Space Eye hilft in der Ukraine mit einer “Rollenden Backstube”

Regensburg/Nikopol/Weiden. Helfen, wo Hilfe am nötigsten ist: Space Eye hat in der Ukraine eine "Rollende Backstube" installiert. Andreas Lehner aus Weiden, Mitarbeiter der Regensburger Hilfsorganisation, war hautnah dabei und berichtet über die Aktion.

Täglich bis zu 500 Brote backt das Space-Eye-Team in der Ukraine. Fotos: Sabine Franzl

Seit einigen Tagen ist die “Rollende Backstube” von Space-Eye in der Ost-Ukraine in Betrieb. Sie wird selbständig von ukrainischen Mitarbeitern von Space-Eye betrieben. Täglich bis zu 500 Brote backen die vier Mitarbeiter. Weitere Helfer verteilen sie in der nahegelegenen Stadt Nikopol an Einrichtungen und bedürftige Familien.

Mit Fahrgestell ausgerüstet

Die fahrbare Bäckerei wurde mit Unterstützung zahlreicher Spenderinnen und Spender erworben, renoviert und betriebsbereit gemacht. Mit einem Fahrgestell versehen, kann die Backstube in der Größe eines Lkw-Containers ihren Standort wechseln und dort eingesetzt werden, wo Brot am nötigsten gebraucht wird. Die gesamte Investition von Space-Eye belief sich auf circa 20.000 Euro.

“Hilfe zur Selbsthilfe”

Unter der Federführung von Bäckermeister Reiner Dietl aus Elisabethszell (Niederbayern) wurden die ukrainischen Helfer in einem einwöchigen Crashkurs im Backen und der Wartung des Geräts unterrichtet. Space-Eye-Gründer Michael Buschheuer: “Wir sind überglücklich, dass das Projekt nach nur drei Monaten Vorarbeit so gut und pünktlich an den Start gehen konnte. Mit der mobilen Bäckerei beschreitet Space-Eye einen neuen Weg der Hilfe zur Selbsthilfe.”

Helfen, wo Hilfe direkt ankommt: Space Eye-Mitarbeiter im Einsatz. Foto: Sabine Franzl
Helfen, wo Hilfe direkt ankommt: Space Eye-Mitarbeiter im Einsatz. Foto: Sabine Franzl
Fotos: Sabine Franzl
Fotos: Sabine Franzl
Fotos: Sabine Franzl
Fotos: Sabine Franzl
Fotos: Sabine Franzl
Fotos: Sabine Franzl
Fotos: Sabine Franzl

Andreas Lehner berichtet

Der Weidener Andreas Lehner ist so etwas wie der Verbindungsmann von der Regensburger Space-Eye-Zentrale zur Zweigstelle in Weiden und Störnstein. Dort betreut Lehner die Kleiderkammer der Hilfsorganisation. Kürzlich begleitete der Weidener zum wiederholten Mal eine Hilfstour. Was er dort erlebt hat, hat er für das OberpfalzECHO aufgeschrieben:

Raketen über den Köpfen

“Mehr als 5500 Kilometer war die Tour lang. Temperaturen bis 42 Grad im nicht existenten Schatten, dann wieder schwere Gewitter mit bis zu 40 Zentimeter Wasser auf den Straßen in Krywyj Rih. Wo wir genau waren, wird nicht gesagt, um den Russen kein mögliches Ziel zu verraten. In Apostolovo, wo die Bäckerei steht, flogen über unsere Köpfe hinweg drei Raketen in Richtung Westen. Kampfflugzeuge waren in der Luft. Einige Male detonierten Rohrartilleriegeschosse nur ca. zehn, zwölf Kilometer entfernt.

40 Kinder nach Russland verschleppt

Die Situation vor Ort ist dramatisch. Die Bevölkerung ist abgestumpft. Man hört die Explosionen, man sieht sie und trotzdem herrscht fast so etwas wie normales Leben in der Stadt. Kinder, die in Flüssen baden oder angeln, Leute beim Einkaufen. Aber was soll man auch tun? Das Leben muss ja irgendwie weitergehen. Circa eine Stunde oder acht bis zehn Kilometer in Richtung Osten entfernt lieferten wir in den befreiten, stark umkämpften Gebieten auch regelmäßig Brot aus.

Es ist schwer mit Worten zu beschreiben: Ein Beispiel von vielen: Ein Dorf zählte vor dem Krieg 450 Einwohner. Jetzt sind es noch circa 40, davon 22 Kinder. Der Rest wurde ermordet, mehr als 40 Kinder im Alter von drei bis zwölf Jahren wurden nach Russland verschleppt. Anzahl der unbeschädigten Häuser: 0, Anzahl der Gebäude, die nach unseren Standards bewohnbar sind: 1, Anzahl der Gebäude mit Fenster: 1, Anzahl der Tränen: unzählig.

Unbeschreibliche Dankbarkeit

Die Dankbarkeit, die Freude, die Freundlichkeit der Menschen dort sind unbeschreiblich. Mit 200-prozentiger Sicherheit ist die Bäckerei genau dort, wo sie mehr als dringend gebraucht wird. Ich war das erste Mal dort vor Ort, aber es war garantiert nicht das letzte Mal. Wir kommen wieder, wann und wo genau dann die Bäckerei stehen wird, bleibt logischerweise geheim. Mit welchen Mitteln das ukrainische Militär kämpft, ist unfassbar. Ob Panzer, umgebaute Pick Ups oder Lkws. Bei uns stünden die im Museum.

Andreas Lehner mit Bäckermeister Reiner Dietl aus Elisabethszell, dem Leiter der Backaktion. Foto: Andreas Lehner
Andreas Lehner mit Bäckermeister Reiner Dietl aus Elisabethszell, dem Leiter der Backaktion. Foto: Andreas Lehner
Das Space-Eye-Team. Foto: Andreas Lehner
Das Space-Eye-Team. Foto: Andreas Lehner
95 Prozent Ruinen gibt es in den Städten und Dörfern der Ost-Ukraine. Foto: Andreas Lehner
95 Prozent Ruinen gibt es in den Städten und Dörfern der Ost-Ukraine. Foto: Andreas Lehner
Die verbliebene Bevölkerung, meist Frauen und Kinder, freut sich über jede Hilfe. Foto: Andreas Lehner
Die verbliebene Bevölkerung, meist Frauen und Kinder, freut sich über jede Hilfe. Foto: Andreas Lehner
Die
Die “Rollende Backstube” von Space-Eye. Foto: Andreas Lehner
Foto: Andreas Lehner
Foto: Andreas Lehner
Foto: Andreas Lehner
Foto: Andreas Lehner
Foto: Andreas Lehner

Bei Gesprächen an den Straßenkontrollen baten uns die Soldaten, auch ihnen zu helfen. Wir hörten die Drohnen, die jede Nacht 100 Meter über uns kreisten. An Schlaf ist da nicht zu denken. Man kann die Drohnen aber nicht bekämpfen, weil Nachtsichtgeräte fehlen. Man sieht es den Soldaten an, wie fertig sie sind. Aber auch, wie riesengroß die Freude über das noch warme Brot war. 1600 Laibe haben wir in kürzester Zeit produziert und verteilt.

Bohrungen nach Wasser

Extrem ist das Thema Wasser. Die ganze Stadt wird mit Containern und Tankwagen versorgt. Ein neues Wasserfördersystem wird gerade gebaut. Die ersten 150 Meter sind gebohrt auf unserem Gelände. Das ist jedoch zu wenig, es muss noch viel tiefer gebohrt werden, um Trinkwasser in annähernd ausreichender Menge fördern zu können. Auch das steht auf dem Zettel. Es ist wichtig, dass wir persönlich vor Ort sind.

Keinerlei Vorräte

Der zerstörte Staudamm wirkt sich enorm und bis weit ins Land hinein aus. Sei es wegen der Energie- oder wegen der Wasserversorgung. Ohne Stausee gibt es keinerlei Trinkwasservorräte. Wir haben eine Unterkunft gewählt, die etwas weiter von dort entfernt liegt, um die Ressourcen im Ort nicht noch weiter zu belasten. Für den regulären Betrieb wäre täglich ein 500-Liter-Container nötig. Deswegen wird vor Ort nach Wasser gebohrt.

Einladung zur Mitfahrt

Rückwirkend betrachtet, war diese Tour rundherum erfolgreich und dringend nötig. Wer das alles nicht glaubt, ist herzlich eingeladen, das nächste Mal einfach mitzufahren.

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