle: Ana Patan, Andy Taylor, Steve Hackett, Maiija, Dear Anna, Durry

Leise Töne aus Rumänien

Es ist ja seit langem so, dass man seine Musik ganz locker am Computer komponieren und auch aufnehmen kann. Der „neuen“ Technik verdanken wir so manche Großtat der Popmusik. Man kann aber auch -immer noch- hergehen, sich in ein Studio mit ein paar Mikros einschließen und ein Tonband mitlaufen lassen. Und -Wunder, Wunder- die Klangausbeute kann dabei eine phänomenale sein, die knisternde Atmosphäre auch.

Die in Schweden lebende, rumänische Singer/Songwriterin und Gitarristin Ana Patan hat diese Oldschool Experiment gewagt – und auf der ganzen Linie gewonnen. „Spice, Gold And Tales Untold“ (Bertus) ist ein schlichtes wie ergreifendes Stück allerfeinster (Jazz-Pop-)Musik geworden, völlig relaxt in der Anmutung, minimalistisch auf Bass, Gitarre, Schlagwerk und Stimme reduziert, eingespielt mit einem Top-Team (u.a. Devin Townsend, Jonas Hellborg und Zoltan Csorsz) zeigen diese zehn Lieder, dass wenig deutlich mehr sein kann. Nicht nur Joni Mitchell-Fans sollten ihre Freude daran haben.

Wo der Trump sein Fett wegbekommt

Das erste Solo-Album von Andy Taylor nach 30 Jahren (!) verhält sich dazu wie Ying & Yang, wenn auch „Try To Get Even“ eine gefühlvolle Akustik-Ballade ohne Dampframme, dafür mit Tina Arena als Duett-Partnerin. Der Rest des Albums ist großer Classic-Rock(-Circus), wo geklotzt und nicht gekleckert wird. Taylor ist wütend, wütend auf die Trump-Jahre, die Pandemie und auf die Welt und die Menschen im Allgemeinen.

Der Mensch selbst ist sein schlimmster Feind und verhält sich wie ein Rudel Wölfe, wenn es darum geht, sich zu verteidigen. „Man’s A Wolf To Man“ (BMG) thematisiert diese Sichtweise des ex-Duran Duran-Mannes und spart dabei nicht an knackigen Rock-Songs und ein paar ordentlichen Gitarren-Solos. Kleinigkeiten wie das Mundharmonika-Outro auf „Did It For You“ machen das Kraut hier fett.

Achtung: Weihnachtsgeschenk für Prog-Rock-. Fans

Apropos fett und Classic-Rock: wer hier ein Wörtchen mitzureden hat, ist sicherlich der Gitarren-Derwisch Steve Hackett. Von 1971 bis zu seinem Ausscheiden 1977 verzierte er sämtliche Genesis-Werke mit seinem einzigartigem, zwischen Rock, Jazz und Klassik changierenden Gitarrenspiel. Zudem zeichnete er als Co-Autor für viele Werke verantwortlich.

Als Weihnachtsgeschenk könnte demzufolge „Foxtrot at Fifty + Hackett Highlights: Live in Brighton“ (Inside Out) gerade richtig kommen. Es enthält neben dem kompletten „Foxtrott-Album“ einige seiner Solo-Kompositionen, aber auch „Los Endos“ von „A Trick of the Tail“ oder „Firth Of Fith“ von „Selling England …“ in einer üppigen 13-Minuten Version. Das Ganze gibt es als limitierte 2CD + Blu-Ray und 2CD + 2DVD, mit 5.1 Surround Sound, Bonusmaterial, Behind The Scenes und Interviews. Für Vinylliebhaber erscheint eine Deluxe 180g 4LP Edition.

Ich bin

Derart üppige Ausstattungsvarianten kann sich die Wiener Künstlerin Marilies Jagsch nicht leisten. Da muss man schon mangels Budgets ein wenig Low-Fi auftreten – oder man kennt halt die ganze österreichische Mucker-Landschaft und darf sich deren Mithilfe versichern. Unter dem Künstlernamen MAIIJA kam so eine illustre Truppe zusammen, um das schlicht „I am“ (Noise Appeal) betitelte, dritte Album einzuspielen.

Die Jagsch betitelt dabei jeden Song mit „I am“ und schlüpft so in diverse Rollen, von der „Nightmare“ über den „Volcano“ bis zur „Witness“. Die Arrangements sind zwar minimalistisch gehalten, es kommen aber doch üppige Chöre, das Cello, Violine oder Viola vor. Halt immer gerade so viel, dass es Sinn ergibt und die Stimme, die jeweilige Geschichte passgenau unterstützt. Der Grundton ist ein wenig traurig und melancholisch ohne gleich dystrophisch zu sein, sodass man diesen Liedern gerne am Abend auf der Couch zuhört, ein tröstliches Glas Zweigelt in Händen.

Manchmal bin ich ganz rammdösig, wenn ich schreie

Von Wien nach Hamburg geht die Reise. Was die Singer/Songwriterin Deer Anna in der Hafenstadt komponiert, ist dem der Habsburgerin nicht unähnlich, ja selbst stimmlich sind sich die Damen nicht so fremd, wobei die Anna etwas fragiler und zerbrechlicher, gleichzeitig aber auch etwas zynischer und distanzierter klingt. „Sometimes I’m Dizzy When I Scream“ (Dan Can Music) ist nicht nur ein schöner Albumtitel, sondern auch ein ernstgemeintes, autobiografisches Statement. Charmanter Indie-Pop, vielleicht ein wenig verhuscht, aber grundsympathisch und eine schöne Ergänzung für die Couch, wenn die MAIIJA-Scheibe durch ist.

Hier gibt`s ein volles Rohr auf die Ohren

Genug der Guten-Nacht-Musik irgendwann muss man ja wieder aufstehen. Nachdem einen oder anderen Glas zur MAIIJA- und Deer Anna-Musik blasen am Morgen danach Durry den Kopf binnen Sekunden wieder frei. Auf Durchzug ist dieser fröhliche, Punk- & Garage-informierte Indie-Rock gebürstet, sodass man bereits die Bett-Matratze zum exaltierten Moschen zweckentfremden will.

Das dynamische Bruder-Schwester-Duo, Austin und Taryn Durry machen auf Ihrem Debüt, „Suburban Legend“ (Thirty Tigers) vor allem eines: Spaß. Man ist frech aber auch lustig und wer auf Weezer, Sum 41, The White Stripes oder die Killers steht wird einen Heidenspaß an dieser neuen Band haben.

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