[Aktualisiert] Jahn in Liga 3: Giftiger SSV holt sich gegen Bielefeld in Unterzahl Platz 1 zurück

Regensburg. Der SSV Jahn ist zurück an der Tabellenspitze. Giftige Regensburger bezwingen mit dem Glück der Tüchtigen in Unterzahl spielstarke Bielefelder.

Jahn-Doppelknipser Christian Viet wird nach seinem 2:0 geherzt. Bild: jrh

Ein deutlich giftigerer SSV Jahn erzwingt in der ersten Halbzeit gegen technisch und spielerisch gefällige Bielefelder eine 2:0-Führung des Willens von Doppelpacker Christian Viet. Beim frühen 1:0 profitiert der Jahn von einem vergeigten Abstoß des Arminen-Keepers Jonas Kersken – nach dem anschließenden Einwurf zaubert Viet die Führung.

Und Regensburg hat heute gleich zweimal das Glück des Tüchtigen, weil Kersken 20 Minuten später den Ball rund um den Fünfer gegen Christian Viet auch noch verdaddelt, und der nur noch ins leere Tor einnetzen muss. Und weil der Jahn-Dusel noch nicht aufgebraucht ist, setzt kurz vor der Pause Nassim Boujellab einen Elfer an die Latte.

In der zweiten Halbzeit hat der SSV Jahn dann die deutlich besseren Chancen und öfter das 3:0 am Fuß als Bielefeld den Anschluss – etwa Noah Ganaus nach langem Einwurf von Viet auf der rechten Seite, als der tänzelnde Schlaks aus spitzem Winkel Kersken zu einer blitzschnellen Faustabwehr am kurzen Pfosten zwingt (52.). Oder nach der Ecke von Andi Geipl, als erneut Kersken bei Viets Kopfball abtaucht und die Kugel entschärft (53.).

Unterm Strich ein verdienter Sieg für Jahn Regensburg gegen engagierte Bielefelder. Foto: jrh

Gelb-Rot wegen Hörschwäche

So hätte es weitergehen können, hätte Ganaus die Regensburger nicht denkbar unnötig dezimiert. Weil er den Abseitspfiff nicht hört oder hören will und aufs Tor schießt, sieht er Gelb-Rot (74.). Fingerspitzengefühl ist freilich auch etwas anderes, zumal bereits die erste Gelbe, die Schiri Timo Gansloweit zückt, weil Ganaus Keeper Kersken legitim den Ball weg spitzelt, eine Fehlentscheidung ist.

Dadurch wird das Spiel freilich für die Oberpfälzer noch zur Nervenschlacht. Aber mehr als Halbchancen von Fabian Klos, Kaito Mizuta und Thaddäus Momuluh, dem stärksten Bielefelder, springen dabei nicht heraus. Lediglich eine Randnotiz wert sind die eingewechselten Ex-Regensburger Aygün Yildirim und Niklas Shipnoski. Mit wenigen Ausnahmen teilen sie das Schicksal der vielen Abgänge der vergangenen Jahre, die in Regensburg als Überflieger auffielen und als Bankdrücker endeten.

Alex Weidinger macht sich ganz breit, der Elfmeterschütze schießt an die Oberkante der Latte. Foto: jrh

Viets Traumtor

Erst zwei Minuten gespielt, schon knallt Stürmer Christian Viet die Kugel zum 1:0 ins Tor der Arminia: Zuvor verspringt Keeper Kerskens Abstoß ins Seitenaus. Nach Bene Sallers langem Einwurf behauptet die Regensburger 10 den Ball, marschiert in den Strafraum und versenkt die Kugel im linken oberen Eck. Rumms, würde die BILD jetzt schreiben. Warum auch nicht!

Die Arminia aus Bielefeld lässt sich zunächst nicht beeindrucken, zieht ein gefälliges Kombinationsspiel auf. Die Gäste haben mehr Ballbesitz, gewinnen mehr Zweikämpfe – nur der letzte Pass will nicht gelingen. Der SSV bleibt giftig, gewinnt nicht so viele, aber wichtige Zweikämpfe, spritzt im richtigen Moment dazwischen und generiert so gefährliche Offensivaktionen. Wie Konrad Faber über seine rechte Sahneseite, halb Flanke, halb Schuss von rechts außen, Keeper Kersken macht sich lang und klärt zur Ecke (19.).

Keeper Kersken verzockt die Kugel

Vier Minuten später steht der Arminen-Torwart wieder im Fokus: Der Pechvogel versucht es spielerisch gegen Viet, vertändelt den Ball, und der Jahn-Stürmer muss nur noch ins leere Tor einschieben, 2:0 (23.). Warum Noah Ganaus Gelb kassiert, weiß nur der Schiri: Er spitzelt Kersken den Ball beim Abstoß von der Hand, das Spielgerät war frei, hätte weiter gehen müssen.

Wieder ein langer Ball auf Ganaus, der setzt sich stark durch und zieht aus 8 Metern aus spitzem Winkel ab, Außennetz (40.). Aber Bielefeld hat sich noch lange nicht aufgegeben, versucht jetzt den Anschlusstreffer noch vor der Pause zu erzwingen, Momuluh geht an Saller vorbei, nimmt dankend dessen Bein an und hebt ab – der Schiri zeigt nach kurzem Zögern auf den Punkt. Jahn-Keeper Alex Weidinger macht sich ganz breit, Nassim Boujellab setzt die Kugel an die Oberkante der Latte (43.)!

Regensburger Chancenwucher

In der zweiten Hälfte lässt der Jahn einige Großchancen zur Vorentscheidung liegen: Ganaus läuft durch zur Grundlinie, Kersken reißt die Fäuste hoch, Ecke (53.). Die tritt Geipl, Viets Kopfball aus sieben Metern kann Kersken zur Seite abwehren (55.). Rasim Bulic leitet den Konter ein, Dominik Kother geht Richtung Strafraum, lässt sich etwas abdrängen und trifft die falsche Entscheidung – schwacher Schuss, statt die schnelle Weiterleitung auf Ganaus (56.). Und auch Geipls Freistoß nach Foul von und Gelb gegen Arminias Gerrit Gohlke ist nicht von schlechten Eltern – sein Geschoss wird aber entschärft (65.)!

Dann die angesprochene Schiri-Strenge 15 Minuten vor Schluss: Gelb-Rot für Ganaus, weil er nach dem Abseitspfiff weiter spielt und einnetzt. Nach dem Spiel beteuert der Junge, im Eifer des Gefechts und beim Lärm des anschwellenden Fangetöses den Pfiff nicht gehört zu haben.

Im Zweifel für den Angeklagten statt Wettbewerbsverzerrung

Nicht nur, weil nach dieser Szene der Jahn 20 Minuten in Unterzahl die Hoffnungen der Arminen nährt: Solche Entscheidungen stehen in keinem Verhältnis zur Ursache. Welcher Stürmer will sich schon nachsagen lassen, ein mögliches Tor nicht erzielt zu haben, weil er einen Pfiff gehört zu haben meinte? Den Ball absichtlich wegzuschlagen ist unsportlich, ok! Aber wie im Gericht müsste auch hier gelten: in dubio pro reo.

Die letzten taktischen Wechsel beim Jahn: Robin Ziegele kommt für Saller und mit einem grünen Zettel von Trainer Joe Enochs mit taktischen Anweisungen (81.) sowie Tobias Eisenhuth für Viet (92.). Die Arminia versucht alles, haut die Bälle nach vorne, bringt sie auch noch einige Male in die Box – aber entweder werden die Schüsse von der vielbeinigen Regensburger Abwehr geblockt oder Keeper Weidinger ist zur Stelle.

Andi Geipl wirft sich in jeden Zweikampf. Foto: jrh

Trainer-Stimmen zum Spiel

Jahn-Cheftrainer Joe Enochs über Doppelpacker Christian Viet: „Letzte Saison hatte er die Nummer 30, jetzt wollte er die Nummer 10. Da habe ich ihm gesagt, dann muss er halt torgefährlicher werden. Und das hat er richtig gut gemacht. Er läuft gut an, ist richtig schwer zu greifen, es ist kein Foul – er nimmt dem Torwart den Ball ab und schiebt ihn extrem gut ein.“

Arminia-Trainer Michel Kniat: „Wir haben schon nach zwei Minuten nach einem Einwurf ein Tor kassiert, haben dann nochmal ein Geschenk verteilt. Und dann wird’s halt schwer bei einer Spitzenmannschaft irgendwie zu punkten, weil der Plan schon nach drei Minuten zunichtegemacht wurde. Dann haben wir es in der zweiten Halbzeit ziemlich einfach gehalten, und trotzdem haben wir halt kein Tor erzielt.“

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