Anklage wegen illegalem Autorennen fallen gelassen

Weiden. Nichts ist so, wie es scheint. Dieses Sprichwort erhärtete sich bei der Verhandlung vor dem Amtsgericht in Weiden. Angeklagt war eine Frau (49) aus Furth im Wald wegen eines mutmaßlichen illegalen Autorennens.

20230808 Illegales Autorennen Symbolbild: Martin Stangl
Der Einspruch gegen einen Strafbefehl wegen eines illegalen Autorennens war erfolgreich. Das Verfahren wurde eingestellt. Symbolbild: Martin Stangl

Angeblich soll sich die Frau im September 2022 auf der A 93 mit einem Mercedes eine wilde Verfolgungsjagd geliefert haben. Dafür erhielt sie einen Strafbefehl, gegen den sie im Mai Einspruch erhob. Nun kam die Sache vor dem Weidener Amtsgericht unter dem Vorsitz von Richterin Corina Särve zur Verhandlung.

Staatsanwalt geht von illegalem Straßenrennen aus

In seiner Klageschrift warf Staatsanwalt Andreas Falk der verheirateten Krankenschwester vor, dass sie Ende September 2022 auf der A 93 zwischen Marktredwitz und Altenstadt/WN mit überhöhter Geschwindigkeit sich mit einem anderen Autofahrer ein Rennen lieferte. Konkret lautete der Tatvorwurf “Illegales Autorennen (StGB Paragraf 315d) in Tateinheit mit fahrlässiger Trunkenheit”. Das Verfahren ins Rollen gebracht hat ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer, der in Marktredwitz verdächtige Wahrnehmungen gemacht hat.

Aufmerksamer Verkehrsteilnehmer alarmierte Polizei

Im Zeugenstand berichtete der Physiotherapeut (51), dass bei einem Müllcontainerplatz ein Fahrer eines grünen Mercedes auf den Cupra der Angeklagten auffuhr und die Flucht ergriff, ohne sich um den Schaden zu kümmern. Auffällig war vor allem, dass der Wagen des Unfallverursachers keine Kennzeichen trug. Um die Frau zu unterstützen, verfolgte der unbeteiligte Beobachter auf der Autobahn die beiden Fahrzeuge bis Altenstadt/WN. Unter der Fahrt alarmierte er telefonisch die Polizei. Nach seinen Beobachtungen machte die Frau einen “traurigen” Eindruck, was bei ihm einen gewissen Beschützerinstinkt weckte. “Zwar waren Lichthupe und hohe Geschwindigkeit sowie mehrere Überholmanöver im Spiel, von einem Rennen kann jedoch keine Rede sein”, so die Aussage des Zeugen.

Polizeiprotokoll später berichtigt

Richterin Corina Särve zog das erste Polizeiprotokoll zurate, das die Aussage über ein “Illegales Autorennen” beinhaltete. Es entstand unmittelbar nach dem mutmaßlichen Rennen. Erst das nachfolgende Polizeiprotokoll korrigierte eindeutig die erste Einschätzung. Damit war die hauptsächliche Belastungsaussage, auf der die Anklage beruhte, vom Tisch. Schon der zuvor gegebene ausführliche Bericht der Angeklagten nach der Verlesung der Anklageschrift gab eine ganz andere Sicht auf das mutmaßliche illegale Autorennen.

Angeklagte berichtet eindrucksvoll vom Tattag

Die Aussage der Frau hörte sich wie ein Krimi an. Nach ihrem Bericht erhielt sie nämlich von ihrem Sohn, der sich zum Drogenentzug im Bezirkskrankenhaus Wöllershof befand, einen Anruf. Daraufhin machte sie sich aus Furth im Wald nach Neustadt/WN auf. Auf dem Weg dirigierte sie ihr Sohn jedoch nach Marktredwitz um. Dort setzte sich dieser ohne Besitz einer Fahrerlaubnis in einen Mercedes ohne amtliche Kennzeichen. Bevor er davon brauste, touchierte er ihr Auto am Kofferraum. Um ihn von Schlimmerem abzuhalten, setzte sie sich ebenfalls in Bewegungen. Auf der Verfolgungsfahrt gab sie ihm Warnungen mit der Lichthupe und überholte ihn mehrfach. Dass der Eindruck eines Autorennens entstehen konnte, wurde ihr erst später klar.

Polizei in Furth bemerkte “Fahne”

Während die Polizei auf der Autobahn bei Weiden den Sohn mit dem mittlerweile brennenden Wagen stellen konnte, wurde die Frau bereits in Furth von der Polizei erwartet. Die stellte bei der Autofahrerin eine “Fahne” fest. Der durchgeführte Bluttest belegte eine leichte Alkoholisierung, geringe Mengen von THC (Marihuana) sowie Rückstände von Psychopharmaka im Körper. Das brachte ihr den Vorwurf der fahrlässigen Trunkenheit ein. Die als Zeugen vernommenen Polizeibeamten konnten keine Ausfallerscheinungen der Fahrerin feststellen, wohl aber eine erhöhte Aggressivität gegenüber der Polizei. Im Anschluss an die Kontrolle wurde der Führerschein vorläufig sichergestellt und bis zur jetzigen Verhandlung nicht wieder ausgehändigt.

Verfahren eingestellt

Nach den entlastenden Aussagen des Hauptbelastungszeugen und der plausiblen Schilderung des vermeintlichen Rennens durch die Angeklagte blieb der Richterin nichts anderes übrig, als die Einstellung des Verfahrens anzuregen. Staatsanwalt Andreas Falk und Rechtsanwalt Alexander Greithaner (Regensburg) schlossen sich dem Vorschlag an.

Damit wurde ein Schlussstrich unter das komplette Verfahren gezogen, dessen Kosten die Staatskasse trägt. Schließlich verständigten sich die Parteien schon im Gerichtssaal darauf, dass die Fahrerlaubnis noch am selben Tag zurückgegeben wird. Das war der Frau besonders wichtig, damit sie nicht mehr für den Besuch in der JVA Stadelheim, wo ein anderer Sohn einsitzt, mit der Bahn fahren muss.

* Diese Felder sind erforderlich.