Ausländische Ärzte werden fit gemacht für ihren dringend benötigten Einsatz im Land

Weiden. Dr. Manfred Hausel, früherer Ärztlicher Direktor der Kliniken Nordoberpfalz, der ehemalige Chefarzt Dr. Bernd Dineiger und das vhs-Team bereiten Ärztinnen und Ärzte aus Drittstaaten auf ihre berufliche Zukunft vor.

Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer des letzten Kurses bestanden die Prüfungen und stehen wieder mitten im Berufsleben. Fotos: vhs

Dr. Manfred Hausel, früherer Ärztlicher Direktor der Kliniken Nordoberpfalz, der ehemalige Chefarzt Dr. Bernd Dineiger und das Team der Volkshochschule (vhs) bereiten Ärztinnen und Ärzte aus Drittstaaten auf ihre berufliche Zukunft vor.

Kurs bei der vhs

Maksym ist 27 Jahre alt, stammt aus der Ukraine und arbeitete dort drei Jahre lang als Anästhesiearzt. Seine Kollegin, die 43-jährige Amara (Anm. d. Red.: beide Namen geändert), wuchs in Syrien auf, studierte Medizin, ehe sie 15 Jahre als Gynäkologin an einem Krankenhaus in Aleppo tätig war. Eines ist beiden gemeinsam: Sie mussten ihre Heimatländer verlassen und sitzen nun mit anderen Ärztinnen und Ärzten in einem Unterrichtssaal an der vhs Weiden-Neustadt/WN.

Dort erhalten sie von ihrer Dozentin Sofia Sidiropoulou einen C1-Deutsch-Sprachkurs für akademische Heilberufe zur Anerkennung von medizinischen Abschlüssen. Ergänzt werden diese durch die praktischen Einheiten der Fachdozenten Dr. Manfred Hausel und dem früheren KNO-Chefarzt Dr. Bernd Dineiger.

Fit für die berufliche Zukunft

„Dies ist einer unserer Bausteine zur Fachkräftesicherung in unserer Region“, weiß Alena Kellner, zuständig an der vhs für die Beratung der Berufssprachkurse. In Kooperation der vhs mit den KNO werden seit drei Jahren inzwischen elf Bewerberinnen und Bewerber aus den sogenannten „Drittstaaten“ fit für ihre berufliche Zukunft in Deutschland und vor allem in der nördlichen Oberpfalz gemacht. Mit Erfolg: So bestanden alle Ärztinnen und Ärzte des Kurses im vergangenen Jahr die anschließende Fachsprachprüfung bei der Bayerischen Landesärztekammer in München. „Das ist der Start für sie in einen neuen Lebensabschnitt“, sagt Dr. Hausel im Interview.

Warum werden ausländische Ärztinnen und Ärzte für unseren regionalen Arbeitsmarkt immer wichtiger?

Dr. Hausel: Die Hilfe aus dem Ausland wird künftig eine immer größere Rolle spielen. Denn Deutschland droht ein Ärztemangel und ausländische Kräfte könnten hier Entlastung schaffen.

Wie stellt sich denn die aktuelle Situation bei Ärztinnen und Ärzten in Deutschland dar?

Dr. Hausel: Die Ärzteschaft in Deutschland wird grundlegend bunter: Knapp 60.000 Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland arbeiten derzeit bei uns. Das geht aus der aktuellen Statistik der Bundesärztekammer (Stand: Dezember 2022) hervor. Das bedeutet: Bei insgesamt 421.000 berufstätigen Ärztinnen und Ärzten in Deutschland kommen mehr als 14 Prozent aus einem anderen Land. Zudem ist im Jahr 2022 ist die Zahl der ausländischen Ärztinnen und Ärzte um 2.683 Personen gestiegen. In den vergangenen 25 Jahren hat sie sich insgesamt mehr als verfünffacht. Für das Gesundheitssystem eine gute Entwicklung: Denn durch den aktuellen Ärztemangel haben viele Kliniken ohne die Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland noch viel größere Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen.

Dr. Manfred Hausel, früherer Ärztlicher Direktor der Kliniken Nordoberpfalz, macht die Bewerberinnen und Bewerber fit für die Zukunft. Foto: vhs

Wie sieht die Situation in Bayern aus?

Dr. Hausel: Hier meldeten sich in den vergangenen Jahren rund 180 Kandidatinnen und Kandidaten zur Fachsprachenprüfung an. Die Wartezeiten sind entsprechend lang.

Wie läuft die Fachsprachenprüfung ab?

Dr. Hausel: Die deutschen medizinischen Begriffe sind die Haupthürde. Mehr als die Hälfte der Weiterbildung beschäftigt sich daher mit deutscher Allgemein- und Fachsprache, dazu kommen die fachliche Schulung und – wenn gewünscht – auch ein Praktikum bei den KNO. Sehr praxisnah werden die Kandidatinnen und Kandidaten im fingierten Arzt-Patienten-Gespräch und im Arzt-Arzt-Gespräch geschult.

Was heißt das genau?

Dr. Hausel: Sie werden zu einer flexiblen und eigenständigen Verwendung der Sprache in unterschiedlichen beruflichen Handlungssituationen befähigt und gezielt auf die bevorstehende Fachsprachenprüfung bei der Bayerischen Landesärztekammer, als Voraussetzung für das Erlangen der Approbation, vorbereitet.

Wie sehen die Lerninhalte der hier angebotenen Kurse aus?

Dr. Hausel: Wir orientieren uns dabei eng an einer authentischen Sprachverwendung in dem zukünftigen Arbeitsalltag und werden entsprechend den fachspezifischen Anforderungen erweitert und differenziert. Grundsätzlich bieten wir einen arbeitsplatzbezogenen und handlungsorientierten Sprachkurs mit Fokus auf die Kompetenzen „Sprechen“, „Hören“, „Lesen“, „Schreiben“ sowie Fachwortschatz, Aussprachetraining und Anamneseerstellung. Weitere wichtige Themen sind das Patientengespräch, das Dokumentationswissen, situationsabhängige Sprachbausteine, interkulturelle Kompetenzen, Fachtexte und -vorträge verstehen und wiedergeben sowie das deutsche Gesundheitssystem.

Hört sich komplex und umfassend an.

Dr. Hausel: In der Tat, ist es. Allerdings generieren wir so für unsere Kandidatinnen und Kandidaten viele Vorteile.

Welche sind das?

Dr. Hausel: Unsere Ärztinnen und Ärzte sprechen gut Deutsch und verstehen die Deutschen dementsprechend. Sie können sich bei medizinischen Sachverhalten sehr gut ausdrücken, sind sicher im Umgang und haben gelernt, nachzufragen. Zudem wissen sie um die Wichtigkeit der Körpersprache und sind von uns in rund 100 verschiedenen Krankheitsbildern geschult worden.

Welche Voraussetzungen müssen die ausländischen Ärztinnen und Ärzte erfüllen, um an den Kursen teilnehmen zu können?

Dr. Hausel: Teilnehmen können Personen, die über ein im Heimatland abgeschlossenes Studium der Humanmedizin, ein Zeugnis – keine Teilnahmebescheinigung – über Deutschkenntnisse auf dem Sprachniveau B2 oder idealerweise B2+ vorweisen können. Sie müssen eine Tätigkeit als Ärztin oder Arzt anstreben und als Teil der Anerkennung ihres Berufs beabsichtigen, einen Antrag auf Approbationserteilung zu stellen. Einen Berechtigungsschein für den Kurs erhalten sie über das zuständige Jobcenter, durch die Agentur für Arbeit oder auf Antrag beim BAMF.

Wann beginnt in Weiden der nächste Kurs?

Dr. Hausel: Der startet am Mittwoch, 7. Februar, 13 Uhr, und endet am Mittwoch, 7. August. Gerne stehen wir über die vhs Weiden-Neustadt/WN für Auskünfte zur Verfügung.

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