Ukraine-Krieg: Kommen wir mit E-Fuels raus aus der Abhängigkeitsfalle?

Weiden/Amberg. Die aktuelle Kriegssituation offenbart das Dilemma. Deutschland ist vom Aggressor Russland abhängig. Dreht Moskau den Gashahn zu, gehen bei uns die Lichter aus. Der Ruf nach Alternativen wird immer lauter. Wären E-Fuels eine?

Professor Dr. Raphael Lechner forscht an der OTH in Amberg daran, aus Biomasse synthetische Kraftstoffe zu gewinnen. Foto: Theo Kurtz

Heizöl, Gas und Sprit werden immer teurer. Nicht zuletzt der Ukraine-Krieg lässt die Preise für die fossilen Brennstoffe in noch nie gekannte Höhe schnellen. Und der Ruf wird immer lauter, sich endlich aus der Abhängigkeitsfalle des Aggressors Russland zu befreien. Fast schon hektisch sieht man sich nach anderen Lieferstaaten um, ist man jetzt auf einmal wild entschlossen, die Energiewende durchzupeitschen und geht auf die Suche nach Brennstoffalternativen.

Immer wieder ins Spiel gebracht werden dabei die E-Fuels, synthetische Kraftstoffe also, die man statt Super oder Diesel an der Tankstelle zapfen könnte. Sie herzustellen, wäre kein Problem, das Herstellungsverfahren ist bekannt. Aber? Der Wirkungsgrad ist miserabel.

Wasser wird in Sauerstoff und Wasserstoff zerlegt

Und so funktioniert’s: Per Elektrolyse wird Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Dafür braucht’s elektrischen Strom. Alleine bei diesem Schritt bleiben bereits 30 Prozent des Wirkungsgrads auf der Strecke. In einem zweiten Schritt wird dieser gewonnene Wasserstoff mit Kohlendioxid verbunden.

“C02 aus der Luft zu filtern ist zwar möglich, aber aufgrund der geringen Konzentration ist der Aufwand einfach zu groß”, erläutert Professor Dr. Raphael Lechner von der OTH Amberg-Weiden. Am Institut für Energietechnik in der Vilsstadt forscht er in Zusammenarbeit mit dem Helmholtz-Institut in Erlangen daher daran, etwa aus Biomasse E-Fuels oder synthetisches Heizöl zu gewinnen.

Addiert man alle Herstellungsschritte zusammen, bleibt ein Wirkungsgrad von zehn bis 15 Prozent übrig. Nach Ansicht von Lechner macht das komplette Betanken von Autos mit synthetischem Sprit daher weniger Sinn. “Eine Beimischung von fünf bis zehn Prozent ist aber denkbar”, betont er. Für ihn ist im Auto-Bereich zukünftig die E-Mobilität das Maß aller Dinge.

E-Motor mit Wirkungsgrad von 70 Prozent

Ein Elektromotor kann immerhin mit einem Wirkungsgrad von 70 Prozent aufwarten. “Auch die Entwicklung von leichteren, leistungsstärkeren und länger haltbaren Batterien, die auch wieder recycelt werden können, geht ja weiter”, unterstreicht er. Nach Ansicht von Lechner eignen sich E-Fuels gerade mit Blick auf das Erreichen der Klimaziele in erster Linie für die Luft- und Schifffahrt oder im Schienenverkehr.

Derselben Meinung ist auch Dr. Patrick Preuster vom Helmholtz-Projekt-Partner in Erlangen. Er könnte sich aber vorstellen, dass E-Fuels als Übergangstreibstoff denkbar wäre, um sich von Abhängigkeiten anderer Staaten zu befreien. Dazu braucht’s aber ein paar Jahre, bis ausreichende Mengen zur Verfügung stehen. Es macht aber in seinen Augen keinen Sinn, deswegen dem Verbrennermotor wieder eine größere Zukunftschance zu geben.

Seit 2019 forscht man mit kräftiger finanzieller Unterstützung des Bayerischen Wirtschaftsministeriums in Erlangen daran, Biomasse technologisch in Kraftstoffadditive umzusetzen. “Unser Ziel ist es, OME 3-5 herzustellen”, erläutert Preuster. Ein synthetischer Diesel, der rußfrei verbrennt und ganz nebenbei vielleicht auch noch das Klärschlammproblem lösen könnte? Eine engagierte Idee. Die Herausforderung dabei. “Wir müssen dafür hochinnovative Verfahren entwickeln, die das Risiko des Scheiterns aber immer beinhalten.”

UNITI: E-Fuels ein wichtiger Beitrag zur Energiewende

Beim Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen (UNITI) sieht man die synthetischen Kraftstoffe hingegen als einen wichtigen Beitrag zur Energiewende. Bis 2050 könnte der Kraftstoff- und Wärmemarkt komplett damit versorgt werden. Die Liste mit Vorteilen ist aus Verbandssicht lang.

E-Fuels sind klimaneutral, außerdem kompatibel mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren und effizienten Brennwertheizungen. “Man muss dafür keine neuen Motortechnologien entwickeln”, erläutert UNITI-Pressesprecher Alexander Vorbau. Gezapft werden könnten sie an jeder Tankstelle. Man brauche daher keine neue Vertriebsinfrastruktur. Da aktuell nur in Pilotanlagen Kleinstmengen hergestellt werden, ist der Literpreis noch relativ hoch. “Man könnte sie zunächst zu fünf oder zehn Prozent beimischen”, erklärt Vorbau.

Aktuell kein Markt für E-Fuels

Würden diese Kraftstoffe industriell in rauen Mengen produziert werden, müsste man wahrscheinlich für eine Tankfüllung auch nicht mehr auf den Tisch legen, als bisher, vermutet der Pressesprecher. Warum diese synthetischen Kraftstoffe aber noch immer ein Mauerblümchendasein fristen, hat einen Grund. “Es gibt aktuell keinen Markt dafür”, betont Vorbau. Das sei der Politik zu verdanken, die fest auf die E-Mobilität setzt.

“Man braucht Investoren, die die Anlagen bauen”, unterstreicht Vorbau. Das werden sie aber nur, wenn der Staat zumindest eine Mengenmindestquote für den gesamten Verkehrssektor festlegt. Und dann müssen ja noch die europaweit gültigen CO2-Flottengrenzwerte eingehalten werden. Die müssen Automobilhersteller beachten, wollen sie nicht zur Kasse gebeten werden. Das Problem: E-Fuels werden als C02-Senker nicht anerkannt.

Porsche und Siemens Energy produzieren E-Fuels in Chile

Siemens Energy und Porsche wollen heuer bis Mitte des Jahres in Chile, genauer gesagt in Patagonien, die E-Fuels-Industrieanlage “Haru Oni” in Betrieb nehmen. Aufgrund der hohen Windaktivitäten lässt sich in dieser Ecke der Erde Strom, der für die Elektrolyse benötigt wird, günstig produzieren. Noch heuer sollen dort rund 130.000 Liter Methanol produziert werden. 2026 sollen es bereits 550 Millionen Liter sein. Der Sportwagenhersteller aus Zuffenhausen will diese E-Fuels in seine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren einsetzen.

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2 Kommentare

Dr. Huber - 05.06.2022

Der Wind stellt keine Rechnung, daher ist das ganze Effizienzgerede Unsinn. Es müssen eben mehr Windräder installiert werden. Aber dort wo es sich energetisch lohnt und nicht im dichtbesiedelten Schwachwindgebiet Mitteleuropa. Windkraftanlagen in Patagonien oder auf den Kergulen erzeugen um den Faktor 4 mehr Strom. In Patagonien leben zwei Menschen je Quadratkilometer auf den Kerguelöen niemand. Dort stören Windräden in keiner Weise und zerstören keine Kulturlandschaften.
Dazu werden Chile/Argentinien freu vom fossilen Öl und können efuels exportieren. Europa unterstützt dabei mit seiner Technologie und seinem Kapital. Die Bestandsflotte an PKW wird co 2 neutral.
Aufgabe der Bundesregierung dabei ist die Steuerbegünstigung von efuels vorzunehmen.

Hubertus Winter - 13.04.2022

Klasse, das ist ein tolles Projekt.
möglicherweise kann man das auch noch kombinieren und den Effekt der CO2-Minderung noch weiter steigern.