Kann die Krankenhausreform kleinen Häusern sogar helfen?
Weiden. Über die Krankenhausreform des Bundes und um deren Auswirkung auf die Kliniken Nordoberpfalz ging es beim Besuch des Grünen-Bundestagsabgeordneten Johannes Wagner in der Nordoberpfalz.
MdB Johannes Wagner ist Arzt und Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestags und kam auf Einladung von MdL Laura Weber in die Nordoberpfalz. Vor der Diskussionsrunde im Café Mitte in Weiden hatten die Grünen-Politiker das Krankenhaus Tirschenreuth und das Klinikum Weiden besucht, wo sie Gespräche mit den Verantwortlichen führten.
Angekündigt war, dass der Experte “aktuelle Informationen aus Berlin nach Veröffentlichung des Kabinettsentwurfs zur Krankenhausreform” mitbringen sollte. Doch die brandneuen News wurden zu größtenteils bereits bekannten Erläuterungen, weil der Kabinettsbeschluss auf den 8. Mai verschoben wurde. “Es gibt wegen der finanziellen Fragen noch viele Abstimmungsgespräche”, erklärte Wagner.
“Sorgen treiben uns alle um”
Laura Wagner begrüßte die Gäste, darunter die Tirschenreuther Kreisräte Heidrun Schelzke-Deubzer (Grüne) und Uli Roth (SPD) sowie ihre Weidener Stadtratskollegen Horst Bärnklau und Ali-Daniel Zant (Grüne). “Die Sorgen um unsere Krankenhäuser treiben uns alle um”, sagte Weber und: “Wir brauchen eine schnelle und gute Gesundheitsversorgung.”
Der 32 Jahre alte Bundestagsabgeordnete Wagner kommt aus dem Fränkischen und hat vor seiner Politkarriere als Kinderarzt im Klinikum Coburg gearbeitet. Seinen Worten zufolge soll die Krankenhausreform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Fallpauschalen senken und Groß-Kliniken favorisieren. Kernstück ist ein neues Vergütungssystem, das die Kliniken vom ökonomischen Druck befreien soll, immer mehr Patientinnen und Patienten zu behandeln. Bislang finanzieren sich Krankenhäuser über Fallpauschalen, das heißt, sie bekommen pro Behandlungsfall, beziehungsweise Patientin oder Patient, einen pauschalen Euro-Betrag. Die Fallpauschalen sollen auf 40 Prozent abgesenkt werden. Die restlichen 60 Prozent sollen Kliniken allein für das Vorhalten von Leistungsangeboten bekommen. Dazu zählen Personal, Notaufnahme und Medizintechnik.
Sichere Finanzierung kleiner Häuser
Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen genauer definierte Leistungsgruppen sein – also etwa „Kardiologie“ statt grobe Bezeichnungen wie „innere Medizin“. Die Leistungsgruppen sollen einheitliche Qualitätsvorgaben etwa bei der Ausstattung, bei Personal und Behandlungserfahrungen absichern. Dabei sollen auch die Bundesländer einbezogen werden. “Durch die Strukturreform hätten auch Häuser wie Tirschenreuth eine sichere Finanzierung.”
Problem demografische Entwicklung
Für Wagner sind nicht in erster Linie die Finanzen, sondern die demografische Entwicklung im Land das größte Problem. “Wir haben im Pflegebereich große Verluste an Arbeitskräften.” Alle Fachstellen und auch die Opposition “mit einer Ausnahme” sähen eine Reform für unerlässlich. Es sei seit Jahrzehnten versäumt worden, die Strukturen zu ändern. Die Reform könne die Fragen Differenzierbarkeit, Standort und Personalsituation deutlich verbessern. So sie die Zentralisierung von Fachkräften wichtig. “Es ist unbestreitbar, dass den Patienten in großen Kliniken effektiver geholfen werden kann. In Tirschenreuth sind schwerkranke Menschen auch bisher schon in größere Häuser gefahren.” Zur Schließung der Notaufnahme dort sagte der Abgeordnete: “Die schweren Fälle wurden ja schon immer in andere Häuser gefahren. Im Prinzip gaukelt eine Notaufnahme den Menschen vor, unersetzlich zu sein.” Kein verantwortungsbewusster Politiker lasse die Menschen auf dem Land absichtlich allein. Wagner wies auch auf die Verantwortung der Länder hin, die für die Krankenhausplanung zuständig seien. “Da kann sich Bayern nicht raus stehlen.”
Während einige Gäste, vor allem Pflegekräfte des Weidener Klinikums, Wagners Aussagen unterstützten, mochte sich der Tirschenreuther Notarzt Dr. Matthias Kalkum mit einem Teil des Politiker-Vortrags so gar nicht anfreunden. “Ich gebe Ihnen recht, dass eine Reform nötig ist. Aber die Gleichung ‘Groß ist besser, klein ist schlechter’ stimmt so nicht. Ich befürchte, dass Ihnen KNO-Geschäftsführer Michael Hoffmann nicht die ganze Wahrheit gesagt hat.” Kalkum bezog sich dabei auf die im Raum stehenden Kündigungen (“Ich habe hier andere Zahlen als die offiziellen gehört”), die Geburtshilfe (“absichtlich heruntergefahren”) oder die Intensivstation Tirschenreuth (“eine der besten in der Region”).
Der Appell eines Mediziners
Der Mediziner glaubt, dass durch die Reform kleine Häuser sogar gestärkt werden könnten. Er kenne Karl Lauterbachs wörtliche Aussage, nachdem “das Krankenhaus Tirschenreuth auf keinen Fall sterben darf”. Kalkum appellierte an den Politiker: “Bitte schaffen Sie jetzt keine unveränderlichen Fakten. KNO-Geschäftsführer Hoffmann darf seine Pläne nicht vor der großen Reform des Bundes durchpeitschen.”
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