Wie reisende Obstverkäufer ältere Menschen skrupellos abkassieren

Fuchsmühl. Was waren eure bisher teuersten Äpfel, die ihr je gekauft habt? Garantiert günstiger als die, die einer 94-Jährigen kürzlich angedreht wurden.

Die teuren Äpfel vom Bodensee. Foto: Udo Fürst

Der freundliche Herr in den Fünfzigern ist sehr überzeugend, als er der älteren Dame seine Ware anpreist. „Das sind beste Äpfel vom Bodensee, garantiert unbehandelt, ungespritzt und ganz lecker“, erklärt er und präsentiert auch gleich noch ein 10-Kilo-Säckchen festkochende Kartoffeln, selbstredend ebenfalls nur „1a-Ware“.

Die alleinstehende Rentnerin überlegt nicht lang, braucht sie doch beides ohnehin. „Die nehm ich“, sagt sie, auch wenn die 15-Kilo-Steige Obst ihren Bedarf deutlich übersteigt. Das ist eine Menge, die sie allein nicht einmal in zwei Monaten schafft. Als die geistig ansonsten sehr rüstige Frau – so hat sie schon mehrfach dubiose Anrufer gnadenlos abblitzen lassen – den Preis richtig registriert, ist es zu spät: Der Verkäufer hat ihr die Kiste Äpfel und das Säckchen Kartoffeln schon in den Hausflur gestellt und die Geldbörse gezückt. Die Rentnerin zahlt anstandslos, wegen einer starken Infektion zu jener Zeit wohl auch etwas desorientiert.

Obst kostet im Supermarkt nur ein Drittel

Zum Vergleich: Im Supermarkt oder beim Obsthändler kosten 15 Kilo Äpfel der Marke „Elstar vom Bodensee fein-säuerlich“ zwischen 27 und 39 Euro. Zehn Kilogramm Kartoffeln bekommt man für 18 bis 22 Euro. Damit kommt man auf einen Gesamtpreis von maximal 61 Euro, also nur ein gutes Drittel der oben erwähnten 150 Euro. Ein Anruf bei diesem Obst-Service ist vergebens: Es meldet sich bei mehreren Versuchen immer nur der Anrufbeantworter.

Ein Anruf beim Gewerbeamt Tirschenreuth bringt wenig Erhellendes. Wie Landratsamts-Pressesprecher Walter Brucker auf Anfrage mitteilt, seien keine weiteren Fälle im Landkreis bekannt. Prinzipiell seien solche Verkäufe erlaubt, falls eine Reisegewerbekarte vorliegt, die von der Wohnsitz-Landkreisbehörde ausgestellt werden müsse. „Eine Anmeldung, sobald Reisegewerbetreibende in unserem Landkreis tätig ist, ist nicht notwendig“, sagt Brucker. Als Möglichkeit bleibe Betroffenen nur, bei offensichtlich unlauteren „Wuchergeschäften“ die Polizei einzuschalten.

Vorsicht bei Haustürgeschäften! Foto: OberpfalzECHO

Immer raffiniertere Tricks

Betrüger versuchen es mit immer raffinierteren Tricks, die auf den ersten Blick nicht offensichtlich sind – ob es sich wie hier um Lebensmittel handelt, vermeintliche Internet-Anbieter, falsche Polizisten oder Mitarbeiter eines Energieversorgers. Die Kriminellen arbeiten mit dem Überrumpelungseffekt. Und setzen die Menschen unter Druck, indem sie behaupten, es handle sich um ein einmaliges Angebot, sie müssten sofort zuschlagen, das Geschäft funktioniere nur heute und hier an der Haustür.

Deshalb kann gar nicht oft genug gesagt werden: Wachsam sein, jedes Angebot prüfen und sich nicht unter Druck setzen lassen. Vor allem an der Haustür oder am Telefon. Die Polizei rät in solchen Fällen, nicht überstürzt zu handeln. Lieber freundlich ablehnen, die Haustür schnell schließen, Polizei informieren und vor allem niemals Fremde in die Wohnung lassen. Und was den Lebensmittel-Kauf betrifft: am besten beim Bauern im Hofladen oder im Supermarkt holen. 

Polizei weiß von nichts

Die betroffene Rentnerin kann sich wenige Tage später auch nicht mehr erklären, warum sie sich derart überrumpeln ließ. Sie schämt sich dafür, was sie natürlich nicht muss. Mit großer Sicherheit war sie nicht das einzige Opfer dieser Masche. Es ist zu befürchten, dass sich auch manch andere über den Tisch gezogen wurden, sich nun für ihre Gutgläubigkeit schämen und deshalb nicht die Polizei eingeschaltet haben.

So ist wohl auch zu erklären, dass bei der Polizeiinspektion Tirschenreuth in den vergangenen Wochen keine Beschwerden oder gar Anzeigen wegen dieser Aktion eingegangen sind. „Man sollte bei Haustürgeschäften auf jeden Fall immer sehr vorsichtig sein“, heißt es von der Polizei. Solange nichts Konkretes vorliege, könne man auch nicht ermitteln.

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