SSV Jahn in Liga 3: Duisburg verzweifelt am Meister der einfachen Dinge

Duisburg. Woche für Woche wundern sich die Fans: Wieso bricht der Jahn mit dieser unspektakulären Spielweise alle Rekorde? 52 Punkte nach 24 Spielen, neunmal zu null, 6 Punkte Vorsprung auf Dresden, 11 auf Ulm. Nach Joe Enochs 100. Drittligasieg wird immer deutlicher: Der Enochs-Code der einfachen Dinge ist nur schwer zu knacken.

Tabellenführer SSV Jahn mit dem Siegtorschützen Elias Huth (oben) feiert den Auswärtssieg beim MSV Duisburg mit den treuesten Fans. Foto: jrh

Es ist nicht das große Spektakel, dass der Tabellenführer Woche für Woche abzieht. Aber nach 24 Spieltagen kann man langsam auch ausschließen, dass die Regensburger reine Glücksritter sind und zufällig an der Tabellenspitze stehen: „Dass wir einfache Sachen gut machen, ist das beste Kompliment, das wir bekommen können“, beschreibt Jahn-Trainer Joe Enochs sein Geheimrezept. „Weil wir wissen, wo wir herkommen – die einfachen Sachen perfekt zu machen, das versuchen wir der Mannschaft immer wieder einzutrichtern, und das setzen sie perfekt um.“

Die gebeutelten Zebras dagegen können einem leidtun – vor allem beim Blick ins traurige Gesicht eines kleinen Jungen, der sein Stoffzebra fest umarmt. Da rackern die Duisburger um Kapitän und Ex-Regensburger Marvin Knoll 94 Minuten lang, um den inzwischen auf 8 Punkte angewachsenen Abstand zum rettenden Ufer zu verkleinern.

Armes kleines Zebra. Die Duisburger Fans können einem leidtun. Foto: jrh

Pausenführung zu niedrig

Aber die blau-weißen Ruhrpott-Zebras beißen sich an den unermüdlich verschiebenden Mannschaftsteilen der Regensburger die Zähne aus. Vor allem in der ersten Halbzeit hätte das gewohnt aggressive Pressing der Oberpfälzer mehr als das abseitsverdächtige Abstaubertor zum 0:1 (35.) von Elias Huth nach strammem Pfostenschuss von Rasim Bulic verdient gehabt.

Konrad Fabers Flanke von rechts wird immer länger, am zweiten Pfosten muss Niklas Anspach aus gut fünf Metern nur noch einschieben, der kullert die Kugel aber zu lässig in die Arme des guten MSV-Keepers Vincent Müller (4.). Auch Oscar Schönfelder hat alle Zeit der Welt, den Ball aus rund 12 Metern im Netz zu versenken, verzieht aber mit seinem schwachen rechten Fuß (25). Und kurz vor der Pause scheitert Dominik Kother nach feinem Doppelpass aus spitzem Winkel erneut an Müller, bevor Huth die Kugel über das Lattenkreuz jagt (45 + 4).

Viel Ballbesitz, wenig Torchancen

In der zweiten Hälfte fruchten die Umstellungen von MSV-Coach Boris Schommers, der Erik Zenga für Caspar Jander bringt. Das defensive Mittelfeld der Hausherren um Santiago Castaneda wirkt jetzt stabiler – was aber auch daran liegen mag, dass die Regensburger jetzt insgesamt passiver das Spiel mehr verwalten als gestalten. Trotz hoher Ballbesitzquote der Duisburger bleiben die ganz großen Chancen für den MSV Mangelware.

Ein ungeschicktes Freistoßgeschenk des eingewechselten Tobias Huth kann Marvin Knoll aus 25 Metern mit seiner Paradedisziplin fast verwerten, aber Jahn-Keeper Alex Weidinger ist mit Flugeinlage zur Stelle (49.). Die scharfe Flanke des unermüdlichen Niklas Kölle von links verpasst der aus Duisburger Sicht enttäuschende Daniel Ginczek knapp – der Bundesliga-Sturmoldie bemüht sich zwar selbst um Bälle, fehlt dann aber in der Box.

Auch die Fan-Proteste gegen den Einstieg von Investoren durften in Duisburg nicht fehlen. Foto: jrh

Kalkulierte Zitterpartie

Aus Regensburger Sicht ist die zweite Hälfte eine kalkulierte Zitterpartie: Die Abwehr um Florian Ballas, der mit überragendem Stellungsspiel viele Angriffsversuche der Zebras ins Leere laufen lässt, hat das Spiel zwar weitgehend unter Kontrolle – da der Ball rund und Fußball eben auch ein Glücksspiel ist, strapaziert der Tabellenführer dennoch die Nerven der mitgereisten Fans mit diesem defensiven Vabanque-Spiel, bei dem immer mal eine Flanke durchrutschen kann: Wie Alexander Essweins Heber kurz vor Ende der regulären Spielzeit von der rechten Strafraumkante an den zweiten Pfosten, wo Kölles Kopfball das Ziel knapp verfehlt (89.).

Die Regensburger wiederum stressen die Jahn-Bank, weil sie die wenigen, aber hochkarätigen Konterchancen galant liegen lassen: Anspach steckt im Strafraum auf den eingewechselten Bryan Hein durch, der die Kugel stark behauptet, abtropfen lässt, sodass Anspach aus kurzer Distanz frei abschließen kann – das zweite Mal ist der Pfosten im Weg, und dieses Mal kein Huth zur Stelle (67.).

Oder Fabers einziges Solo über rechts, als er aus etwas spitzem Winkel auf den Keeper zuläuft, aber dann wohl aus Erschöpfung zu früh abschließt – Müller wehrt mit dem Fuß zur Seite ab (93.). Am Schluss steht ein unterm Strich verdienter, wenn auch alles andere als glanzvoller Dreier für den Spitzenreiter, der nach den Patzern von Dresden in Ingolstadt (1:2) und Ulm in Lübeck (1:1) den Puffer auf 6 bzw. 11 Punkte vergrößern kann.

Wäre Marvin Knoll doch in Regensburg geblieben. Besonders glücklich ist seine Karriere seit seinem Abgang nach St. Pauli nicht verlaufen. Foto: jrh
Wäre Marvin Knoll doch in Regensburg geblieben. Besonders glücklich ist seine Karriere seit seinem Abgang nach St. Pauli nicht verlaufen. Foto: jrh
Jahn-Keeper Alex Weidinger muss nur selten eingreifen. Wenn aber, wie bei Marvin Knolls Freistoß, ist der Ersatz-Torwart zur Stelle. Foto: jrh
Jahn-Keeper Alex Weidinger muss nur selten eingreifen. Wenn aber, wie bei Marvin Knolls Freistoß, ist der Ersatz-Torwart zur Stelle. Foto: jrh
Elias Huth (Mitte), Schütze des Siegtreffers für den SSV Jahn in Duisburg.  Foto: jrh
Elias Huth (Mitte), Schütze des Siegtreffers für den SSV Jahn in Duisburg. Foto: jrh
Der neue MSV-Geschäftsführer Michael Preetz (links) hat wenig zu lachen. Foto: jrh
Der neue MSV-Geschäftsführer Michael Preetz (links) hat wenig zu lachen. Foto: jrh
Trotz einiger Verletzungspausen bleibt das Duell zwischen Duisburg und Jahn Regensburg fair. Foto: jrh
Trotz einiger Verletzungspausen bleibt das Duell zwischen Duisburg und Jahn Regensburg fair. Foto: jrh
Schiri Konrad Oldhafer musste nicht allzu oft schlichten beim Heimspiel des MSV Duisburg gegen den SSv Jahn. Foto: jrh
Schiri Konrad Oldhafer musste nicht allzu oft schlichten beim Heimspiel des MSV Duisburg gegen den SSv Jahn. Foto: jrh
Rund 9000 Dusiburger unterstützten ihren MSV gegen Spitzenreiter SSV Jahn Regensburg. Foto: jrh
Rund 9000 Dusiburger unterstützten ihren MSV gegen Spitzenreiter SSV Jahn Regensburg. Foto: jrh
Trauriges Zebra sieht die nächste Heimniederlage des MSV Duisburg. Foto: jrh
Trauriges Zebra sieht die nächste Heimniederlage des MSV Duisburg. Foto: jrh
Am Boden zerstört; Umsonst gekämpft haben die Zebras beim 0:1 gegen den SSV Jahn. Foto: jrh
Am Boden zerstört; Umsonst gekämpft haben die Zebras beim 0:1 gegen den SSV Jahn. Foto: jrh
Weitgereiste Jahn-Fans feiern den nächsten Auswärtssieg in Duisburg. Foto: jrh
Weitgereiste Jahn-Fans feiern den nächsten Auswärtssieg in Duisburg. Foto: jrh
Auch die Fan-Proteste gegen den Einstieg von Investoren durften in Duisburg nicht fehlen. Foto: jrh
Auch die Fan-Proteste gegen den Einstieg von Investoren durften in Duisburg nicht fehlen. Foto: jrh
Wäre Marvin Knoll doch in Regensburg geblieben. Besonders glücklich ist seine Karriere seit seinem Abgang nach St. Pauli nicht verlaufen. Foto: jrh
Jahn-Keeper Alex Weidinger muss nur selten eingreifen. Wenn aber, wie bei Marvin Knolls Freistoß, ist der Ersatz-Torwart zur Stelle. Foto: jrh
Elias Huth (Mitte), Schütze des Siegtreffers für den SSV Jahn in Duisburg.  Foto: jrh
Der neue MSV-Geschäftsführer Michael Preetz (links) hat wenig zu lachen. Foto: jrh
Trotz einiger Verletzungspausen bleibt das Duell zwischen Duisburg und Jahn Regensburg fair. Foto: jrh
Schiri Konrad Oldhafer musste nicht allzu oft schlichten beim Heimspiel des MSV Duisburg gegen den SSv Jahn. Foto: jrh
Rund 9000 Dusiburger unterstützten ihren MSV gegen Spitzenreiter SSV Jahn Regensburg. Foto: jrh
Trauriges Zebra sieht die nächste Heimniederlage des MSV Duisburg. Foto: jrh
Am Boden zerstört; Umsonst gekämpft haben die Zebras beim 0:1 gegen den SSV Jahn. Foto: jrh
Weitgereiste Jahn-Fans feiern den nächsten Auswärtssieg in Duisburg. Foto: jrh
Auch die Fan-Proteste gegen den Einstieg von Investoren durften in Duisburg nicht fehlen. Foto: jrh

Stimmen zum Spiel

Joe Enochs: „Wir haben vor dem Spiel gesagt, es ist nicht einfach hier zu bestehen. Duisburg steht mit dem Rücken zur Wand, die werden alles nach vorne werfen. Gerade in der zweiten Halbzeit mussten wir ein paar knifflige Situationen überstehen, das haben wir getan.“ Das zeichne den Jahn im Moment aus: „Dass wir immer wieder mal Torchancen bekommen, die wir reinmachen, und dass wir hinten solide stehen.“

Klar trauert er den drei Hundertprozentigen nach: „Elias kurz vor der Halbzeit, Ansi in der 79. Minute muss das Ding reinmachen, das gibt ein bisschen mehr Ruhe – aber ich habe sowieso keine Haare zu verlieren, von daher ist es o.k“, sagt er lachend und streicht sich über die Glatze. Er freue sich für Rasim Bulic, dessen Pfostenschuss das Golden Goal erst möglich gemacht hat, und für Elias Huth, „der halt da steht, wo er stehen muss, um torgefährlich zu werden“. Es sei schwer zu sehen, ob es abseits war. „Aber das ist Elias, der arbeitet unheimlich viel für die Mannschaft und belohnt sich mit einem Tor.“

Über seinen 100. Sieg freue er sich vor allem unheimlich für die Mannschaft, „dass wir hier in Regensburg gute Arbeit leisten.“ Mit einem Trainerteam, das überragend sei. „Für mich zeigt der 100. Sieg, dass ich sehr alt bin“, sagt er scherzend. Und zeigt auf die weißen Schuhe seines Gesprächspartners: „Jedes Mal, wenn ich früher weiße Schuhe gesehen habe, bin ich draufgetreten.“ Heute würden ja alle Spieler mit bunten Fußballschuhen auflaufen: „Das kann ich nicht mehr stoppen.“

MSV-Coach Boris Schommers: „Das ist sehr, sehr bitter, denn ich glaube über die gesamten 90 Minuten hätten wir einen Punkt verdient – vor allem in Durchgang 2.“ Schommers sah auch im ersten Durchgang bis zum Gegentor „ein ausgeglichenes Spiel: Man hat fast keinen Unterschied gesehen, dass einer auf Platz 1 steht und einer auf dem vorletzten Platz.“ Deshalb sei es einfach bitter in der aktuellen Situation, „dass das Tor“, wie ihm gesagt worden sei, „sehr fragwürdig“ zustande gekommen sei.

„Dann werden hier Foulspiele im Mittelfeld geahndet vom Schiedsrichter, da gibt er eine Gelbe Karte, und für genau das gleiche Foulspiel an meinem Spieler gibt es keine Gelbe Karte. Da kippt es immer Woche für Woche zu den Mannschaften, die da oben sind in allen Fifty-Fifty-Situationen.“ Unabhängig davon hätte sein Team in der zweiten Hälfte den Ausgleich machen können. „Und von daher kann ich meiner Mannschaft für die heutige Leistung keinen Vorwurf machen.“

Aus der Begegnung gegen den Tabellenführer könne man gleichwohl Mut ziehen für die restlichen Spiele: „Wir haben heute einen MSV Duisburg gesehen, der alles reingeschmissen hat, der im Kollektiv gefightet hat, der sich teilweise auch spielerische Elemente gegen den Tabellenführer getraut hat, der Chancen herausgespielt hat – der sich nur nicht belohnt hat mit einem Punkt.“ Viele Argumente, um positiv in die Zukunft zu schauen.

Siegtorschütze Elias Huth: „Wir haben in der ersten Halbzeit ein gutes Spiel gemacht, wo wir vielleicht Chancen auf ein 2:0 haben.“ Selbst in der zweiten Halbzeit, wo man nur verteidigt habe, hatte man eine oder zwei Riesenchancen. „Klar, wenn wir da den Deckel draufmachen, ist es ein bisschen entspannter hinten raus. Aber gut, wir haben’s angenommen, eine Halbzeit nur zu verteidigen, und wir haben uns belohnt.“

Ob die Mannschaft nachmittags beim Heimsieg des FC Ingolstadt gegen Verfolger Dresden mitgefiebert hat? „Ich muss lachen, wenn ich sage, wir schauen nur auf uns“, sagt Huth, „es ist einfach eine Floskel, aber die ist sehr wichtig, dass wir uns nur auf uns konzentrieren.“ Alles, was links und rechts von ihnen passiere, sei unwichtig. „Wir haben noch 14 Spiele zu spielen, die Saison ist noch viel zu lang für Rechenspiele. Wir wussten, dass wir gegen Duisburg gewinnen mussten, um den Vorsprung zu vergrößern, das ist uns gelungen.“

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